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"Dass es durchregnet, konnte jeder sehen": Schimmel in der Turnhalle nicht überraschend

Die Stadt Potsdam sucht Alternativen für die Schimmel-Turnhalle am Schlaatz. Nutzer hadern schon länger mit den Mängeln in der DDR-Typenhalle.

Potsdam - Fechten, Rollerderby, Fuß- und Volleyball – zahlreiche Potsdamer Sportvereine müssen sich nach den Schulferien für ihr wöchentliches Training eine neue Bleibe suchen. Weil die Turnhalle der Gesamtschule am Schilfhof wegen Schimmelbefalls kurzfristig geschlossen werden musste, stellt sich nicht nur die Platzfrage für die betroffenen 630 Schüler. Genutzt wurde die Halle auch von insgesamt neun Vereinen und Trainingsgruppen.  Sie alle müssen nun umgesiedelt werden.

Die Sportstätten verwaltet der Kommunale Immobilien Service (Kis). Derzeit befinde man sich in Gesprächen mit anderen Vereinen, die zumindest einzelne Teams der Vereine an bestimmten Tagen aufnehmen könnten, sagte Kis-Sprecher Markus Klier auf PNN-Nachfrage. Auch auf die Frage, wie lange die Ausweichlösungen für die Schulklassen und Vereine bestehen bleiben sollen, äußerte sich die Stadt jedoch bisher nicht. Laut Stadt wurde der Schimmel bei einer Untersuchung des Bauzustandes Anfang Oktober unter dem Sporthallenboden gefunden. Auch eine Belastung der Atemluft könne man nicht ausschließen – daher die Schließung.

Grünliche Verfärbung der Wände

Wirklich überrascht über den mangelhaften Zustand der Halle sind die meisten Nutzer jedoch nicht. Einer von ihnen ist Mathias Peters, Vorstandsvorsitzender des Fußballvereins Juventus Crew Alpha. Er sei zwar über den plötzlichen Entschluss zur Sperrung verwundert gewesen, nicht jedoch über den Grund, sagt Peters: „Die alte Halle war schon seit einigen Jahren nicht mehr besonders ansprechend.“ Sogar mit bloßem Auge habe man an manchen Stellen die grünliche Verfärbung der Wände sehen können. Auch die sanitären Anlagen seien schon lange nicht mehr benutzbar. „In die alte Halle sind wir nur im Notfall gegangen“, berichtet er. Im Normalfall nutze man lieber die neuere, nebenan gelegene Sporthalle oder trainiere unter freiem Himmel, so lange es die Temperaturen zulassen.

Niemand fühlte sich für die Halle verantwortlich

Am längsten kennt die alte Sporthalle am Schlaatz wohl die Fechterin Gisela Meller. Sie ist zusammen mit dem Preußischen Fecht-Club Potsdam e.V. seit dem Bau der Halle vor mehr als 35 Jahren Mitnutzerin. Auch Meller ist wenig verwundert. „Bis zur Wende war der Zustand der Halle ganz in Ordnung, doch danach verfiel das Ganze zusehends“, berichtet sie. Vor allem nach dem Bau der neueren Halle habe es niemanden mehr gegeben, der sich für die Halle verantwortlich fühlte. Mit der Zeit sei das Dach an verschiedenen Stellen undicht geworden. Das Leck im Dach sei kein Geheimnis gewesen: „Dass es hier durchregnet, hat jeder sehen können“, sagt Meller. „Wir haben selbst Töpfe und Schüsseln an verschiedenen Ecken der Halle untergestellt.“ In einem Nutzerbuch hätten die Vereine seit längerem immer wieder Mängel eingetragen. Auch Eltern hätten den Zustand der Halle öfter moniert. Ab und an habe es Begehungen gegeben – jedoch offenbar ohne weitere bauliche Folgen.

Auch ein Schulmitarbeiter berichtete gegenüber den PNN von „halbherzigen Versuchen“, das Dach der Halle zu reparieren: Die Schule habe den Kis mehrfach darauf hingewiesen, dass es in die Halle hineinregnet. Verwunderlich sei der Schimmel daher nicht. Die Schule habe aus diesem Grund seit diesen Schuljahr den Sportunterricht sogar vorrangig auf dem Außengelände durchgeführt. In den kalten Wintermonaten sei das aber nicht durchgehend machbar.

Die wenigen Plätze nutzen

Betroffen sind auch die Rollsportler des ESV Lok Potsdam. Durch den Mangel an Sporthallen in Potsdam müsse man die wenigen Plätze eben nutzen, sagt Trainerin Grit Onnen: „Auch wenn der Zustand der Halle gefühlt schon immer schlecht war, wollten wir keine schlafenden Hunde wecken und hätten dann gar keine Halle mehr gehabt.“ Onnen leitet ein Rollschuhläufer-Team des ESV Lok Potsdam mit rund 80 Rollsportler. Sie seien an bestimmte Zeiten gebunden. Im Verein trainieren auch kleinere Kinder ab vier Jahren. Die Trainingszeiten dürften demnach nicht zu spät liegen – ein Problem, das jedoch alle betroffenen Vereine kennen. Die immer später liegenden Schulstunden machten es den Vereinen ohnehin schwer, Trainingszeiten zu organisieren. „Wir sind auf die Stadt angewiesen“, sagt Onnen: „Außerdem sind die Hallen auch ohne diese besondere Notlage bereits jetzt pickepackevoll.“ Falls man keine Möglichkeiten finden würde, in Potsdam zu trainieren, könnte sich Onnen auch vorstellen, ins Umland zu gehen – wenn die Teams mitmachen.

Bei der Turnhalle handelt es sich laut Stadt um eine sogenannte DDR-Typenhalle. Ursprünglich sollte sie saniert und erweitert werden. Diese Planung wurde aber zu Gunsten der neuen Pläne für das Sportforum Schlaatz aufgegeben. Die Halle soll im Zuge dessen spätestens 2023 abgerissen werden und durch das Sportforum ersetzt werden. Ob die alte Halle nochmal ertüchtigt werden kann oder ein Ersatz errichtet wird, will die Stadt bis Ende November entscheiden.

Hintergrund
Pilzsporen sind überall zu finden, auch in der Luft und im Boden. Es kommt auf die verschiedene Arten von Pilzsporen an: Gefährlich ist vor allem der schwarze Schimmelpilz, der an schwarzen oder braunen Flecken an der Wand oder Möbeln leicht zu erkennen ist. Ein großflächiger Befall kann gesundheitliche Folgen haben. Wenn Schimmelpilzsporen über längere Zeit eingeatmet werden, kann das zum Beispiel Allergien auslösen. Symptome sind unter anderem Niesen, laufende Nasen oder Augenreizungen. Ausbreiten kann sich der Schimmelpilz vor allem bei Feuchtigkeit im Gemäuer. Die betroffenen Stellen riechen sehr muffig oder modrig. Die oft in Baumärkten erhältliche Anti-Schimmel-Farbe hilft gegen den Schimmel meist nur oberflächlich, heißt es vom Landesamt für Arbeitsschutz. Bei Verdacht auf Schimmelbefall sollte man sich schnellstmöglich an den Vermieter oder einen Experten wenden.

Anne Jerratsch

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