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Auf Einladung des Vereins "Griebnitzsee für Alle" kam SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Sonntag an den Griebnitzsee, unterhalb der Stalin Villa an der Karl-Marx-Straße.

© Thilo Rückeis

SPD-Kanzlerkandidat in Babelsberg: Scholz will freien Uferweg am Griebnitzsee

Der Potsdamer Direktkandidat und Bundesfinanzminister setzt sich für ein vereinfachtes Planungsrecht ein. Vor Ort am Uferweg konterte er auch Widerspruch von Anrainern.

Babelsberg - Der seit Jahren festgefahrene Konflikt um einen freien Uferweg am Griebnitzsee wird Thema im Bundestagswahlkampf. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der derzeit in Umfragen deutlich vorn liegt, machte am Sonntag bei einem Besuch vor Ort in Babelsberg deutlich, dass er sich für einen öffentlichen Spazierweg am Wasser einsetzen will – und dafür auch das Planungsrecht für Kommunen wie Potsdam vereinfacht werden muss, gerade in Bezug auf die Zugänglichkeit von Seeufern. „Ich bin dafür, dass dieser Weg wieder durchgängig wird – und zwar so schnell wie möglich“, sagte Scholz, der im Potsdamer Promi-Wahlkreis 61 auch Direktkandidat ist.

Wahlkämpfer. Er habe es als störend empfunden, „dass es plötzlich nicht weiterging“, sagte Kanzleraspirant Olaf Scholz (SPD) mit Blick auf den Uferweg am Griebnitzsee.
Wahlkämpfer. Er habe es als störend empfunden, „dass es plötzlich nicht weiterging“, sagte Kanzleraspirant Olaf Scholz (SPD) mit Blick auf den Uferweg am Griebnitzsee.

© Thilo Rückeis

Die Lage vor Ort sei bedrückend, so Scholz. Als Fußgänger habe er die von Anwohnern vorgenommenen Sperrungen des Weges über ihre Grundstücke als störend empfunden, also „dass es plötzlich nicht weiterging“. Er wolle sich deshalb für das allgemeine gesellschaftliche Anliegen eines offenen Uferwegs stark machen. „Man darf hier nicht aufgeben.“ 

Daher müsse man dafür Sorge tragen, dass rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen würden, „dass es leichter wird, dieses hier durchzusetzen“. Es gebe eine große Krux im deutschen Planungsrecht mit den Abwägungen von Tausenden Einwänden, ohne dass sich im Ergebnis etwas ändere. Solche langen Planverfahren müssten vereinfacht werden, sagte Scholz – gerade auch im Sinne freier Seeufer. Freilich müssten solche Prozesse auch weiter demokratisch rückgekoppelt sein, also von gewählten Parlamenten beschlossen.

Der einstige Spazierweg ist heute an mehreren Stellen gesperrt.
Der einstige Spazierweg ist heute an mehreren Stellen gesperrt.

© Andreas Klaer

Eingeladen worden war Scholz vom Verein Griebnitzsee für alle. An einem der verbliebenen Seezugänge an der Karl-Marx-Straße 27 kamen rund 100 Gäste zusammen. Vereinschef Walter Raffauf sagte, die Pandemie habe die Wichtigkeit von Naherholungsgebieten, wie es der Weg einst gewesen sei, deutlich gezeigt. Anwesend war auch der Regisseur und Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff, der seit Jahren für den freien Uferweg kämpft: „Ich erhoffe mir mehr Aufmerksamkeit – die Sperrer verlassen sich darauf, dass dieser Zustand hier ein Gewohnheitsrecht wird.“

Unter den Gästen war auch Regisseur Volker Schlöndorff
Unter den Gästen war auch Regisseur Volker Schlöndorff

© Thilo Rückeis

Die Stadt hat die Rückendeckung der Stadtverordneten

Die versperrten Abschnitte, die als Weg längst nicht mehr erkennbar sind, wieder zu öffnen, gilt als sehr ambitioniertes Ziel. Die Stadt Potsdam startet gerade mit einem externen Planungsbüro den dritten Anlauf, einen Bebauungsplan für den Uferweg aufzulegen – mit Rückendeckung einer Mehrheit der Stadtverordneten. Gerichte hatten Potsdams bisherigen Versuchen zur Schaffung eines freien Uferwegs nach entsprechenden Klagen der Anrainer stets eine Absage erteilt – wegen diversen Rechtsverstößen. 

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So hatte die Stadt die Eigentumsrechte der klagenden Anwohner nicht genügend beachtet. Der frühere Postenpfad der DDR-Grenztruppen war nach 1989 als Spazierweg genutzt geworden – allerdings hatte es das Rathaus versäumt, dort für Wegerecht zu sorgen. Ferner waren auch Verhandlungen mit Anrainern gescheitert, die ab 2009 den Weg, der über ihre Grundstücke verlief, an mehreren Stellen sperrten.

Olaf Scholz sprach beim Termin auch mit Gegnern eines geöffneten Uferwegs.
Olaf Scholz sprach beim Termin auch mit Gegnern eines geöffneten Uferwegs.

© Thilo Rückeis

Zu Scholz’ Vor-Ort-Termin kamen auch einige Anwohner, darunter der Chef der Bürgerbündnis-Fraktion im Stadtparlament Wolfhard Kirsch. Die Frage des Immobilienökonomen Kirsch, ob Scholz die Anwohner auch für zweistellige Millionenbeträge enteignen wolle, beantwortete der Kanzlerkandidat so: Für einen öffentlichen Weg sei er bereit, auch diese Konsequenz zu tragen. Bei Enteignungen würden die Eigentümer gleichwohl entschädigt, teilweise auch mit mehr Geld als den einstigen Kaufpreisen der Grundstücke, betonte Scholz. 

Einen Vergleich heutiger möglicher Enteignungen zu jenen der NS- und DDR-Zeit, der auf einem Plakat der Anrainer-Seite gezogen wurde, nannte er absurd. Auf eine weitere Nachfrage sagte Scholz, er halte sich an die Dinge, die er sage – man müsse planungsrechtliche Wege finden, Uferwege in Deutschland leichter zugänglich zu machen. Auch in seinem früheren Wohnort Hamburg stünden öffentliche Uferwege für Lebensqualität: „Und was die Millionäre in Hamburg gut finden, kann auch nicht anderswo schlecht sein.“

Viele Gäste beim Auftritt von Olaf Scholz.
Viele Gäste beim Auftritt von Olaf Scholz.

© Thilo Rückeis

Doch auch kurzfristig könnte sich etwas am Ufer ändern. Bei einer weiteren Nachfrage ging es um das Institut für Lehrerbildung an der Karl-Marx-Straße 33 – auch dort sei der Weg nicht zugänglich, hieß es. Scholz sagte zu, er werde sich beim Landesbildungsministerium, dem bekanntlich seine Lebenspartnerin Britta Ernst (SPD) vorsteht, dafür einsetzen, dass dort der Weg wieder öffentlich wird.

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