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Von Potsdam angezogen. Beim Neujahrsempfang des Potsdamer Oberbürgermeisters Jann Jakobs (SPD) wurde die 80-jährige Helga Schütz am Freitag im Nikolaisaal geehrt.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Den guten Geist Potsdams vermehrt

Helga Schütz wurde am Freitag im Nikolaisaal die Ehrenbürgerwürde verliehen – als erster Frau in der 1025-jährigen Geschichte der Stadt Potsdam

Es ist bisher einmalig: Für die Ernennung einer Ehrenbürgerin Potsdams haben sich wohl besonders die Frauen im Stadtparlament eingesetzt, bemerkte Helga Schütz beim Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters, der am Freitag im Nikolaisaal stattfand. In der Geschichte der 1025-jährigen Stadt wurde bislang noch keine Frau diese Würde zuteil. Die Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Hochschulprofessorin ist die erste.

Die Stadtverordneten haben in ihrer Sitzung am 6. Dezember des vergangenen Jahres beschlossen, Helga Schütz zu ehren. Sie sei eine „nicht nur im deutschsprachigen Raum bewunderte und gewürdigte Schriftstellerin, die ihr Potsdamer Leben für ihre Leser in aller Welt erfahrbar gemacht habe“, heißt es in der Begründung.

Helga Schütz hat kein historisches Gebäude wieder aufbauen lassen, keine Millionen gespendet, keine wichtige Einrichtung der Stadt geleitet, doch sie hat den guten Potsdamer Geist mit ihren Filmen und Büchern, mit ihren inspirierenden Gedanken vermehrt. Das ist einer besonderen Würdigung wert. Große Freude darüber sei die erste Reaktion gewesen, bekannte die 80-jährige Ehrenbürgerin in ihrer Dankesrede. „Ich denke daran, wie meine Mutter sich jetzt freuen würde.“ Zugleich legte sie ein bewegendes Bekenntnis zu Potsdam ab. Die Garnisonkirche werde, so Helga Schütz, in ihren neuen Mauern keinen gestrigen Geist beherbergen. Sie werde ein Ort des Friedens sein.

Beim Lesen so mancher ihrer Erzählungen und Romane erfährt man, dass sie zu Dresden eine tiefe Zuneigung empfindet. Als Kind kam sie in die Stadt an der Elbe, erlebte ihre furchtbare Zerstörung und den Tod Tausender Menschen im Februar 1945, aber auch die Überlebenswunder und Hoffnungsgeist der Dresdner. Dieter Wiedemann, ehemaliger Rektor der Filmhochschule Potsdam und Laudator auf Helga Schütz, erinnerte an ihren 2012 erschienenen autobiografisch gefärbten Roman „Sepia“. In ihm lässt sie den Gartenmeister Henn über Eli alias Helga Schütz sagen: „Auf ihrer Laufbahn wurde viel erschlagen, verbrannt, erschossen. Manch einer ist neben ihr auf dem Fluchtkarren verhungert oder erfroren. Eli hat jedoch in der Schornsteinecke des Luftschutzkellers überlebt. Danach ist sie in die Schule gegangen, anschließend in den Botanischen Garten. Nun ist sie siebzehn geworden.“

In einem Jugendmagazin habe das Mädchen, das zunächst Gärtnerin lernte, gelesen, dass man in Potsdam an der Filmhochschule studieren könne. Regie, Schauspiel, Kamera, Dramaturgie. Auch würde es dort für die Lernenden ein Mittagessen geben. Schütz ging nach Babelsberg und studierte Dramaturgie. Von dieser Zeit an ist sie mit Potsdam eng verbunden.

Seit mehr als 50 Jahren lebt Helga Schütz nun in dieser Region, in Groß Glienicke und in Potsdam, nicht weit entfernt von ihrer ehemaligen Wirkungsstätte. Für mehr als 30 Spielfilme verfasste sie Drehbücher. Davon haben mehrere Filme den Ruf eines Filmkunstwerks der DDR erworben, darunter „Die Leiden des Jungen Werthers“, „Wenn du groß bist, lieber Adam“ oder „Lots Weib“. Sie sind zumeist unter der Regie von Egon Günther entstanden. Doch, so hat Schütz im Herbst im Filmmuseum in einer Veranstaltungsreihe mit ihren Filmen bekannt, wollte sie auch etwas ganz Eigenständiges schaffen, für das sie ganz und gar verantwortlich sei. So schrieb Helga Schütz Erzählungen und Romane, in denen sie vor allem die Kindheit und das Erwachsenwerden zum Thema machte.

Bis heute ist sie eine produktive Schriftstellerin. Im Jahre 1973 bekam Helga Schütz den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR verliehen. Dieter Wiedemann erinnerte daran und zitierte eine treffende Einschätzung, die immer noch zutrifft: „Sie hat eine kluge Grazie und eine Bescheidenheit, die auf natürlichem Takt gewachsen ist. Sie hat, was sie aufschreibt, erworben und geprüft und gewogen und danach viel Liebe und immer wieder Liebe daran gewendet.“

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