zum Hauptinhalt
Kaiserlich. Das Tor mit Karl dem Großen entstand unter Friedrich Wilhelm IV.

© Klaer

Landeshauptstadt: Der Kaiser in der Nische

Karl der Große starb heute vor 1200 Jahren. In Sandstein gehauen steht er auch in Potsdam

Sein Geburtsjahr ist umstritten, auch den Geburtsort kennt man nicht. Doch als er seinen letzten Atemzug tat, da war er ein berühmter Mann. Und in Westeuropa der mächtigste. Heute vor 1200 Jahren, am 28. Januar 814, starb in Aachen Kaiser Karl der Große. Die Nachwelt hat ihn in unzähligen Denkmälern verewigt. Aufrecht, in Sandstein gehauen, steht Karl seit mehr als 150 Jahren auch in Potsdam. Und das an einem Ort, an dem täglich Tausende vorbeikommen mit ihren Autos, den Blick auf die – gefühlt – meist rote Ampel an der Kreuzung Schopenhauerstraße Ecke Hegelallee gerichtet. Der Sandsteinkaiser am Straßenrand, kunstvoll eingefügt in eine Nische des Dreikönigstors, erfreut sich unter den hier von Norden in die Potsdamer Innenstadt strömenden Menschen keiner großen Aufmerksamkeit. Er führt auch in jenem Sinne ein Nischendasein an diesem heutzutage geschlossenen Parkeingang.

Dabei lohnt es sich durchaus, von der Schopenhauerstraße durch das Dreikönigstor hindurch auf den Schlosspark zu schauen, der den direkten Blick auf die Friedenskirche und die Kuppel des Mausoleums freigibt. Wer dann seinen Blick nach links schweifen lässt, sieht Kaiser Karl in einer Nische des Dreikönigstores stehen, die im rechten Winkel zur Hauptfront des Tores angeordnet ist. Derzeit seiner Machtinsignien, Reichsapfel und Schwert, beraubt, schaut der einstige Reichseiniger in Richtung des Triumphportals unterhalb des Winzerberges auf der anderen Seite der Schopenhauerstraße. Für Klaus Dorst von der Schlösserstiftung, der sich mit dem Tor und dem Skulpturenprogramm beschäftigt hat, ist diese Blickrichtung kein Zufall. Denn Friedrich Wilhelm IV. hatte als Bauherr des Dreikönigstores wohl genau diesen Zusammenhang herstellen wollen: einerseits der mit der Friedenskirche symbolisierte Gottesfriede, auf der anderen Seite das Triumphportal, das einen kriegerischen Hintergrund hat. Gottesfriede könne nicht ohne Kampf errungen werden, notierte einst Friedrich Wilhelms Zeitgenosse Carl Ludwig Häberlin.

Von Friedrich Wilhelm IV. selbst ist eine Entwurfszeichnung des Dreikönigstores erhalten, in der zwar noch keine Skulpturen zu sehen sind. Es wird jedoch allgemein angenommen, dass diese Skizze des architekturbegeisterten Romantikers auf dem Thron einst die Vorlage lieferte für Ludwig Ferdinand Hesse, nach dessen Plänen das Tor 1851 errichtet wurde. Neben Karl dem Großen sind die biblischen Könige Salomo und David in dem Monument Hesses vereinigt.

Saskia Hüneke, Kustodin der Skulpturensammlung der Schlösserstiftung, vermutet hinter dieser programmatischen Auswahl ebenfalls die Handschrift Friedrich Wilhelm IV. Alle drei, von dem Berliner Bildhauer Gustav Bläser geschaffenen Königsskulpturen – heute sind an die Stelle der eingelagerten Originale Kopien getreten – könnten mit ihren Handlungen als Herrscher, in denen Politik und Religion eng miteinander verbunden waren, als „Priesterkönige“ angesehen werden. Eine Vorstellung, die Friedrich Wilhelm IV. nahe gewesen sein dürfte, habe er doch, so Hüneke, „in besonderer Weise an das Gottesgnadentum geglaubt“.

Auch Karl der Große sah seine Herrschaft als durch göttliches Recht legitimiert an. Und ebenso glaubte Friedrich Wilhelm IV. an die unmittelbar von Gott legitimierte Herrschaft. Daher lehnte der Preußenkönig 1849 auch die ihm von den Paulskirchenvertretern angetragene Kaiserwürde ab. Eine von einem – mehr oder weniger – demokratischen Parlament empfangene Krone war für den Monarchen wohl ein Widerspruch in sich. „Er hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt“, sagt Hüneke. H. Catenhusen

H. Catenhusen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false