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Demo in Potsdam für bessere Kitas: Mehr Zeit für die Kinder

Rund 2000 Erzieher, Kinder und Eltern demonstrierten am Mittwoch auf dem Alten Markt für eine bessere Kitafinanzierung im Land Brandenburg. Am Ende stand zumindest ein Zwischenerfolg.

Potsdam - Sie tragen Luftballons und Trillerpfeifen, haben für diesen Anlass bunte T-Shirts angefertigt oder Transparente: Viele kleine bunte Hände sind auf einem Banner zu sehen, daneben die Forderung: „Unsere Hände für mehr Erzieher*innen-Hände“. Anderswo wird ein großer plattgedrückter Pappkarton nach oben gehalten, bemalt mit einem Gesicht, dazu eine Sprechblase: „Ich fühl’ mich manchmal wie am Marterpfahl“. Am Mittwochmorgen haben Erzieher, Eltern und Kinder auf dem Alten Markt für eine bessere Kitafinanzierung im Land demonstriert. Aufgerufen hatten die Kitaträger. Sie fordern seit Langem eine auskömmliche Finanzierung: Es geht es um eine Kostenbeteiligung für zehn Stunden statt bisher für 7,5 Stunden, die so genannte dritte Betreuungsstufe.

Rund 2000 Teilnehmer waren nach Schätzungen der Veranstalter im Laufe des Vormittags, von 8 bis 11 Uhr, dabei. Noch einmal weit mehr Unterschriften seien gesammelt worden. Der Karton mit den Listen wurde Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) unter Applaus und Pfiffen auf der Bühne übergeben. Auch viele Landtagsabgeordnete hatten sich unter die Protestierenden gemischt. Dass das Kita-Thema am Mittwoch auf der Tagesordnung im Landtag stand, war der Anlass für die Terminwahl. Von der Bühne gab es von Politikern fast aller Fraktionen Beifall für das Anliegen. Und für die Demonstranten am Ende zumindest einen Zwischenerfolg: Vertreter der rot-roten Regierungskoalition kündigten an, nach der Einführung des beitragsfreien letzten Kitajahres auch bei der Finanzierung nachzubessern – „noch in dieser Legislaturperiode“, wie SPD-Fraktionschef Mike Bischoff sagte. Also bis 2019.

Kinder kamen laut Potsdamer Kita-Leiterin freiwillig mit auf die Demo

Ein Großteil der Demonstranten kam aus Potsdam, aber auch Einrichtungen aus Potsdam-Mittelmark und anderen Landesteilen waren vertreten. Weil es so heiß war, blieben die Gruppen meist nicht über den kompletten Zeitraum. Es wurde Wasser ausgereicht, Zelte boten auf dem ansonsten schattenfreien Alten Markt zumindest etwas Schutz vor der prallen Sonne. Für die Kinder gab es Spielangebote, Seifenblasen, eine Hüpfburg, eine Clownin. Für viele wird es die erste Demonstration gewesen sein.

Das habe man bei der Vorbereitung auch berücksichtigt, sagte etwa Susanne Mann, Leiterin der Kita Geolino auf dem Potsdamer Telegrafenberg, die von der Hoffbauer-Stiftung getragen wird. Von den insgesamt 44 dort betreuten Kindern kamen neun im Alter von vier bis sechs Jahren mit zur Demo – auf freiwilliger Basis, wie die Leiterin sagte. Vorher habe man unter anderem darüber gesprochen, wieso man überhaupt auf die Straße gehe. Das sei auch ein Stück Demokratiebildung, sagt die Kita-Leiterin: „Die Kinder sollen von Anfang an ihren Mund aufmachen dürfen und Formen von Mitbestimmung kennenlernen.“ In der vergleichsweise kleinen Kita macht sich die fehlende Finanzierung der über 7,5 Stunden hinausreichenden Betreuungszeit bemerkbar, erklärte Mann: „Wir verteilen das Personal auf die lange Öffnungszeit und haben dann weniger Leute.“ Darunter leide das Bildungsangebot.

„Wir wollen eine Personalfinanzierung, die dem Stundenumfang entspricht“

Auch Eltern bekommen die Engpässe beim Personal zu spüren: Jana Dotzek etwa, Mutter einer Tochter, die die Fröbel-Kita Springfrosch in Golm besucht, berichtete den PNN davon, dass Eltern in Notlagen mit Ausfällen beim Personal mitunter schon gebeten worden sind, ihre Kinder früher abzuholen. Der Kitaträger schließe mittlerweile gar keine Verträge mehr über mehr als 7,5 Stunden ab. Wie Dotzek, die gerade ihr zweites Kind erwartet, dessen Betreuung später regeln wird, ist deshalb noch offen. „Ich möchte eigentlich wieder voll arbeiten gehen“, sagte die Biologin. Die Demo sieht sie als wichtiges Zeichen: „Ich hoffe, dass wir hier Gehör finden.“ 120 Kinder werden in der Kita betreut, sagen die Erzieher Jascha Herz und Sarah Schlotz. Durch die Finanzierungslücke für Kinder, die länger als 7,5 Stunden in der Kita bleiben, fehle Personal. Das potenziere sich in Urlaubszeiten oder bei Krankheitsfällen. Im Extremfall habe man zu zweit schon 70 Kinder betreuen müssen. Pädagogische Arbeit sei da nicht mehr möglich.

Angespannt ist die personelle Lage auch an der Kita Morgensonne in Teltow, Träger ist das Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin: Für die 110 Kinder gibt es dort 17 Erzieher, wie die Leiterin sagte. Im Durchschnitt fielen pro Kopf zehn Überstunden im Monat an. Soll das dann ausgeglichen werden, reiße das weitere Lücken in die Personaldecke: „Wir wollen eine Personalfinanzierung, die dem Stundenumfang entspricht.“

Von der Arbeiterwohlfahrt waren Vertreter aller 19 Potsdamer Kitas vor Ort, wie Awo-Chefin Angelika Schweers den PNN sagte. Man wolle sowohl die Beitragsfreiheit für Eltern als auch eine bessere Finanzierung für die Erzieher, betonte sie: „Wir lassen uns da nicht gegeneinander ausspielen.“ Schweers forderte Verbindlichkeit: „Es muss einen festen Plan geben, nicht nur die üblichen Versprechungen.“

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