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Yasmeen Akhta geht mit viel Elan an die Projekte des Vereins Alexander-Haus.

© Andreas Klaer

Dialog in Groß Glienicke: Yasmeen Akhta leitet nun das Alexander-Haus

Yasmeen Akhta ist die neue Leiterin des Alexander-Hauses. Am 16. Juni wird das Zentrum für interreligiösen Dialog eröffnet.

Von Birte Förster

Potsdam - Das kleine Holzhaus am Groß Glienicker See ist kaum wiederzuerkennen. Vor einem halben Jahr noch glich es fast einer Ruine. Nun fällt es sofort auf: Frische blaue und weiße Farbe bringt die Fensterläden des dunklen Hauses zum Leuchten. Auch das Innere ist abwechslungsreich koloriert. 

Pastellgrüne Holzleisten sind in einem Raum zu finden, in einem anderen dominiert Rot. Dabei handele es sich um die ursprünglichen Farben, erklärt Yasmeen Akhta bei einem Rundgang. Seit April ist die Britin die Direktorin des Vereins Alexander-Haus.

Vom trubeligen London ins grüne Groß Glienicke

Man merkt schnell: Akhta brennt für ihre neue Aufgabe, die sie vom trubeligen London ins ruhige und grüne Groß Glienicke brachte. „Das Haus zieht dich in seinen Bann“, sagt sie auf Englisch. Es habe etwas Magisches, gleichzeitig spüre sie dessen Geschichte. „Es wurde gerettet und restauriert, weil es eine bedeutende Geschichte hat“, sagt Akhta. Nun seien die Arbeiten fast beendet. 

An der Veranda aus roten Backsteinen wird derzeit noch gebaut. Am 16. Juni wird das Haus mit einem Fest offiziell eröffnet. Als Zentrum für interreligiösen Dialog wird es von Bund, Land und durch Spenden gefördert. Etwas später soll noch die Gestaltung des großen Gartens folgen.

Seit 2003 stand das Alexander-Haus leer

1927 hatte der jüdische Arzt Alfred Alexander das Haus als Sommerdomizil errichtet. Er und seine Familie flohen während der NS-Zeit nach England, wo viele seiner Nachkommen noch heute leben. Seit 2003 stand das Haus leer. 

Mit dem Ziel, das Haus in einen Ort der Bildung und Versöhnung zu verwandeln, wurde 2013 der Verein Alexander-Haus gegründet, dem auch Mitglieder der Familie Alexander angehören. Nicht nur durch das Schicksal der Familie während des Nationalsozialismus ist das Haus ein geschichtsträchtiger Ort, sondern auch durch die DDR-Zeit: Bis 1989 trennte die Berliner Mauer das Haus vom See.

Der Dialog sei ihr wichtig

Yasmeen Akhta ist voller Elan und steckt bereits mitten in der Arbeit. Die junge Frau – ihr Alter will sie nicht in der Zeitung lesen – hat viele Ideen im Kopf. Ihr Blick ist nach vorne gerichtet: „Viele sprechen eher von der Geschichte des Hauses, aber für mich kommt es vor allem auf die Zukunft an“, sagt Akhta. Ihr ist der Austausch wichtig, der Dialog zwischen Menschen. Das Haus sei ein Raum, um Menschen zusammenzubringen, sagt Akhta. Dass ihr diese Aufgabe liegt, daran besteht kein Zweifel. Sie ist herzlich und zugewandt, hat eine offene Art. Dass es ihr um ein größeres Verständnis zwischen den Menschen gehe, wie sie es beschreibt, scheint bei ihr keine leere Worthülse. 

Sie halte nichts davon, sich nur auf einen Teil der Identität zu fokussieren, sagt sie und nennt ein Beispiel. „Religion ist nur ein Teil meiner Identität“, sagt Akhta. Sie selbst ist Muslimin und trägt Kopftuch, wolle aber nicht als repräsentativ für die Muslime verstanden werden.

Schwerpunkt: interkultureller Dialog

Akhta ist in der Vermittlung zwischen Menschen kein Neuling. Die Juristin arbeitete als Anwältin und vermittelte in ihrer Arbeit zwischen unterschiedlichen Beteiligten. Mittlerweile ist ihr Schwerpunkt der interkulturelle Dialog. Sie arbeitete für internationale Organisationen, beriet britische Universitäten und Unternehmen und sogar die britische Regierung in puncto Identität verschiedener Gemeinschaften. 

Komplexität und die Veränderlichkeit der Identität ist ihr Schwerpunktthema. Es sei ihr wichtig den Menschen nahezubringen, verschiedene Sichtweisen zuzulassen, sagt sie und schlägt wieder den Bogen zum Alexander-Haus. Die Menschen würden das Haus ganz unterschiedlich beschreiben, manche als Museum oder Denkmal, andere als Schule. „Ein Haus ist wie eine Person. Es hat ganz unterschiedliche Seiten“, bringt sie es anschaulich auf den Punkt. Mit ihrem Hintergrund als Mediatorin kam Akhta zu dem Verein. Sie habe in Groß Glienicke bereits mehrmals Trainings und Workshops mit Schulen durchgeführt, erzählt sie.

"Nichts wird unter den Tisch gekehrt"

Ihre bereits begonnene Arbeit führt sie als Direktorin des Vereins nun intensiver fort. Bereits jetzt laufen Projekte mit verschiedenen Schulen und Kindergärten in der Region sowie in England. Mit Schülern spreche sie über Themen wie Religion, Gender, Identität und Zukunft. Alle Themen, die seitens der Jugendlichen aufkommen, dürften Beachtung finden. „Nichts wird unter den Tisch gekehrt“, betont sie. Es habe sie bewegt zu sehen, wie Jugendliche von 16 Jahren untereinander ihre Geschichten teilten. Viele hätten komplexe Sichtweisen, sagt Akhta. In einem Projekt sollen Jugendliche außerdem zu Guides ausgebildet werden, die Gästen die Geschichte des Ortes näherbringen. Bei verschiedenen Trainings soll Lehrern vermittelt werden, wie sie mit kritischen und provokanten Fragen der Schüler umgehen können. Im September findet ein Workshop mit Experten der Mediation statt. Mittelpunkt ihrer Bildungsarbeit sei zu vermitteln, was einen guten Dialog ausmache sowie die Versöhnung mit anderen Menschen. „Aber auch mit sich selbst“, sagt Akhta.

Erstmal hat noch die anstehende Eröffnung des Alexander-Hauses Priorität. Die letzten Arbeiten müssen verrichtet werden. Noch fehlt die Einrichtung in den Räumen. Künftig wird Akhta zusammen mit ihrer deutschen Assistentin vor Ort arbeiten. Sie zeigt auf einen kleinen Raum links neben dem Hauseingang, in dem bald ihr Büro sein wird. Auch eine Küche wird es geben. In mehreren Räumen werden historische Fotos und Artefakte ausgestellt, erzählt Akhta.

Am Ende des Flures befindet sich der größte Raum, der künftig für Veranstaltungen genutzt wird. Von dort aus führt der Blick durch die Terrassentür in den Garten des Hauses. Zwischen dem dichten Grün der Bäume ist etwas weiter unten der See zu erkennen.

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