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Dienstleister in Person. Der 36-jährige Potsdamer Sebastian Karg geht im Auftrag seiner Kunden einkaufen. Ob Backzutaten, Drogerieartikel oder Getränke – der gelernte Diplom-Kaufmann besorgt alles und bringt es zu seinen Kunden nach Hause.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Der Einkäufer

Sebastian Karg geht für Senioren, Vielbeschäftigte und Familien mit Kindern in den Supermarkt

Sebastian Karg will gerade in den Hauseingang gehen, als eine ältere Dame mit Rollator ebenfalls ins Haus will. Er hält ihr die Tür auf. „Gehen Sie morgen wieder einkaufen?“, fragt die Rentnerin, während Karg ihr hilfsbereit den Rollator über die Eingangstreppe trägt. „Ja, mache ich!“ „Können Sie mir dann Puderzucker, Milch und Sanella mitbringen? Ich will wieder backen.“ Karg kann, denn er betreibt seit April 2012 in Eigenregie den Potsdamer Einkaufsservice, bei dem er die Einkäufe anderer Menschen erledigt und ihnen nach Hause liefert. Die alte Dame im Hausflur war eine seiner Stammkundinnen, sie schafft es nicht mehr, die schweren Tüten zu schleppen.

„Etwa 75 Prozent meiner Kunden sind Rentner“, sagt der 36-jährige Diplom-Kaufmann. Die Idee mit dem Einkaufsservice sei ihm durch seine Eltern gekommen, die – natürlich unentgeltlich – für seine Großeltern die Einkäufe erledigen würden. „Ich hatte es eigentlich erst auch nur als Service für ältere Menschen geplant, aber dann kamen auch Jüngere mit Kindern, die sagen: Mit Kindern einzukaufen ist immer etwas stressig, macht ihr das mal.“ Das „ihr“ ist nur rhetorisch gemeint, denn Karg betreibt den Einkaufsservice derzeit allein. Leben kann er davon noch nicht, er ist zusätzlich als Anlageberater tätig. Derzeit arbeite er noch vom „Home-Office“ aus, so Karg, aber immerhin hätten schon Studenten gefragt, ob sie bei ihm als 400-Euro-Kräfte arbeiten könnten: „Das musste ich zwar leider ablehnen, aber es zeigt, dass man an die Idee glaubt.“

Es kann gut sein, dass Karg mit seinem Angebot in eine Marktlücke gestoßen ist, denn Senioren und Familien mit Kindern gibt es in Potsdam nicht wenige. Dennoch gebe es bislang nur einige wenige Supermärkte, die einen ähnlichen Einkaufsservice bieten würden, meint Karg, und dann natürlich nur für ihre Produkte. Karg hingegen kauft ganz nach den Wünschen seiner Kunden ein: Vor ihm liegt eine detaillierte Liste mit Produkten, die er morgen einkaufen soll, zum Beispiel in einer bestimmten Drogerie und einem bestimmten Supermarkt. Etwa fünf Einkäufe macht Karg pro Woche, die meisten seiner gut ein Dutzend Kunden kommen aus Potsdam-West, auch wenn er betont, für das ganze Stadtgebiet zu liefern. Das macht er mit dem Privat-Auto, auch wenn er da schon an seine Grenzen gestoßen sei: „Manche Kunden haben schon 20 Getränkekisten bestellt – die passten gerade so in den Wagen. Außerdem muss man dann zwei bis drei Mal in den Supermarkt gehen, weil man die gar nicht auf einmal in den Einkaufswagen bekommt.“

Die Gründe, warum Karg engagiert wird, sind unterschiedlich: „Manche sagen: Ich mag einkaufen einfach nicht. Andere kommen erst spät nach Hause, können die Tüten nicht mehr tragen oder haben kein Auto. Ein Kunde mit einem Bandscheibenvorfall zum Beispiel wohnte im vierten Stock ohne Fahrstuhl. Er wollte aber eine Party feiern und dafür 14 Getränkekisten kaufen.“ Karg ist von kräftiger Statur, und obwohl er in der Vergangenheit selbst zwei Bandscheibenvorfälle hatte, sei das Tragen für ihn kein Problem, auch weil er regelmäßig zur Rückenschule gehe und darauf achte, Lasten über die Beine zu stemmen.

Karg rechnet damit, dass vor allem im Herbst und im Winter die Nachfrage steigt: „Viele haben schon angerufen und gesagt: Wir kommen später auf Sie zurück.“ Jetzt, wo nasses Laub auf den Gehwegen liege, oder später, wenn es glatt sei, würden gerade Ältere nicht mehr so gern einkaufen gehen, vermutet Karg. Mancher will vielleicht auch nicht alleine einkaufen, deshalb bietet Karg auch einen „Einkaufs-Begleitservice“ an. Eine seiner Kundinnen nutze dies bereits: „Sie war beim ersten Mal nur so mit mir mitgegangen, um mir in dem Bioladen, in dem sie immer einkauft, die Produkte zu zeigen, die sie will.“ Danach hatte Karg erst einmal alleine in dem Bioladen eingekauft, doch die ältere Dame meldete sich wieder: Das gemeinsame Einkaufen und miteinander Plaudern hatte ihr gefallen. Nun geht sie immer mit Karg einkaufen und nutzt seinen Service als „Taxi“.

www.potsdamer-einkaufsservice.de

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