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Landeshauptstadt: Das traurige Ende eines vielgeliebten Königs

Spezialführung im Marmorpalais erinnerte an den 211. Todestag Friedrich Wilhelms II.

Im Marmorpalais gab die stellvertretende Kastellanin Anna Krawczyk ge stern für einige Minuten den Zugang zu einem Raum frei, der sonst von Besuchern nicht betreten wird. In einem Sessel seines Schreibkabinetts verstarb am 16. November 1797 im Alter von erst 53 Jahren König Friedrich Wilhelm II. Seinen 211. Todestag hatte die Schlösserstiftung zum Anlass für eine spezielle Führung unter dem Titel „Die Krankheit hat die Oberhand gewonnen“ genommen.

Der „Vielgeliebte“, wie der Monarch wegen seiner ungezählten Liebschaften, aber auch seiner Beliebtheit in der Bevölkerung genannt wurde, starb einsam und unter großen Schmerzen. Seine langjährige Geliebte und noch immer beste Freundin Wilhelmine Gräfin Lichtenau, die den König hingebungsvoll pflegte, lag krank im Bett. Auch sein Vertrauter, der Rosenkreuzer Hans Rudolph von Bischoffwerder, hatte sich zurückgezogen. Nachts um 2 Uhr war dem Sterbenden auf sein Verlangen noch einmal Nahrung gereicht worden – keine Delikatessen mehr wie früher gewohnt, sondern Zwieback und Kaffee. Nur zwei Kammerdiener erlebten mit, wie der König vor Schmerzen das Leder seiner Stuhllehne zerfetzte, dann mehrfach das Bewusstsein verlor, bis er 8.58 Uhr erstickte.

Das Schreibkabinett war die letzte Station des besonderen Schlossrundgangs, bei dem Anna Krawzcyk in den einzelnen Räumen die letzten Tage des kranken Königs nacherlebbar machte. Fast bis zuletzt war er seinen Regierungsgeschäften nachgegangen und hatte Reisepläne geschmiedet. Die Gräfin Lichtenau, der er brieflich über seine Leiden berichtete, hatte schon 1796 einen Italienaufenthalt abgebrochen und war nach Potsdam zurückgeeilt. Hier richtete sie für den Todkranken eine bombastische Gartenfete aus und führte ihm dabei sogar eine junge Tänzerin zu. Zweimal konnte der König noch zur Kur nach Bad Pyrmont reisen, ab Ende September aber blieb er ans Marmorpalais gebunden, nicht einmal eine Fahrt nach Berlin konnte mehr riskiert werden. Während der wenigen Wagenminuten vom Palais zu einem Konzert in der nahegelegenen Orangerie erlitt er einen Schwächeanfall und verfiel in Wahnvorstellungen.

Die königliche Familie wurde regelmäßig informiert, hielt sich aber von dem Kranken fern. Am 15. November ließ er sie rufen, um dem Kronprinzen seinen Segen zu geben. Der verhielt sich gegenüber der Gräfin Lichtenau äußerst abweisend, worauf der erzürnte König die Familie fortschickte.

Die Bevölkerung machte nicht das intensive Liebesleben und die Genusssucht für Krankheit und Tod des „dicken Wilhelm“ verantwortlich. Daran seien die Gräfin und die „Geisterclique“ (die Rosenkreuzer) schuld. Warum Friedrich Wilhelm II. dahinsiechte und so früh starb, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, zumal er eine Obduktion ablehnte. Der Mediziner Hans-Joachim Neumann weist in seiner 1997 erschienenen Biographie auf die für die Hohenzollern typische Gicht und Herzasthma hin. E.Hoh

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