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Denkmal in Potsdam: Wagenhalle am Hauptbahnhof: Gute Lösung oder „Augenkrebs“?

Die alte Wagenhalle am Hauptbahnhof soll um einen Hotelneubau ergänzt werden. Der Entwurf für den neuen Baukomplex löst allerdings nicht nur Begeisterung aus.

Von Peer Straube

Potsdam - Am Hauptbahnhof bahnt sich der nächste Streit über den Umgang mit einem Denkmal in Potsdam an. Die Berliner Newstone Immobilien GmbH will die ehemalige Wagenhalle zwischen Bahnhofsgebäude und den Semmelhaack-Wohnblocks in der Friedrich-Engels-Straße zu einem Hotel- und Apartmentkomplex entwickeln. Das Unternehmen plant dafür eine teilweise Überbauung der denkmalgeschützten Halle, in der sich derzeit unter anderem ein Sexkino und ein Dönerladen befinden. Der Neubau stößt bei Teilen der Stadtpolitik und bei der Bürgerinitiative Mitteschön allerdings auf Ablehnung. Die Kritiker fürchten eine neue Bausünde in der Potsdamer Innenstadt.

Dabei hatten der Eigentümer und die Stadt eigens ein sogenanntes Werkstattverfahren durchgeführt, im Prinzip also einen Gestaltungswettbewerb für das Ensemble. Drei Büros hatten sich beteiligt, einstimmig zum Sieger gekürt wurde das renommierte Architekturbüro Tchoban/Voss, das in Potsdam unter anderem am vielgerühmten Entwurf für die Bebauung der nördlichen Speicherstadt beteiligt war. Entstehen soll ein L-förmiger, bis zu siebengeschossiger Gebäuderiegel, dessen längerer Schenkel über dem hinteren Teil der alten Wagenhalle quasi schwebt – gestützt auf Stahlträgern, die durch das Hallendach „gestanzt“ werden sollen. Dass das Denkmal teilweise überformt werden soll, begründet Newstone mit der „eingeschränkten Nutzung“ als „multifunktionale Veranstaltungshalle“, die der gültige Bebauungsplan festschreibt. Daher sei ein „langfristig wirtschaftlicher Betrieb“ der Wagenhalle nicht möglich, sagte eine Unternehmenssprecherin den PNN. Im Kern, präzisierte die Stadt auf Anfrage, gehe es um die Frage, mit welcher baulichen Ergänzung „eine Wirtschaftlichkeit für die dauerhafte Erhaltung des Denkmals gewährleistet werden kann“. Im Klartext: Wird der Neubau nicht genehmigt, würde Newstone vermutlich einen Abrissantrag für die Wagenhalle stellen.

„Augenkrebs": SPD-Fraktionschef lässt kein gutes Haar am Bauentwurf

Um das Vorhaben überhaupt zu ermöglichen, müssen die Stadtverordneten einer Änderung des B-Plans zustimmen. Ob sie das tun, ist offen. Bei den Stadtverordneten hält sich die Begeisterung über das Projekt, vorsichtig ausgedrückt, in Grenzen. So hält etwa Bürgerbündnis-Fraktionschef Wolfhard Kirsch die angebliche Unwirtschaftlichkeit der Halle für ein vorgeschobenes Argument. Das Gebäude sei saniert und vermietet. Dass die Mieteinnahmen den Betrieb nicht decken, „kann mir keiner weismachen“, sagte Kirsch, der selbst als Bauunternehmerträger arbeitet. Ob er dem Vorhaben zustimme, sei offen. Kein gutes Haar ließ auch SPD-Fraktionschef Pete Heuer an dem Projekt. Der Anblick verursache „Augenkrebs“, sagte er den PNN. Die Architektur des Neubaus nehme keinerlei Bezug zum Denkmal selbst, stattdessen wirke er wie ein „hingeklatschter Fremdkörper“. Seine Fraktionskollegin Babette Reimers, die für die SPD im Bauausschuss sitzt und selbst Architektin ist, hat hingegen eine andere Auffassung. „Ich halte das für eine gelungene Lösung“, sagte sie. „Denkmalschutz ist eine schöne Sache, aber kein Selbstzweck.“ Auch Ralf Jäkel (Linke) kann mit dem Neubau leben. Rechte Begeisterung kommt beim Bauausschussvorsitzenden aber auch nicht auf. Immerhin „beschädigt er das Denkmal nicht“, sagte er den PNN. „Wenn man bedenkt, was da sonst noch so alles steht, hält sich der Neubau noch zurück“, erklärte Jäkel in Anspielung auf das riesige Bahnhofsgebäude und die benachbarten, ebenfalls wenig filigranen Semmelhaack-Häuser. Am härtesten ging die Bürgerinitiative Mitteschön mit dem Vorhaben ins Gericht. Auf ihrer Internet-Homepage warnte sie „nach dem blu und dem ILB-Gebäude“ vor dem „nächsten Architekturdesaster“. Die Fassade sei „x-beliebig und langweilig“.

Bei Newstone glaubt man trotz der Kritik nicht an ein Scheitern des Projekts. Die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten sei „sehr positiv und konstruktiv“ gewesen, so die Sprecherin. Die Realisierung werde „eine nachhaltige Verbesserung und Weiterentwicklung des Standorts zur Folge haben“. Zu den Details hält sich das Unternehmen allerdings noch bedeckt. Wie viele Betten und wie viele Apartments entstehen sollen, werde im „weiteren Planungsverfahren“ konkretisiert, hieß es lediglich. Auch eine belastbare Investitionssumme könne noch nicht genannt werden. Klar ist lediglich, dass die Mieter, deren Verträge jetzt oder 2018 enden, die Halle verlassen müssen. Welche das sind, blieb offen. Jene mit längerfristigen Verträgen sollen bleiben können, auf den restlichen Flächen der Halle sollen unter anderem das Hotel-Foyer, Tagungsräume und ein Restaurant untergebracht werden.

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