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Die Biosphäre Potsdam wird 2017 schließen: Ein Millionengrab vor dem Aus

Nur noch bis zum 30. November 2017 wird die Biosphäre als Tropenhalle genutzt, danach soll sie geschlossen werden. Allerdings soll die Halle dann nicht abgerissen, sondern neu genutzt werden.

Potsdam - In der Mehrheit positiv haben Potsdamer Kommunalpolitiker auf die Ankündigung der Stadt reagiert, die chronisch defizitäre Tropenhalle Biosphäre Ende November 2017 zu schließen und neu zu nutzen. SPD-Fraktionsvize Pete Heuer sagte am Mittwoch auf PNN-Anfrage, „dieser Schritt ist richtig“, um zu vermeiden, den kommunalen Haushalt weiterhin mit rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich zu belasten – „das Geld benötigen wir anderswo dringend“. Bisher habe sich trotz vielfältiger Anläufe leider noch kein neues Nutzungskonzept ergeben – das könne sich mit den neuen Vorschlägen nun ändern. Demnach wird bis Anfang nächsten Jahres geprüft, ob in die Halle das Naturkundemuseum aus der Breiten Straße sowie ein Stadtteil- und Sportzentrum integriert werden können.

Ähnlich äußerten sich Grünen- und CDU/ANW-Kollegen von Heuer in der Rathauskooperation. CDU-Fraktionschef Matthias Finken sagte, gerade für das schnell wachsende Wohngebiet Bornstedter Feld wäre eine Multifunktionshalle ein Gewinn. Demnach will die Stadt prüfen, ob und wie in die Halle – neben dem Museum – auch eine Dreifeld-Sporthalle, ein Jugendklub, ein Restaurant, ein Bürgertreff sowie ein Sauna- oder Fitnessstudio eingebaut werden können. „Solche Angebote wünschen sich viele Anwohner“, so Finken. Auch Grünen-Kreischef Nils Naber sprach von einem richtigen Ansatz – vor allem müsse eben der jährliche Zuschuss durch die Stadt gedrückt werden.

Kernstück der neuen Überlegungen ist dabei die Verlegung des Naturkundemuseums, wie sie zuletzt die CDU/AWN-Fraktion ins Spiel gebracht hatte. Damit erhofft sich die Stadtverwaltung deutliche finanzielle Einspareffekte. Derzeit zahlt die Stadt für das Museum jeweils 1,3 Millionen, für die Biosphäre noch 200 000 Euro mehr. Das könne sich Potsdam auf Dauer nicht leisten, sagte Siegfried Weise, Leiter der Geschäftsstelle Stadtentwicklung im Rathaus, am Dienstag bei der Vorstellung der Pläne vor Journalisten. Allerdings hatte das kommunale Museum in der Vergangenheit die schon ins Spiel gebrachte Zusammenlegung scharf kritisiert – die hohe Luftfeuchtigkeit könne die Präparatensammlung ruinieren, hieß es. Dazu sagte Bert Nicke, als Chef der kommunalen Bauholding Pro Potsdam der Hallenbetreiber, die Biosphäre müsse nun so umgebaut werden, dass in ihr „andere klimatische Bedingungen“ herrschen. Ziel sei, dass am Glasdach kein Kondenswasser mehr entstehe – was im Übrigen bereits für Schäden an der Fassade gesorgt habe.

Für den Umbau hofft die Stadt auf Millionenhilfen. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) habe erklärt, dass auch die Förderung einer energetischen Sanierung von Dach und Fassade von bis zu 2,5 Millionen Euro denkbar sei, bestätigte Weise. Der Sanierungsbedarf für die Halle liege aktuell bei fünf Millionen Euro. Zugleich habe die ILB signalisiert, dass für die Weiterführung einer touristischen Nutzung in der Biosphäre grundsätzlich eine Förderung – „ausnahmsweise“ bei Zustimmung des Landeswirtschaftsministeriums – denkbar sei, so Weise. Voraussetzung sei ein „schlüssiges Nutzungskonzept“, dazu könnten auch nur Kosten im Zusammenhang mit der Betriebsänderung gefördert werden. Demnach soll das Naturkundemuseum mit einer „ergänzenden touristischen Einrichtung“ integriert werden, heißt es in den Plänen, die am kommenden Mittwoch erstmals im Hauptausschuss der Stadtverordneten beraten werden sollen. Ebenso soll die Einrichtung eines überregionalen schulischen Lernorts in Kooperation mit dem Land Brandenburg geprüft werden, wie es bereits die Linke gefordert hatte.

Insofern ist für den Neustart auch die Opposition im Boot. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte, er sei offen für neue Vorschläge – selbst der Variante mit dem Naturkundemuseum, sollte diese sinnvoll sein, würde sich die Linke nicht verschließen. Schon Anfang 2015 hatte der Hauptausschuss einstimmig das Ende der Tropenhalle abgesegnet, zugleich aber einen Abriss abgelehnt.

Die Biosphäre wurde 2001 zur Bundesgartenschau gebaut. Sie kostete 29 Millionen Euro, 21,5 Millionen davon waren Fördermittel des Landes. Mit 300 000 Besuchern pro Jahr rechnete man damals. Doch diese Zahl wurde nur anfangs erreicht, in den vergangenen Jahren kamen zwischen 120 000 und 160 000 Gäste pro Jahr, um die selbst im Winter sommerlich warme Halle mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt zu erleben. 2007 meldete der erste Betreiber Insolvenz an, eine Tochter der städtischen Bauholding Pro Potsdam übernahm. Mehrere Ausschreibungen, um einen neuen Investor zu finden, scheiterten. Wegen der hohen Folgekosten landete die Biosphäre bereits im Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds.

Völlig vom Tisch sind mit den neuen Überlegungen die Pläne, die Biosphäre zur Privatschule umzubauen und damit die Schulnot in Potsdam zu lindern. Dagegen habe sich aber das Landesbildungsministerium ausgesprochen, so Weise. Und der Umbau der Halle zur Schule durch die Stadt habe sich als teurer als erwartet herausgestellt, sagte Nicke. Rund 34 Millionen Euro hätte das gekostet, eine normale Schule kostet etwa acht Millionen Euro weniger. Wie viel die neuen Überlegungen kosten, wird dann voraussichtlich in einem halben Jahr feststehen.

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