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In den 80er-Jahren wurden in der Gutenbergstraße, anstelle zuvor abgerissener Barockhäuser, Plattenbauten errichtet.

© A. Klaer

Denkmalschutz in Potsdam: Steuerabschreibungen für die Platte

Potsdams Innenstadt bekommt eine Denkmalbereichssatzung. Das hat zum Teil paradoxe Folgen.

Von Peer Straube

Potsdam - Der Potsdamer Stadtkern bekommt einen neuen Schutzschirm: Für das Areal rund um die barocken Stadterweiterungen, das Holländische Viertel und die Potsdamer Mitte soll künftig eine Denkmalbereichssatzung gelten. Die Details stellten Markus Beck, Fachbereichsleiter Bauaufsicht, Denkmalpflege, Umwelt und Natur sowie Stadtkonservator Andreas Kalesse am Mittwoch vor. Die Grenzen des neuen Schutzgebietes verlaufen entlang der Schopenhauerstraße, der Hegelallee und der Kurfüstenstraße, der Hebbel- und Charlottenstraße über die Türkstraße bis zur Havel und an dieser in südlicher und westlicher Richtung entlang bis zum Wall am Kiez. Ziel sei es, den bisherigen „Flickenteppich“ von einzelnen Denkmalen, schützenswerten Straßenzügen, Plätzen und Höfen in einem Denkmalbereich zu vereinen, sagte Beck.

Schutz für Plattenbauten

Was auf den ersten Blick nach einem allenfalls mäßig spannenden Verwaltungsakt aussieht, hat in der Praxis durchaus handfeste Auswirkungen. Denn mit der Satzung werden erstmals neben den vielen Einzeldenkmalen in der Innenstadt auch Gebäude in deren Umfeld geschützt – wodurch die Eigentümer in den Genuss von Steuererleichterungen und Fördermitteln kommen können. Das vielleicht paradoxeste Beispiel sind die aus DDR-Zeiten stammenden Plattenbauten in der Gutenberg-, Hermann-Elflein- und der Jägerstraße. Für diese Wohnhäuser etwa könne die Pro Potsdam als Eigentümerin im Falle von Instandhaltungsmaßnahmen oder Modernisierungen künftig steuerliche Denkmalabschreibungen in Anspruch nehmen, erklärte Kalesse. Allerdings gelten diese Vorteile nur für Vorwendebauten: Vom Umgebungsschutz profitiere nur, was zu einer in sich abgeschlossenen Epoche gehöre – wie eben die Architektur der DDR, sagte der Stadtkonservator. Bei den Plattenbauten in der Innenstadt hatte sich die DDR damals besondere Mühe gegeben und ihre Gestalt an die – freilich zuvor abgerissenen – barocken Typenhäuser angelehnt.

Die geplante Neuregelung bedeutet allerdings nicht, dass jegliche DDR-Bauten der City künftig unter besonderen Schutz gestellt werden. Ausdrücklich ausgenommen von der Satzung sind unter anderem beispielsweise das Mercure-Hotel, das Rechenzentrum in der Breiten Straße, die Fachhochschule am Alten Markt, der Staudenhof-Wohnblock, die Hochhäuser in der Breiten Straße und das Wohngebiet Zentrum-Süd zwischen Burgstraße, Am Kanal, Am Alten Markt und Alter Fahrt.

Denkmalpfleger bekommen mehr Einfluss

Mit der neuen Satzung gewinnen die Denkmalpfleger im Rathaus künftig auch mehr Einfluss auf die Gestaltung von Neubauten in der Innenstadt. So können sie etwa bei der weiteren Bebauung der Potsdamer Mitte beispielsweise bei der Wahl von Baumaterialien, Farbgebungen von Fassaden, Dachformen und -ziegeln ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Im Gegenzug dürfen die Bauherren allerdings auch Steuererleichterungen für die damit einhergehenden Mehrkosten geltend machen.

Der „Erhalt der architektonischen Qualität in der Potsdamer Innenstadt auch in der Fläche“ werde mit der neuen Satzung gestärkt, sagte Brandenburgs Landeskonservator Thomas Drachenberg den PNN.

Mit der neuen Denkmalbereichssatzung folgt die Stadt einer Forderung des Landesdenkmalamtes, nach den bereits durch ein solches Papier geschützten Vorstädten auch den Stadtkern als Einheit unter besonderen Schutz zu stellen. Auch inhaltlich sei das Papier vom Landesdenkmalamt vorgegeben, sagte Beck. Die Stadtverordneten müssten das Papier beschließen, hätten aber kaum Möglichkeiten, daran etwas zu ändern. Landeskonservator Drachenberg widersprach allerdings dieser Aussage. Der konkrete Inhalt der Satzung sei Sache der Kommune, sagte er den PNN. Bei dem derzeitigen Entwurf handele es sich lediglich um einen Vorschlag, der gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt erarbeitet wurde. Die Stadtverordneten könnten durchaus Einfluss nehmen.

Hohe Denkmaldichte in Potsdams Innenstadt

Nirgendwo sonst in Potsdam ist die Denkmaldichte so hoch wie in der historischen Innenstadt: Rund 820 der mehr als 3000 in der Stadt registrierten Einzeldenkmale befinden sich in der neuen Schutzzone. Darunter befinden sich neben den vielen barocken Typenhäusern der ersten und zweiten barocken Stadterweiterung und den Häusern im Holländischen Viertel auch DDR-Gebäude wie das Restaurant „Seerose“ in der Breiten Straße, die in den 50er-Jahren errichteten Wohnhäuser in der Wilhelm-Staab- Straße und die heutige Kita des Evangelischen Jugendfürsorgewerks (EJF) in der Straße Am Kanal. Auch Plätze und sogar Straßen finden sich auf dieser Liste. So ist etwa das Kopfsteinpflaster in der Spornstraße ein Denkmal, weil es noch aus dem 18. Jahrhundert stammt und damit das einzige erhaltene Straßenpflaster aus der Barockzeit in Potsdam ist.

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