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Zum Kreativquartier gehört auch der Neubau des Langen Stalls. Das Areal soll bis 2023 neu entstehen.

© Visualisierung: Glockenweiß GmbH

Debatte mit Entwickler Glockenweiß: Kunst der Verständigung im Kreativquartier

Investor und Fondsvertreter stellen sich Kritik der Künstler im Rechenzentrum, Streit über künftigen Namen dauert an.

Potsdam - Eine treffende Zusammenfassung der Stimmungslage zwischen den Kreativen aus dem Rechenzentrum und dem Entwickler des neuen Kreativquartiers an der Plantage, Glockenweiß, lieferte der linke Stadtverordnete Hans-Jürgen Scharfenberg: „Die Beteiligung kommt offenbar nicht so an, wie wir uns das vorgestellt haben. Das ist ein Riesen-Defizit.“ Oder um es mit den Worten von Glockenweiß- Geschäftsführer Christopher Weiß zu sagen: „Wir haben Redebedarf.“ Er hatte die Kreativen aus dem Rechenzentrum am Dienstag in den Innenhof des Gebäudes geladen.

Zwei Stunden lang schlug ihm der Unmut, das Unverständnis, teilweise auch die Wut der Künstler und Kreativschaffenden entgegen. So sei man von der Information, dass Glockenweiß das rund 85 Millionen Euro teure Neubauprojekt gemeinsam mit dem Fonds Assiduus Development entwickle, völlig überrascht worden, sagte die Künstlerin Annette Paul. „Wir sind aus allen Wolken gefallen“, sagte sie. Man habe erst bei der Sitzung des Kulturausschusses vor etwa zwei Wochen davon erfahren. Weiß dagegen betonte: „Wir haben gemeinsam gekauft. Wir waren nie allein.“ Die grüne Stadtverordnete Saskia Hüneke pflichtete dem bei: „Es war immer klar, dass Christopher Weiß das Projekt nicht aus eigener Tasche bezahlen kann, sondern einen finanzstarken Partner braucht.“

Kreativquartier als langfristiges Projekt

Um der Kritik zu begegnen, stellte sich auch der Geschäftsführer von Assiduus Development, Alexander Happ, vor. Seine Firma, Ende 2019 gegründet, repräsentiere „eine moderne Nachhaltigkeit“. Zwar müsse man „am Ende auch Gewinne einfahren, um neue Projekte zu finanzieren“. Aber die soziale und ökologische Nachhaltigkeit stehe im Mittelpunkt. Dabei sei auch das Kreativquartier in Potsdam für die Firma langfristig angelegt. „Das Projekt soll nicht verkauft werden, wir sind Partner von Anfang an und wollen es behalten und verwalten“, so Happ. Die Rückmeldung der Kreativen war verhalten positiv. „Es ist nicht so schlecht, wenn sich der Partner Nachhaltigkeit auf die Fahne schreibt“, so Paul.

Alexander Happ.
Alexander Happ.

© Sandra Calvez

Weniger versöhnlich waren die Töne beim Thema Beteiligung. Zwar wurden die Kreativen in verschiedenen Formaten im Lauf des Planungsprozesses zum neuen Kreativquartier angehört und haben auch viel Zeit investiert. „Aber in letzter Zeit hatten wir oft das Gefühl, dass das nicht angekommen ist“, beschrieb Annette Paul. „Wir haben immer wieder versucht, unsere Expertise einzubringen, kamen damit aber offenbar oft zum falschen Zeitpunkt.“ Damit sei eine Chance vertan worden. Anja Engel, Kulturmanagerin im Rechenzentrum, forderte eine kontinuierliche Transparenz und Begleitung. „Wir haben hier im Rechenzentrum ein wunderbares Beispiel dafür, wie es funktionieren kann“, so Engel.

Christopher Weiß entgegnete, er habe den Kreativen vom Rechenzentrum von Anfang an angeboten, deren Expertise anzuhören. Er gab aber auch zu bedenken, der eng gesteckte Zeitplan – bis 2023 muss das neue Quartier stehen, vor wenigen Tagen wurde der Bauantrag gestellt – lasse wenig Zeit für die Planung. „Das war ein Ritt“, so Weiß.

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Debatte um Namen

Keinerlei Verständnis kam aus dem Rechenzentrum für den Vorschlag, das neue Kreativquartier KQSMOS zu nennen. Wie berichtet steht diese Idee einer Kreativagentur derzeit mit fünf weiteren in einer Online-Abstimmung zu Auswahl. „Wie kann man so etwas nur vorschlagen“, entrüstete sich eine Zuhörerin. „Das ist unglaublich respektlos und unsensibel“, kritisierte eine andere. Der Vorwurf: Kosmos sei im Rechenzentrum ein fest etablierter Begriff, der Vorschlag vereinnahme dies. Weiß machte deutlich, auch die Jury sei gespalten gewesen. 

Er persönlich sei auch gegen den Namen KQSMOS. Doch andere hätten die Idee als Umarmung, als Hommage interpretiert. „Diese Umarmung ist gewaltsam, erdrückend und tut richtig weh“, kommentierte Annette Paul. In zwei Wochen, so Weiß Vorschlag, wolle man wieder zusammenkommen, um über den Namen zu sprechen: „Dann müssen wir überlegen, wie wir mit dem Ergebnis der Abstimmung umgehen.“

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