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Gymnasiallehrerin Ria Nolte besiegte den Brustkrebs.

© Andreas Klaer

Diagnose Brustkrebs: Lebensmutig und gnadenlos offen

Ria Nolte hat die Diagnose Brustkrebs erschüttert, aber nicht besiegt. Auch aus ihrem Beruf hat sie Kraft geschöpft, um die Krankheit zu bezwingen.

Von Birte Förster

Potsdam - Besonders im vergangenen Jahr war der Unterricht für Lehrerin Ria Nolte nicht mehr so, wie sie es gewohnt ist. Nicht nur, weil sie ihren Schülern durch die Corona-Pandemie online den Schulstoff vermittelte, sondern auch weil sie währenddessen eine Kanüle im Körper hatte. „Ich hatte in der Zeit Glück, dass das Online-Lernen möglich war“, sagt die 60-Jährige. Denn die Lehrerin, die am Evangelischen Gymnasium Hermannswerder arbeitet, befand sich da mitten in einer Chemotherapie. Im Herbst 2019 hatte Nolte beim Baden einen Knoten in ihrer Brust entdeckt. Sie entschied sich zunächst, abzuwarten und diesen zu beobachten. 

Nach einem halben Jahr entdeckte sie einen zweiten Knoten unter der Achsel. Dann habe sie gewusst, was es ist, sagt Nolte. Und bekam Angst. Ihre Ärztin bestätigte kurz danach mit der Diagnose Brustkrebs ihren Verdacht. In diesem schwierigen Moment habe ihr aber ein guter Freund zur Seite gestanden und gesagt „Ich bin da.“ Das habe ihr geholfen, sagt die Lehrerin. Außerdem habe ihr die behandelnde Ärztin viel Mut und Vertrauen vermittelt, sodass sie die Behandlung mit Zuversicht beginnen konnte. „Angst zu sterben hatte ich nie“, sagt Nolte. 

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Wenige Tage nach der Diagnose begann schon die Chemotherapie. Eine Operation sei für sie erst einmal nicht infrage gekommen. Da der Knoten schon so groß gewesen sei, hätte man die Brust komplett entfernen müssen, berichtet Nolte. Aber die Chemotherapie schlug erfolgreich an. Im Herbst war der Knoten dann so klein, dass eine OP, bei der die Brust erhalten bleiben würde, möglich war. Mittlerweile ist Nolte krebsfrei. 

„Es sind keine Krebszellen mehr zu finden gewesen“, sagt sie. Aber die Behandlung hat Spuren hinterlassen: Sie habe Probleme mit einer Hand, ihre Handschrift sei dadurch schlechter geworden. Sie vermutet, dass das mit der Entfernung der Lymphdrüsen zusammenhängt. Um das zu verbessern, ist sie derzeit in Physiotherapie. „Ansonsten bin ich wieder hergestellt“, so Nolte, die in Wildenbruch wohnt. 

Trotz Chemotherapie weiter unterrichtet

Trotz des für sie schwierigen vergangenen Jahres arbeitete die Lehrerin, die Mathematik, Geographie und WAT unterrichtet. Die Chemotherapie wurde ambulant durchgeführt und sie unterrichtete weiter. Aber sie erkennt auch an, dass nicht jeder dazu in der Lage sei, weiter zu arbeiten, da die Krebstherapie bei jedem anders wirke. Auch Nolte litt unter Müdigkeit und Erschöpfung, vor allem an den Tagen der Chemotherapie. Aber wenn sie danach zwei Stunden schlief, sei es wieder besser gewesen. Außerdem stellte sie ihre Ernährung um und bewegte sich mehr. „Das hat mir ziemlich gut geholfen“, berichtet sie von ihren Erfahrungen. Dennoch habe es Tage gegeben, an denen sie nicht im vollen Umfang ihrer Tätigkeit nachkommen konnte. Für die Hilfe und Unterstützung von der Schulleitung sowie den anderen Lehrerkolleg:innen, die ihren Unterricht in dieser Zeit übernommen haben, ist sie dankbar. 

So arbeitete sie die meiste Zeit weiter, auch während der Behandlungen. Das hänge auch mit ihrer Leidenschaft für das Lehrerdasein zusammen, sagt sie. „Ich liebe diesen Beruf. Ich gebe den Schülern Kraft und sie geben mir Kraft.“ Diese Kraft habe sie immer wieder dazu gebracht, weiterzumachen. Auch dass sie vor den Schüler:innen und den Kolleg:innen offen mit ihrer Erkrankung umging, kam gut an. Es sei ihr wichtig gewesen, damit andere sich nicht fragen müssten, was mit ihr los sei. “Ich habe nie eine Perücke getragen“, erzählt Nolte über die Zeit, als nach den Sommerferien wieder Präsenzunterricht stattfand. 

Damals hatte sie weder Haare noch Wimpern oder Augenbrauen. Als sie vor die Klasse trat, fragte sie die Schüler ganz direkt: „Wie sehe ich aus?“ Dass sie Krebs hat, kam so direkt und ohne Umschweife zur Sprache. Sie klärte ihre Schüler auch darüber auf, dass sie kurz nach einer neuen Dosis Chemotherapie erst einmal ein ganz rotes Gesicht habe. „Wie eine Maske“, sagt sie. Aber während des Tages sei das immer zurückgegangen. 

Das Evangelische Gymnasium Hermannswerder
Das Evangelische Gymnasium Hermannswerder

© Ottmar Winter PNN

Durch den offenen Umgang mit ihrer Krankheit und den Austausch mit den Schülern wurde sie aber auch dazu angeregt, nochmal ganz anders über den Lehrerberuf nachzudenken. Als sie mit den Schüler:innen über ihre eigene Geschichte sprach, stellte sich heraus, dass der Vater einer Schülerin auch an Krebs erkrankt war. „Da wurde mir bewusst, dass wir von Schülern sehr wenig wissen“, sagt Nolte. 

Dabei sei es enorm wichtig, genau zu hinterfragen, warum ein Kind zum Beispiel über längere Zeit nicht mitmacht. Man dürfe diese Kinder nicht pauschal als faul abstempeln. Und dann sagt sie noch: „Für mich ist es wichtig, dass man die Schüler nicht als Untergebene ansieht, sondern als Partner.“ Diese Wertschätzung scheint bei den Schüler:innen gut anzukommen und sie geben sie ihr zurück. Zu ihrem Geburtstag schenkten sie ihr ein selbstgemaltes Bild und sagten ihr später: „Wir wollten uns bedanken, dass Sie so offen und ehrlich waren.“   

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