zum Hauptinhalt
Saskia Hüneke hinterlässt ihre Schuhabdrücke. 

© Sebastian Gabsch

Demokratiedenkmal in Potsdam: Ein feiner Schritt für die Menschheit

Auf dem Luisenplatz soll ein Denkmal in Erinnerung an die große Demonstration vom 4. November 1989 entstehen. Dafür wurden nun die ersten Schuhabdrücke von Beteiligten gefertigt. Im Kunsthaus Sans Titre ist die Fotoausstellung eröffnet.

Potsdam - Mit dem beschuhten linken Fuß wippt er auf einer Unterlage stehend ein wenig nach vorne und hinten. Dann zieht Olaf Gutowski sein linkes Bein vorsichtig nach oben. Zurück bleibt sein Schuhabdruck, gebannt in Pappmaché, das in diesem Moment noch die Konsistenz von zähem Teig hat. Bald wird es trocken werden und so das Profil der Schuhsohle gleichsam archivieren.

[Abonnieren Sie kostenlos den neuen PNN-Newsletter "Potsdam Heute": Hier geht es zur Anmeldung.]

Auch Olaf Gutowski beteiligte sich an der Aktion. 
Auch Olaf Gutowski beteiligte sich an der Aktion. 

© Sebastian Gabsch

Der Potsdamer Olaf Gutowski war am vergangenen Samstag (06.06.2020) unter denen, die im Kunsthaus Sans Titre in der Französischen Straße ihren Schuhabdruck für das Demokratiedenkmal abgegeben haben, dessen Einweihung für den 4. November geplant ist (PNN berichteten). Im Boden eingelassen soll das Kunstwerk an seinem künftigen Standort auf der Nordseite des Luisenplatzes unweit der Fontäne an die große Demonstration erinnern, die am 4. November 1989 hier an diesem Ort stattfand, der damals noch Platz der Nationen hieß.

So soll das "Denkmal für die Potsdamer Demokratiebewegung, 4.11.1989" aussehen.
So soll das "Denkmal für die Potsdamer Demokratiebewegung, 4.11.1989" aussehen.

© Sebastian Gabsch

Kosten von 120.000 Euro sind veranschlagt

Nach den Plänen des Potsdamer Künstlers Mikos Meininger, dessen gemeinsam mit dem Architekten Frederic Urban geschaffener Entwurf von einer Jury ausgewählt wurde, sollen auf dem Denkmal künftig die Schuhabdrücke von Menschen zu sehen sein, die an der historischen Demonstration in Potsdam teilgenommen hatten. Und Meininger wird in sein Kunstwerk auch damalige Losungen einarbeiten, wie etwa „Wehrersatzdienst für alle“, „Schluss mit der Bevormundung“ oder „Freie Wahlen - Jetzt!“.

Mikos Meininger hat gemeinsam mit dem Architekten Frederic Urban die Pläne für das Denkmal entworfen. 
Mikos Meininger hat gemeinsam mit dem Architekten Frederic Urban die Pläne für das Denkmal entworfen. 

© Sebastian Gabsch

Die aus einem Kunststoff bestehenden Schriftzüge sollen dabei - weil phosphoreszierend - auch nach Einbruch der Dunkelheit erkennbar bleiben. Das hauptsächliche Material des Denkmals wird Gussstahl sein. Die metallenen Platten sollen von ihrer Form und Anordnung her das Datum 4.11.1989 ergeben. Die Schuhabdrücke wird man dann ebenfalls auf diesen Platten sehen. Die Schriftzüge der Losungen werden sich gleichsam wie zerstückelte Bänder über das Kunstwerk legen. Kosten von 120.000 Euro sind für das Denkmal veranschlagt.

Weitere Demonstranten von damals sollen Abdrücke spenden

Olaf Gutowski war 15 Jahre alt, als er 1989 mit zwei Freunden auf der heute historischen Kundgebung erschien. So berichtete er am vergangenen Samstag im Sans Titre. „Ich war damals in der Erlösergemeinde, die mit Pfarrer Martin Kwaschik einen Redner bei der Demo hatte.“

Spuren hinterlassen: Wer damals dabei war, soll mit seinen Schuhen auf dem Denkmal verewigt werden. 
Spuren hinterlassen: Wer damals dabei war, soll mit seinen Schuhen auf dem Denkmal verewigt werden. 

© Sebastian Gabsch

Mikos Meininger ruft indes zu weiteren Schuhabdruckspenden von damaligen Demonstranten auf. Wer Sorge um seine Schuhe haben sollte: Beim Start der Aktion am Samstag blieb keine Sohle im feuchten Pappmaché kleben. Als Trennmittel diente handelsübliches Mehl.

Die Potsdamerin Heike Roth, die 1989 noch in Westberlin lebte, sagte am Rande der Veranstaltung: „Ich bin heute echt total happy.“ Sie hatte - nach eigener Aussage gemeinsam mit Gabriele Schnell, der damaligen Beauftragten der Stadt Potsdam für die Gedenkstätte Lindenstraße - im Jahre 2013 die Idee für ein solches Denkmal.

In der Fotoausstellung sind unter anderem Bilder von Bernd Blumrich zu sehen. 
In der Fotoausstellung sind unter anderem Bilder von Bernd Blumrich zu sehen. 

© Sebastian Gabsch

Erinnerungsstücke sollen zur Verfügung gestellt werden

Unter denen, die am Samstag einen oder beide Schuhabdrücke bei Meininger zurückließen, waren die Potsdamer Kommunalpolitikerin Saskia Hüneke (Grüne), sowie der Kleinmachnower Fotograf Bernd Blumrich. Einige seiner Fotos kann man jetzt in einer Ausstellung betrachten, die am Samstag ebenfalls im Sans Titre eröffnet wurde. Gezeigt werden Aufnahmen vor allem aus der Zeit des politischen Umbruchs 1989/90

Ebenso sind Fotos von Klaus D. Fahlbusch ausgestellt. 
Ebenso sind Fotos von Klaus D. Fahlbusch ausgestellt. 

© Sebastian Gabsch

Außer Blumrichs Bildern werden auch Aufnahmen der Fotografen Klaus D. Fahlbusch, Joachim Liebe und Michael Lüder ausgestellt. Die Installation der Fotos von Blumrich in der neuen Schau bietet einen besonderen Clou: Über einen QR-Code, der neben den Bildern angebracht ist, gelangt man mit dem eigenen Smartphone zu historischen Tonaufnahmen von Reden, die auf der Demonstration am 4. November 1989 in Potsdam gehalten wurden.

Noch bis zum 12. Juli kann die Schau im Kunsthaus Sans Titre besucht werden. 
Noch bis zum 12. Juli kann die Schau im Kunsthaus Sans Titre besucht werden. 

© Sebastian Gabsch

Die jetzt eröffnete Fotoausstellung, die mit Beschriftungen leider etwas geizt, ist ein Werkstattprojekt. Werner Ruhnke, Vorsitzender des Vereins Sans Titre, ruft dazu auf, Erinnerungsstücke mit Bezug auf den politischen Umbruch 1989/90 in Potsdam für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Auch wenn die Schau, die noch bis zum 12. Juli zu sehen ist, nun bereits begonnen hat, werde man gern geeignete Gegenstände oder Geschichten noch integrieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false