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Landeshauptstadt: Der König und das liebe Vieh

Ein Buch versucht den Gegenentwurf zum Bild von Friedrich dem Großen als zynischen Menschenverachter

Die Begrüßung ist herzlich. Viele Hände werden geschüttelt und Wiedersehensfreude bekundet. Ein älterer Herr greift nach dem Tablett. „Ein Gläschen Sekt zur Beruhigung“, sagt er zu der jungen Kellnerin, die hier Hostess genannt wird. Dieser leichte Anflug von Aufregung ist verständlich. Die Mittelbrandenburgische Sparkasse hat am Montagabend in ihr Gebäude für „Private Banking“ in der Berliner Straße zu einer Lesung geladen. Sibylle Prinzessin von Preußen und Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen stellen ihr Buch „Die Liebe des Königs. Friedrich der Große, seine Windspiele und andere Passionen“ vor. Gelesen wird hier nur vor geladenen Gästen. Und derer kommen viele. Ein Herr kommentiert die Lage: „Das wird hier arscheng“.

Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen ist promovierter Historiker und „unmittelbarster Nachfahre Friedrich des Großen“, wie Heinrich Brendel, Leiter des Private-Banking-Hauses, den Gästen einleitend erklärt. Mit ihrem Buch wollen der Prinz und seine Gemahlin zeigen, dass für Friedrich den Großen Freundschaft und Liebe „stets von existenzieller Bedeutung“ waren und damit einen Gegenentwurf zu dem in der historischen Literatur angeblich noch immer vorherrschenden Bild eines „zynischen Menschenverachters“ liefern.

Den Nicht-Friedrich-Kenner mag der Titel „Die Liebe des Königs. Friedrich der Große, seine Windspiele und andere Passionen“ verwundern. Assoziiert man mit Windspielen sich im Winde drehendes Spielzeug. Doch wenn im Zusammenhang mit Friedrich dem Großen von Windspielen die Rede ist, geht es um seine geliebten Hunde. „Windspiele, eine Zwergform des Windhundes, sind äußerst kapriziöse Wesen von zierlicher Statur, die bei einer Schulterhöhe von fünfunddreißig Zentimetern kaum mehr als vier Kilogramm wiegen“, heißt es dazu erklärend in „Die Liebe des Königs“. Durch die innige Beziehung zu seinen Vierbeinern mit klangvollen Namen wie Biche, Alkmene, Superbe und Thisbe „lernen wir einen leidenschaftlichen, zu freundschaftlichen Gefühlen fähigen König kennen“. Das zumindest behauptet der Klappentext des 160 Seiten lange Buches.

Die „königlichen Hoheiten“, wie Autorin und Autor an diesem Abend offiziell genannt werden, lesen abwechselnd. Der Prinz, eingeklemmt zwischen zwei Leselampen, die Erklärungen, die Prinzessin, von Herrn Brendel das Mikrofon gehalten, die Zitate aus persönlichen Briefen und anderen Dokumenten. In 45 Minuten werden so zwei Kapitel vorgestellt und Einblicke in manche Passionen des Königs gewährt. Da ist die sehr innige Liebe zu seiner Schwester Wilhelmine Markgrafin von Bayreuth, mit der Friedrich einen intensiven Briefwechsel pflegt. Da ist die Liebe zur Musik und zur Literatur. Und natürlich die Liebe zu seinen Windspielen, die ziemlich seltsame Blüten trieb. So schrieb Friedrich, nach dem sein Hündin Biche geworfen hatte, seinem Bruder Prinz August im Namen von Biche einen Brief: „Ohnerachtet derer vielen Warnungen und Vorstellungen meine Keuschheit zu erhalten, ist es doch endlich durch mein liederliches wollüstiges Leben dahin gekommen, daß ich durch Zureden zweyer Zeugen als des Herrn Alexander und Kienast, ingleichen auch durch die Annehmlichkeiten des Hundes Mylord bin geschwängert worden...“. Am Ende bittet Biche den Prinzen August um die Patenschaft für ihre Welpen.

Derartige Schmankerl bietet das Buch einige. Und wenn Sibylle Prinzessin von Preußen an diesem Abend solche Zitate liest, blickt Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen mit feinem Lächeln in die Runde. Schmunzeln ist erlaubt. In angenehmen, fast leichtem Ton erzählen die königlichen Hoheiten vom Leben Friedrich des Großen. Hier wird aus anderen Blickwinkeln auf das Leben des wohl bekanntesten Preußenkönigs geschaut, wird oft die Tierliebe Friedrichs als Beweis für dessen Fähigkeit zu Freundschaft und Liebe bemüht. Doch nur weil Friedrich sein Hunde so liebte, es duldete wenn in Rheinsberg das Schlossäffchen Mimi „auch schon mal eine französische Übersetzung der Wolffschen Metaphysik in den brennenden Kamin warf“ und der König seine Pferde ohne Gerte und Sporen ritt, rückt niemand gleich „das Bild des unterkühlten und berechnenden Monarchen gerade“. Eine Bereicherung ist dieses kleine Buch dennoch allemal.

Dirk Becker

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