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Ein Leitbild für Potsdam: Vor allem wurden viele Binsenweisheiten für die wachsende Stadt formuliert.

© dpa

Das Leitbild für Potsdam: Autofreundlich – oder nicht?

250 000 Euro kostet das Verfahren zum neuen Leitbild der Stadt Potsdam. Nun ist der Entwurf fertig - und es gibt erste Kritik.

Potsdam- Es geht um eine Grundsatzentscheidung beim Dauerstreitthema Verkehr. Soll Potsdam lieber eine „autofreundliche“ oder eine „fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt“ sein? Diese beiden Varianten stellt das Rathaus in der laufenden Debatte um ein für mindestens zehn Jahre gültiges Leitbild für die Landeshauptstadt zur Entscheidung. Den PNN liegt der erste bisher nicht-öffentliche Entwurf des Leitbildes vor. Das Papier sorgt bei einigen Kommunalpolitikern bereits für deutliche Kritik.

Streit über Verkehr in Potsdam

Die beiden Varianten zum Thema „Mobilität“ sind sehr unterschiedlich. In der einen Fassung heißt es sinngemäß, der Wechsel vom Auto müsse durch einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr und ein ausgebautes Fuß- und Radwegenetz erleichtert werden. In dem konkurrierenden Entwurf heißt es, alle Mobilitätsformen müssten „gleich behandelt“ werden, betont wird auch die Förderung des motorisierten Individualverkehrs, zu dem auch ein „attraktives Parkplatzangebot“ gehöre. Seit Jahren wird über den wachsenden Verkehr in Potsdam gestritten, eine dritte Havelbrücke hatten die Stadtverordneten erst zuletzt wieder abgelehnt.

Neben dem Verkehr werden in dem Leitbild-Entwurf in sieben weiteren Bereichen – etwa „Stadtgestaltung und Identität“, „Freizeit, Sport und Kultur“ oder „Bürgerkommune“ – vor allem Binsenweisheiten für die wachsende Stadt formuliert. Die erste These in dem Papier lautet: „Potsdam geht sparsam und effektiv mit dem städtischen Haushalt um und bekennt sich zur intergenerativen Gerechtigkeit.“ Am Ende heißt es zum Thema Sauberkeit und Sicherheit: „Potsdam setzt auf attraktive öffentliche Räume als Teil des kommunalen Gemeinwesens.“ Dazwischen finden sich weitere Bekenntnisse: „Potsdam bekennt sich zu einer starken Potsdamer Wirtschaft“, „Potsdam ist die Wissenschaftsstadt Deutschlands“ oder „Potsdam ist eine Stadt der Kultur“. Aber auch: „Potsdam bekennt sich zum Wachstum der Stadt und gestaltet dieses nachhaltig.“ Betont wird der Wille, „auch künftig bezahlbaren Wohnraum“ ermöglichen zu wollen. Andere umstrittene Themen wie die Wiedergewinnung der historischen Mitte werden lediglich gestreift: Bestandteil der Stadtidentität seien „ein historisches Stadtbild und moderne Architektur“, heißt es allgemein.

Wenig Beteiligung am neuen Leitbild

Zum Hintergrund: Mit dem Leitbild will Potsdam eine Richtung für die Entwicklung der wachsenden Stadt finden. Bei dem 250 000 Euro teuren Verfahren wurden zunächst bei diversen, teils eher dürftig besuchten Bürgerforen, per Post und im Internet rund 2600 Hinweise von Potsdamern zusammengetragen. Daraus ist nun im Rathaus der Entwurf erarbeitet worden, der in einer letzten Phase mit Stadtverordneten und der Öffentlichkeit in mehreren Werkstattgesprächen sowie im Internet diskutiert, geändert und ergänzt wird. Das letzte Wort haben – zumindest nach den bisherigen Plänen – Ende des Jahres die Stadtverordneten, die das Leitbild beschließen sollen.

Doch die Politik ist mit dem bisherigen Entwurf aus unterschiedlichen Gründen noch nicht zufrieden. So sagte Potsdams Linke-Kreischef Sascha Krämer auf Anfrage, der Entwurf stelle nicht mehr dar als eine Zustandsanalyse. „Er orientiert sich nicht an den realen Herausforderungen, sondern ist Ausdruck einer administrativen Ideenlosigkeit.“ Von den Grünen sagte die zuständige Stadtverordnete Janny Armbruster, der Entwurf liefere noch zu wenig Orientierung für die kommenden Jahre. Aus den allgemein gehaltenen Botschaften lasse sich kein politisches Handeln ableiten, kritisierte sie. Der zuständige Kommunikationschef im Rathaus, Dieter Jetschmanegg, erklärte, ein Leitbild sei ein eher abstraktes Konstrukt. Allerdings könne der Entwurf noch verändert werden: „Dafür ist er da.“

CDU/ANW-Fraktionschef Matthias Finken merkte gegenüber den PNN an, es stünden noch etliche Arbeitsschritte aus. So müssten viel klarer Prioritäten gesetzt werden, welche Bereiche in Potsdam in den kommenden Jahren besondere Beachtung finden sollen. In der CDU hat seit dem vergangenen November eine Arbeitsgruppe parallel bereits ein eigenes Leitbild entworfen, Arbeitstitel: „Unser Potsdam 2030: urbane Vielfalt – lebendig, nachhaltig, lebenswert.“ Zum Thema Mobilität heißt es darin übrigens, anzustreben sei eine Gleichberechtigung der Verkehrssysteme. 

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