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Landeshauptstadt: Der Hirschensprung von Babelsberg Michael Lenz malte für Wes Andersons

„Grand Budapest Hotel“ Landschaften im Großformat. Der Film ist jetzt Kandidat für Golden Globes und Bafta-Preise

Das Bild sieht auf Anhieb bekannt aus. Links vorn der Hirschensprung auf einer Felsformation, rechts der steil herabstürzende Wasserfall, in der Mitte ein Tannenwald, hinter dem sich eine Gebirgslandschaft mit schneebedeckten Gipfeln erhebt – die Berge mit zunehmender Entfernung in dunstigem Grau-Blau verschwindend. Das großformatige Gemälde dominiert den riesigen Frühstückssaal des „Grand Budapest Hotel“ im gleichnamigen Film von Wes Anderson, es ist eine Konstante in der mehrere Jahrzehnte überspannenden Geschichte, die letztlich mehr tragisch als komisch ist, auch wenn der Zuschauer sehr viel zu lachen hat.

Erzählt wird vom weltgewandten Concierge Gustave H. – Ralph Fiennes – und dessen Schützling, dem Lobbyboy Zero – Tony Revolori –, in einem erfundenen Alpenstaat in der Zwischenkriegszeit. Nach dem Tod von Gustaves Geliebter – Tilda Swinton – bekommt er es mit deren skrupellosem Sohn – Adrien Brody – und seinen brutalen Schergen zu tun.

Viermal ist der Film, der vom Studio Babelsberg koproduziert wurde und beinahe komplett in Görlitz entstand, für die Golden Globes nominiert, die jetzt in der Nacht zum Montag in Hollywood verliehen werden. Bei den britischen Bafta-Preisen führt der Streifen mit elf Nominierungen sogar das Kandidatenfeld an, auch an den Kinokassen war er ein Erfolg.

Michael Lenz freuen solche Nachrichten. „Es ist besonders schön, wenn ein Film mit relativ kleinem Budget so groß herauskommt“, sagt der Potsdamer Bühnenmaler. Er hat bei Studio Babelsberg zum Beispiel für Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ Teller und Fassaden bemalt und für George Clooneys „Monuments Men“ Kopien von Nazi-Raubkunst gefertigt – und die eingangs beschriebene Hirschensprung-Landschaft im „Grand Budapest Hotel“ hat er auch gemalt. Wo hat man das Bild bloß schon einmal gesehen?

Ein originales Vorbild gibt es nicht, erzählt Lenz. „Es ist eine Collage, die der Szenenbildner Adam Stockhausen am Computer zusammengebaut hat.“ Verschiedene Gemälde von Caspar David Friedrich und alte Postkartenmotive habe Stockhausen dafür verwendet, der Hirschensprung existiert im tschechischen Kurort Karlovy Vary. Mit dem Gemälde verhält es sich wie mit dem ganzen Film: Es gibt weder ein „Grand Budapest Hotel“ noch das Land „Zubrowka“ oder den Kurort „Nebelbad“ – und doch erkennt der Zuschauer hinter der bonbonbunten und detailverliebten Fantasiewelt von Regisseur Wes Anderson das Europa wieder, das mit dem von Nazi-Deutschland ausgegangenen Weltkrieg untergegangen ist.

Lenz hat das Bild mit Unterstützung seines Kollegen Frank Born gemalt. Fast drei Wochen brauchten sie für die Arbeit, erinnert sich Michael Lenz. Weil es zur Drehzeit sehr kalt war und die Halle in Görlitz sich kaum ausreichend beheizen ließ, dauerte es, bis die Farben auf der Leinwand trockneten. Eine Mischung von Wandfarben und Stofffarben hat Lenz verwendet. Aufgetragen wurden die Farben mit einem speziellen Landschaftspinsel, der einen besenlangen, aber sehr feinen Stiel hat, wie der Maler erklärt. Die Leinwand liegt dafür auf dem Boden. „Reine Übungssache“, sagt Lenz. Nicht nur Szenenbildner Stockhausen, auch Regisseur Anderson hat die Arbeit persönlich abgenommen: „Er ist auf Qualität versessen und weiß genau, was er haben will“, erzählt Lenz. „Alles muss perfekt sein.“

Mehr als 30 Jahre ist der Potsdamer schon im Geschäft. 1983 begann Michael Lenz seine Ausbildung bei der Defa in Babelsberg, studierte später in Dresden. Er arbeitete lange fürs Theater, wo er bis zu 40 Meter breite Bühnenbilder malte. 1995 macht Lenz sich selbstständig, seit 1999 arbeitet der Vater dreier Kinder, der in der Freizeit zum Ausgleich Judo und Karate trainiert, immer wieder für Studio-Babelsberg-Produktionen.

Für das „Grand Budapest Hotel“ hat der 47-Jährige nicht nur die Gebirgslandschaft gemalt, sondern auch ein schwarzes Wildschwein und verschiedene Hintergründe – ein Sandsteingebirge, Winterlandschaften bei Tag oder Nacht. Anders als bei anderen Filmen sind die Bilder nach Drehschluss nicht im Privatbesitz verschwunden oder wurden eingestampft. Der Hirschensprung hängt noch in der Lobby des Fx-Centers in der Babelsberger Medienstadt. „Darüber habe ich mich gefreut“, sagt Lenz. Mit dem Abstand von zwei Jahren sehe er das Bild mit anderen Augen als direkt bei der Arbeit – und ist zufrieden mit dem Ergebnis: „Es sieht ziemlich gut aus.“

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