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Lautstark gegen hohe Mieten. Teilnehmer der Demonstration am Freitag.

© A. Klaer

Demo gegen hohe Mieten: Mit markigen Worten gegen Verdrängung

Mit 500 Teilnehmern blieb die Mietenstopp-Demo am Freitag unter den Erwartungen der Initiatoren. Deftige Worte gab es bei der Kundgebung trotzdem.

Potsdam - Eigentlich hatten die Veranstalter auf um die 800 Teilnehmer gehofft. Doch fünf Minuten, bevor die groß angekündigte „Mietenstopp-Demo“ am Leipziger Dreieck neben der neuen Schwimmhalle beginnen sollte, waren erst einige Dutzend Teilnehmer zusammengekommen. „Das scheint ja keinen zu interessieren mit der teuren Miete“, rief ein junger Mann etwas enttäuscht aus, der sich gerade zur Startkundgebung hinzugesellte.

Doch innerhalb der nächsten Viertelstunde kamen noch etliche Demonstranten dazu, am Ende zogen am Freitag rund 500 Menschen aus dem zumeist linken Spektrum durch die Stadt, um ihrem Ärger Luft zu machen – über aus ihrer Sicht immer höhere Mieten, aber auch über den grundsätzlichen Kurs der Stadtentwicklung. „Wir lassen uns nicht mehr verdrängen“, war eine Losung von vielen. Potsdam sei inzwischen eine der teuersten Städte der neuen Bundesländer, nur noch gut Betuchte könnten sich das Leben hier leisten, hieß es. Begleitet wurde die Demonstration von einem großen Polizeiaufgebot, es bestand ein Glasflaschen- und Alkoholverbot. Weil die Aktivisten auch über die Lange Brücke und die Breite Straße zogen, kam es ab 17.15 Uhr zu Behinderungen im Feierabendverkehr.

„Potsdam soll nur noch eine schöne Residenz sein“

Die Route war bewusst gewählt und führte an den Orten entlang, die beim Dauerstreit um die Stadtentwicklung immer wieder eine Rolle spielen. So sei der Kampf um den Erhalt der Fachhochschule (FH) und des benachbarten Wohnblocks Staudenhof noch lange nicht vorbei, sagte eine Rednerin. Bekanntlich soll die FH nach den Plänen der Stadt ab Herbst abgerissen werden, stattdessen sind zwei Wohn- und Geschäftskarrees auf historischem Stadtgrundriss geplant, versehen mit einzelnen Barockfassaden. Für den Staudenhof dagegen gilt noch ein Moratorium bis 2022, dessen Sozialwohnungen sollen dann durch Neubauten zu denselben Konditionen ersetzt werden.

Für André Tomczak wird mit solchen Planungen eine „falsche Priorität“ gesetzt: „Potsdam soll nur noch eine schöne Residenz sein.“ Wohnraum für normale Bürger werde immer teurer, rief Tomczak, der Sprecher der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ – die das letztlich vor Gericht gescheiterte und von 15 000 Potsdamern unterschriebene Bürgerbegehren gegen den Abriss von DDR-Bauten in der Mitte initiiert hatte. Im weiteren Verlauf der Demonstration forderte er einen langfristigen Erhalt des Rechenzentrums und kritisierte den daneben geplanten Bau des Turms der Garnisonkirche, finanziert mit Bundesmitteln und Geldern der Evangelischen Kirche. Doch dieses Projekt trage „revanchistische Züge“, sagte Tomczak und erntete Beifall. Ebenso markig wandte er sich gegen die „scheiß rosa Fassaden in der Spornstraße“ – die bis vor Kurzem noch heruntergekommenen Altbauten hat der Potsdamer TV-Moderator Günther Jauch sanieren lassen.

Noch vor fünf Jahren kamen deutlich mehr Teilnehmer zur Demo gegen hohe Mieten

Auch Vertreter aus Mietergemeinschaften meldeten sich bei der Demo zu Wort – etwa der Verein Mieteschön, der knapp 50 Mieter in der Siedlung am Brauhausberg vertritt, mit deren Sanierung die kommunale Bauholding Pro Potsdam gerade beginnen will. Doch der Verein fürchtet deutlich steigende Mieten, will nun selbst einen Teil der Siedlung kaufen und selbst instand halten. „Wir fordern einen Baustopp“, so ein Sprecher. Die Pro Potsdam hat das bereits zurückgewiesen. Auch Mieter der Babelsberger Tuchermacherstraße, die ihr Haus schon von der Pro Potsdam kaufen konnten, äußerten sich über eine Sprecherin: „Es war ein Kauf aus der Not heraus.“ Letztlich habe man mit Hilfe des bundesweiten Miethäusersyndikats das Gebäude erwerben können: „Letztlich konnten alle Mieter bleiben.“

Doch blieb die Resonanz unter dem Niveau anderer Demos gegen hohe Mieten – so waren vor fünf Jahren mehr als 2000 Menschen zu einem ähnlichen Anlass auf die Straße gegangen. Organisator Lutz Boede von der Fraktion Die Andere, der die Demo für das Bündnis „Stadtmitte für alle“ angemeldet hatte, erklärte die geringere Zahl mit der vergleichsweise geringen Vorbereitungszeit. Zudem sei eben Freitag, manche potentielle Teilnehmer hätten wohl noch Termine, so Boede. Derweil rief Claudia Fortunato vom Spartakus-Verein im Freiland-Jugendzentrum dazu auf, sich weiter gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums zu stellen: „Wir lassen uns nicht unterkriegen.“

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