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Vermittlerin. Beraterin Thi Hai Ninh Do (l.) mit Almuth Hartwig-Tiedt.

© Klaer

Landeshauptstadt: Den Druck nehmen

Projekt hilft Familien aus Vietnam bei Konflikten

Auf den ersten Blick scheinen die in Potsdam lebenden Vietnamesen bestens integriert zu sein. Im vergangenen Schuljahr hätten in Potsdam 100 Prozent der Vietnamesen aus den siebten Klassen ein Gymnasium besucht, sagt Thi Hai Ninh Do vom Projekt „Tuong Lai - Zukunft durch Bildung“. Aber unter der Oberfläche brodelt es. „Der Leistungsdruck ist sehr hoch“, sagt Do. Für die Eltern hätten Fleiß, Erfolg und Ansehen einen hohen Stellenwert. Das führe oft zu großen Konflikten innerhalb der Familien, teilweise sogar zu psychischen Problemen bei den Jugendlichen, sagt Do. In dem 2015 entstandenen Projekt im Stadtteil Schlaatz berät sie vietnamesische Familien in Erziehungsfragen und klärt sie über das deutsche Bildungssystem auf. Auch Informationsveranstaltungen werden organisiert. Brandenburgs Sozialstaatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt und die Landesintegrationsbeauftragte Doris Lemmermeier besuchten das Projekt am Freitag.

Die Eltern würden oft als Selbständige arbeiten und hätten wenig Zeit für die Kinder, gleichzeitig sei das Schamgefühl bei Misserfolgen des Kindes groß, erklärte die Projektmitarbeiterin. Ein Problem sei auch, dass die Eltern oft vor allem Vietnamesisch und weniger Deutsch sprechen würden, bei deren Kindern sei es das Gegenteil. „Wir versuchen, eine Brücke zwischen beiden zu bauen“, sagte Do. Wichtig sei es, dass die Kinder nicht nur gute Leistungen erbringen, sondern Freude am Lernen entwickeln und ihren späteren Beruf frei wählen können. Um den Druck zu reduzieren, vermittelt sie nicht nur zwischen Eltern und Kindern, sondern auch zwischen Schulen und Familien sowie den Behörden. Es gehöre zu deren Kultur, dass negative Dinge nicht nach außen getragen werden, daher wirke es oft so, als ob sie gut integriert seien, erklärt Projektkoordinator Daniel Birk. „Es geht ihnen darum, das Gesicht zu wahren“, fügt Do hinzu.

Das Projekt wird größtenteils von der Aktion Mensch und zum Teil vom Brandenburger Sozialministerium finanziert. Im Herbst läuft die Förderung aus. „Der Bedarf ist größer als erwartet“, betont Geschäftsführerin Juliane Mucker. Derzeit stehe aber noch nicht fest, ob das Projekt weitergeführt werden könne, sagt sie. Derzeit leben offiziell 400 Vietnamesen in Potsdam, in ganz Brandenburg seien es 3500. Jedes Jahr kämen weitere hinzu, sagt Do. Daher sei es wichtig, weiter Ansprechpartner zu bleiben. birf

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