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Landeshauptstadt: Denkmal am Brauhausberg

Außer einer Grundsteinlegung im Oktober 1946 passierte nichts

„Gern möchte ich Sie auf den geplanten Bau eines groß angelegten Ehrenmals für die Opfer des Faschismus der Provinz Mark Brandenburg aufmerksam machen, für welches vermutlich Ende der vierziger Jahre Geld gesammelt wurde“, schreibt PNN-Leser Siegfried Jahn und legt die Kopie einer Ansichtskarte bei.

Das Bild zeigt eine umfriedete parkähnliche Anlage mit einer imposanten Baulichkeit an der Stirnseite: ein U-förmig angelegter Wandelgang aus Rundbögen mit einem Obelisken im Zentrum. Auf dessen Spitze sollte offenbart eine ewige Flamme lodern.

Die Postkarte war Bestandteil einer ganzen Serie so genannter „Bausteine“, wie sie im ersten Jahr nach Kriegsende verkauft wurden, um verschiedene Gedenk-Projekte zu finanzieren. „Ich habe selbst noch irgendwo solch einen Baustein für das Buchenwald-Denkmal“, berichtet Hartmut Knitter, langjähriger Leiter der Abteilung Geschichte des Potsdam Museums. Der Potsdamer „Baustein“ aus der Serie I kostete zwölf Reichsmark. Das war zwar viel Geld für eine simple Postkarte, doch nach der baldigen Währungsreform dürfte von dem gesammelten Geld nicht mehr viel vorhanden gewesen sein.

„Im Jahre 1946 hat es eine Grundsteinlegung gegeben“ weiß Dr. Edeltraud Volkmann-Block, Mitarbeiterin im Potsdam-Museum. Die Historikerin verweist auf die Publikation „Potsdam im Bild der Geschichte“, dessen zweiten Teile das Potsdam-Museum im Jahre 1986 herausbrachte. In diesem von Dieter Schulte zusammengestellten Werk ist auf Seite 45 eine Abbildung von der Grundsteinlegung zu sehen. Die Bildunterschrift lautet: „Grundsteinlegung eines Denkmals für die Opfer des Faschismus am Fuße des Brauhausberges Potsdam, 27. Oktober 1946.“ Offenbar im Eiltempo war hier ein Grundstein zusammengemauert worden, über den Heinrich Rau, später stellvertretender Ministerpräsident der DDR, den Hammer schwang. Vorangegangen war dieser Zeremonie ein „Marsch der Potsdamer Werktätigen zur Ehrung der Helden des antifaschistischen Widerstandskampfes und der Opfer des deutschen Faschismus“ über die Lange Brücke. Das historische Foto zeigt einen mächtigen Menschenstrom, der sich entlang der alten Straßenbahntrasse zwischen den Ruinen des Stadtschlosses und des Palasthotels zur Langen Brücke hin bewegt. Angeführt wird die „Demonstration“ unter anderem durch Uniformierte und Zivilisten, die riesige mit Schleifen verzierte Kränze mit sich führen.

Wie es mit dem Denkmal nach der Grundsteinlegung weiter ging, können die Historiker des Potsdam-Museum nicht sagen. Zeitzeugen, wie der 76-jährige Horst Goltz aus der Templiner Vorstadt, können sich nicht an ein Denkmal erinnern. Offenbar ist nach der Grundsteinlegung nie weiter gebaut worden. Hartmut Knitter berichtet, dass es trotz des offiziell propagierten Antifaschismus in der DDR mit der Ehrung der Opfer bis in die siebziger Jahre Schwierigkeiten gegeben habe. Bei zur Veröffentlichung bestimmten Namenslisten von Verfolgten des Naziregimes seien immer wieder einige Namen „durchs Sieb gefallen“, erinnert sich der Historiker. Volkmann-Block ruft in Erinnerung, dass die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), die der Träger solcher Denkmale gewesen war, von der DDR am 3. Februar 1953 kurzerhand aufgelöst wurde. Den Beschluss dazu fasste eine Geheimsitzung des Politbüros der SED. Die VVN, die überwiegend linientreu war, hatte sich, wie Elke Reuter und Detlef Hansel in ihrem Buch „Das kurze Leben der VVN“ berichten, gegen die „Säuberung“ der bewaffneten Organe und der Partei von Westemigranten zur Wehr gesetzt. Von der Organisation blieb nach dem Politbürobeschluss nur der Kopf übrig, der nunmehr „Komitee der antifaschistischen Widerstandskämpfer“ hieß. Für viele VVN-Mitglieder war die Auflösung ihrer Organisation ein Grund, der DDR den Rücken zu kehren. Das Denkmal auf dem Brauhausberg, der zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung noch ein Trümmerfeld war, kam nicht zustande. In den Jahren 1948/49 entstand auf dem Bassinplatz das sowjetische Ehrenmal, das ebenfalls die Form eines Obelisken über einem Steinsockel mit Soldatenfiguren besitzt. Am Eingang des dazu gehörenden Friedhofs mit 680 Gefallenen der Roten Armee stehen zwei Flammenschalen.

Der Brauhausberg, am 14. April 1945 im Zentrum des englischen Bombenangriffs, war nach 1950 zunächst Gegenstand von Enttrümmerungen und blieb anschließend Brachland. Die Trümmerarbeiten wurden Ende der sechziger Jahre wieder intensiviert. „Auf der Suche nach Blindgängern“ lautet die Überschrift eines Berichts der Brandenburgischen Neuesten Nachrichten vom 13. Dezember 1967: „Mehrere zehntausend Kubikmeter Trümmerschutt werden gegenwärtig auf dem Gelände am Brauhausberg abgetragen. Diese Winterarbeit, die vom VEB Tiefbau-Union Potsdam, Sitz Brandenburg, ausgeführt wird, soll im I. Quartal 1968 abgeschlossen sein.“ Ziel war die spätere Bebauung des Geländes. Von einem Grundstein gab es zu diesem Zeitpunkt keine Spur mehr. Zielgerichtet suchte der Munitionsbergungsdienst der Volkspolizei damals nach Überbleibseln aus dem zweiten Weltkrieg. Außer einem „geplatzten Bombenkörper“ fanden die Experten jedoch nichts. Danach konnte das Hallenbad am Fuße des Brauhausberges, das 1971 öffnete, gebaut werden.

Sein „Mahnmal für die antifaschistischen Widerstandskämpfer“ erhielt Potsdam erst 30 Jahre später, am 5. Mai 1975, dem 30. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Deutschland, auf dem Platz der Einheit. Die dazu gehörende Mauer mit der Inschrift „Unsere Opfer, unser Kampf gegen Faschismus und Krieg – den Lebenden zur Mahnung und Verpflichtung“ überstand die folgenden Jahrzehnte und den Zusammenbruch der DDR. Das Denkmal selbst, gestaltet von Joachim Pfitzmann und Werner Berg, das eine Metall-Konstruktion übereinander stehender roter Dreiecke darstellte (Symbol politischer KZ-Häftlinge und Emblem der VVN), ist später durch eine unterbrochene Metallschale ersetzt worden. Diese Schale wurde vor der Wiederaufstellung im Jahre 2000 restauriert und statisch verstärkt. Sie steht heute noch dort.

Wer einen bisher nicht verwirklichten Architektur-Entwurf für die PNN-Serie „Luftschlösser“ vorschlagen möchte, meldet sich unter Tel.: (0331) 2376 134, Fax: (0331) 23 76 300 oder per E-mail an lokales.pnn@pnn.de.

Günter Schenke

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