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DER WAGEN: Adler, Krönchen und Helm

Restaurierung des Goldenen Krönungswagens wird dank Sparkassenspende fortgesetzt

Die Staatskarosse König Friedrich Wilhelms II., um deren Restaurierung sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten seit 1992 bemüht, erhält ein weiteres Stück ihres goldenen Glanzes zurück. Dies ermöglicht ein Scheck in nicht öffentlich gemachter, aber wohl ansehnlicher Höhe, den gestern die Vorstandsvorsitzenden der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, Claus Friedrich Holtmann, und der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, Walter Schubert, an Generaldirektor Hartmut Dorgerloh übergaben.

Wie Projektleiter Thomas Kühn, in der Stiftung Chef der Holzrestaurierung, erläuterte, kann mit der Summe der Schmuck des Kutschendachs erneuert werden. Er bestand aus vier Preußenkrönchen, vier Adlern und einem stattlichen Helm mit Busch und Schild. Der Potsdamer Bildhauer Rudolf Böhm wurde mit der Anfertigung der Modelle betraut. Danach schnitzt der junge spanische Holzbildhauer Damion Valles de Castro, der sich in der Ausschreibung durchgesetzt hat, dann aus französischem Nussbaumholz den Zierrat.

Ganz so golden glänzend wie im Original wird der Dachschmuck nicht eingefärbt, denn er soll mit den Seitenfronten der Kutsche harmonieren, deren anspruchsvolle Gestaltung mit Preußenwappen und Ornamentik ohnehin nicht hundertprozentig wiederhergestellt werden kann. Dies sei aber gar nicht beabsichtigt, sagt die zuständige Kustodin Claudia Meckel, vielmehr soll der einstige Gesamteindruck der Staatskarosse erlebbar gemacht werden, ohne die Spuren ihrer Geschichte zu verbergen.

Das fast bis zum Ende der Monarchie als „Staatskarosse Nr. 1“ dienende Gefährt war 1787 von König Friedrich Wilhelm II. bei den renommierten Wagenbaumeistern Vater und Sohn Ginzrot in Straßburg in Auftrag geben und 1789 ausgeliefert worden. In bewussten Gegensatz zu den Rokokokutschen seines Vorgängers Friedrich II. stellte die 5,25 m lange, 3,05 m hohe und 2,10 m breite „Berline“ ein Zeugnis frühklassizistischer Wagenbaukunst dar. Wahrscheinlich wurde sie für die Kaiserkrönung Leopolds II. angefertigt und 1790 in Frankfurt (Main) auch eingesetzt, doch das ist nicht verbürgt. 1793 diente sie dem Brauteinzug der späteren Königin Luise in Berlin, 1853 der nachmaligen Kaiserin Victoria und noch 1905 der letzten deutschen Kronprinzessin, Cecilie.

1861 wurde er bei den Krönungsfeierlichkeiten Wilhelms I. eingesetzt und erhielt danach den Beinamen „Goldener Krönungswagen“. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gefährt aus dem Berliner Marstall mit anderen in den des Schlosses Babelsberg verbracht. Hier fügten ihm 1945 sowjetische Soldaten schwerste Beschädigungen zu, als sie im Übermut der Sieger die historischen Gefährte in Brand setzten und die Hänge hinunter in den Tiefen See rollen ließen.

Der Wiederaufbau und der Beginn der Restaurierung des Wagens wurden ab Mitte der 1990er Jahre durch die BPW Bergische Achsen KG und ihr Betriebsmuseum „Achse, Rad und Wagen“ fachlich und finanziell unterstützt.

Nach der dank der Sparkassenspende ermöglichten neuen Restaurierungsetappe soll die Staatskarosse ab April 2010 im Wagenmuseum von Schloss Paretz gezeigt werden. Auch dann ist die Restaurierung noch lange nicht abgeschlossen. Erneuert werden müssen noch die aus vergoldetem Holz, Messing und Blei bestehenden Fassungen der Wagenkastens und seiner kostbaren Innenausstattung aus gefärbtem, geprägtem und appliziertem Leder, cremefarbenem Seidengewebe, Goldborten und -stickereien und Hermelinbesatz.

Johann Christian Ginzrot (1764-1829) wird der Entwurf für den Staatswagen von Friedrich Wilhelm II. zugeschrieben. Den vorgelegten Entwurf korrigierte der König in einigen Punkten höchstpersönlich. Das Wagenbauatelier Ginzrot belieferte den europäischen Hochadel mit standesgemäßen Karossen zu standesgemäßen Preisen. Der preußische König zahlte für seinen Staatswagen 6286 Reichstaler. Das dürfte nach heutigen Preisen einen Betrag im Millionenbereich ausmachen. Dafür gäbe es mehr als einen Rolls-Royce oder Maybach. pst

Erhart Hohenstein

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