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Debatte um Zukunft der Biosphäre: Im Kostendschungel

Am Mittwoch ist die defiztäre Tropenhalle Thema in der Stadtverordnetenversammlung. Warum die Stadtpolitik mit dem Vorschlag der Rathausspitze zum Weiterbetrieb der Biosphären-Tropenhalle hadert.

Potsdam - Es geht um etwa 1,5 Millionen Euro, die Potsdam jährlich für andere Dinge ausgeben könnte. So hoch ist der Zuschuss für die chronisch defizitäre Biosphären-Halle, die Potsdam regelmäßig einen Eintrag im Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler beschert. Insofern sorgen die Pläne der Rathausspitze, die Tropenhalle wieder zu verschönern, für 20 Jahre an einen privaten Investor abzutreten und dafür zunächst mit 1,9 Millionen Euro pro Jahr noch mehr Geld zu zahlen, bei vielen Kommunalpolitikern für Bedenken. Am morgigen Mittwoch steht das Thema erstmals auf der Tagesordnung des Stadtparlaments. Und schon jetzt zeichnet sich eine Mehrheit ab, die die Pläne der Stadt noch debattieren und korrigieren will.

Deutlich werden die Grünen. Fraktionschefin Janny Armbruster sagte den PNN, sie werde die Pläne nicht unterstützen. Denn mit der Vergabe an einen Investor könne die Stadt handlungsunfähig werden und zahle weiter. Wichtig sei ein ergebnisoffenes Nachdenken über die Halle und deren energetisches Grundproblem – wegen der hohen Heizkosten. Sie könne sich auch einen Neubau an gleicher Stelle vorstellen, mit Funktionen für das mit wenig sozialer Infrastruktur versehene, schnell wachsende Bornstedter Feld.

Sanierungsbedarf für 6,5 Millionen Euro

Wie berichtet hatte die Stadtspitze in den vergangenen Monaten andere Nutzungsmöglichkeiten für die Halle durchgerechnet. Aber sowohl eine Schule als auch eine Mehrzweckhalle, ein Jugendklub oder ein Domizil fürs Naturkundemuseum erwiesen sich als zu teuer im Unterhalt. Zugleich scheut man eine Abrissdebatte, aus Sorge vor öffentlicher Empörung. Erschwerend kommt der Sanierungsbedarf der Halle hinzu, der bei 6,5 Millionen Euro liegt – vor allem geht es um Korrosionsschäden durch Tauwasser. Für Investitionen in eine noch attraktivere Halle geht die Stadt von weiteren knapp 3,3 Millionen Euro aus. Dadurch steigen aber auch die nötigen Zuschüsse der Stadt auf die besagten 1,9 Millionen Euro pro Jahr, schließlich müssen die Investitionen refinanziert werden.

Inwiefern diese Kosten das Rathaus oder der private Partner tragen muss, ließ Stadtsprecher Stefan Schulz auf PNN-Anfrage zuletzt offen. „Ziel ist es, einen privaten Partner zu finden, der die Biosphäre selbst und auf eigene Kosten saniert, attraktiviert und auf eigenes Risiko bewirtschaftet.“ Um diesen Investor zu finden, werde ein Wettbewerb durchgeführt. Die Investitionskosten des privaten Partners könnten „gegebenenfalls und in Teilen“ in Form von städtischen Zuschüssen zum Betrieb mitgetragen werden.

Angesichts dieser recht diffusen Aussagen ist die Entscheidung nicht einfach. Die SPD-Fraktion hat inzwischen eine Arbeitsgruppe zur weiteren Debatte eingerichtet, wie Fraktionschef Pete Heuer bestätigte. Dabei sollen noch einmal alle Varianten für eine künftige Nutzung durchgespielt werden. Diese müsse sich am Bedarf vor Ort orientieren, sagte Heuer. Wie berichtet wird in dem schnell wachsenden Viertel ein Jugendtreff oder ein öffentliches Stadtteilzentrum benötigt. Eventuell müsste die Stadt noch weitere Varianten untersuchen, so Heuer.

Absage an Jugendklub 

Weitere Variantenprüfungen forderte auch Heuers CDU-Kollege Matthias Finken: „Die Entscheidung über die Zukunft der Biosphäre ist die vielleicht letzte Möglichkeit, im Potsdamer Norden bisher nicht vorhandene soziale Einrichtungen zu erhalten.“ Ähnlich äußern sich auch die Linken – und haben nun mehrere Fragenkomplexe an die Stadtverwaltung und die Landesregierung zur Zukunft der Tropenhalle gesendet. Bisher hatte die Stadt als konkrete Änderung zum bisherigen Betrieb einzig mehr Gastronomie in Aussicht gestellt, die auch öffentlich nutzbar wäre. Das war wegen der Zweckbindung der Fördermittel, die einst den Bau mitfinanzierten, bisher nicht möglich.

Anderen Varianten wie der Einbau eines Jugendklubs wird dagegen eine Absage erteilt. „Das würde zu Funktionseinschränkungen bei beiden Einrichtungen – der Tropenhalle, wie dem Jugendclub – führen“, sagte Stadtsprecher Schulz. Insofern sei das nicht vorgeschlagen worden.

Die Frage ist auch: Warum gibt es nicht einfach eine Ausschreibung für ein besseres Konzept, das wie gehabt von der kommunalen Bauholding Pro Potsdam als Hallenbetreiber umgesetzt wird? Dazu erklärte Schulz auf Anfrage, die in den vergangenen Jahren bereits erfolglos verlaufenen Ausschreibungen für einen Betreiber seien deutlich anders als das jetzt auszuschreibende Konzept, „sodass eine neue Ausschreibung vergaberechtlich zwingend notwendig ist“. Zudem sei die Pro Potsdam bisher jeweils nur übergangsweise als Betreiber eingesetzt worden. Eine einfache Konzeptausschreibung sei daher nicht möglich. Und: Würde die Suche nach einem Betreiber für die zur Bundesgartenschau 2001 eröffneten Halle einmal mehr erfolglos verlaufen, wird die Pro Potsdam wieder einspringen müssen. Auch das ist in der Beschlussvorlage für die Stadtverordneten so festgehalten. Dann wären zunächst weiterhin 1,9 Millionen Euro städtische Zuschüsse fällig.

Angesichts dessen denken manche Stadtpolitiker inzwischen auch über radikale Lösungen nach, um diesen „wirtschaftlichen Schwachsinn“ zu beenden, wie es Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis ausdrückt. Besser wäre es aus seiner Sicht, die Halle für einen symbolischen Euro zu verkaufen, damit der Stadt keine weiteren Kosten entstehen: „Dann soll Investor damit machen, was er denkt.“

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