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Coronakrise in Potsdam: Tipps für Alleinstehende in Zeiten der Isolation

Die Hälfte alle Haushalte in Potsdam sind Ein-Personen-Haushalte. Was jetzt für Alleinlebende wichtig ist und wo es Hilfe gibt.

Von
  • Birte Förster
  • Florian Kistler

Die Coronakrise erfordert drastische Maßnahmen und zwingt viele Menschen in die Isolation. Aber gerade für Alleinstehende wird die damit verbundene Einsamkeit oft zum Problem. In Potsdam ist ein großer Teil der Bevölkerung davon betroffen. Immerhin sind die Hälfte aller Haushalte in der Landeshauptstadt, insgesamt 49.199, Ein-Personen-Haushalte, wie aus dem aktuellsten Statistischen Jahresbericht der Stadt für das Jahr 2018 hervorgeht. 

Demnach bildet unter den alleinstehenden Frauen die Gruppe der über 75-Jährigen die größte: 5724 Frauen in diesem Alter leben in Potsdam allein. Bei den Männern in dieser Altersgruppe sind es lediglich 1769. Unter den Männern sind in Potsdam vor allem diejenigen zwischen 30 und 45 Jahren alleinstehend, insgesamt 7838.

Viele Anlaufstellen für Ältere sind geschlossen

Viele Potsdamer Einrichtungen, die bislang vor allem ältere Menschen betreuen und diese zuhause besucht haben, mussten ihre Dienste angesichts der aktuellen Lage einstellen – bieten nun aber häufig Unterstützung in anderer Form an. Auch die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat die Begegnungsstätten geschlossen und setzt wie berichtet auf Telefon- und Online-Beratung. Notleidende oder Unterversorgte können ihre Hilfegesuche auch per Zettel in die Briefkästen der Treffs stecken. 

„Das machen wir seit zwei Tagen“, sagte Angela Schweers, Vorstandsvorsitzende der Potsdamer Awo, am Mittwoch. „Oft geht es um Unterstützung beim Einkauf.“ Auch Potsdamer, die ihre Hilfe anbieten wollen, würden sich über diese Briefkästen bei der Awo melden.

Gegen die Einsamkeit hat die Awo eine Liste mit Tipps auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Unter anderem wird ein geregelter Tagesrhythmus empfohlen. Für den Fall einer Ausgangssperre gebe es bereits Überlegungen, sagt Awo-Vorsitzende Schweers: „Klinik-Clowns könnten dann die Haushalte besuchen.“ Die würden nicht nur Kinder erfreuen, sondern auch ältere und alleinstehende Menschen. „Es geht einfach darum, Zuversicht zu verbreiten“, so Schweers.

Auch zu Hause die Tagesstruktur beibehalten

Derzeit arbeitet auch die Akademie 2. Lebenshälfte an einem Konzept, um die Senioren, die bislang von etwa 100 Ehrenamtlichen zuhause besucht wurden, in dieser Krisensituation zu unterstützen. Wie Betroffene künftig versorgt werden, gebe die Einrichtung in den nächsten Tagen bekannt, sagte Manuela Klecha, Koordinatorin für Bildung in der Akademie 2. Lebenshälfte. 

Derzeit rät sie den älteren Menschen, auch zuhause „ihre Tagesstruktur beizubehalten“. Wichtig sei, Ideen zu entwickeln, wie sie die Zeit verbringen könnten. Und vor allem Kontakte nicht aus dem Blick zu verlieren, nun eben viel zu telefonieren. So könnten diese Personen auch einen besseren Umgang mit ihrer Angst vor dem Virus finden. „Wenn Ängste geteilt werden, können sie nicht mehr so stark wirken“, meint Klecha. Ziel sei es, „die Spirale nach unten“ zu durchbrechen.

Rausgehen, so lange es noch möglich ist

Auch die Potsdamer Psychotherapeutin Ruth Knaup sieht Mittel und Wege, um in der Isolation zurechtzukommen, ohne komplett auf soziale Kontakte zu verzichten. Es sei möglich, sich mit seinen Nachbarn zum Beispiel im Hausflur, im Treppenhaus oder auf dem Hof zu unterhalten. „Dabei kann man immer noch die nötige Sozialdistanz halten“, sagt sie. Oder man könne mit den Nachbarn telefonieren, wenn jemand solche Treffen als zu riskant empfinde. 

Wichtig sei aus auch, immer noch herauszugehen, solange es noch möglich sei. „Damit dieses Eingesperrt-Gefühl nicht überhand nimmt.“ Draußen beginne schließlich der Frühling und vermittle zugleich ein Gefühl, dass es weitergehe, sagt sie.

Ängstliche Menschen sollten Nachrichtenkonsum reduzieren

Vor allem denjenigen, die große Angst haben, aber auch anderen empfiehlt die Therapeutin, sich nicht zu sehr mit den Nachrichten zu beschäftigen. Stattdessen solle man sich auf die Dinge konzentrieren, die einem bisher dabei geholfen haben, sich zu beruhigen – beispielsweise Bücher lesen oder kochen. 

Knaup rät vor allem jüngeren Menschen dazu, sich aktiv um alleinlebende Menschen in der Nachbarschaft oder auch Angehörige zu kümmern. Diese regelmäßig anzurufen, vielleicht sogar täglich, und sie zu fragen, ob man für sie einkaufen oder ihnen anderweitig helfen könne.

Auch bei der Telefonseelsorge ist Corona Thema

Mehr Menschen rufen inzwischen bei der Telefonseelsorge Potsdam an. Das vorherrschende Thema auch dort: das Coronavirus und fehlende soziale Kontakte. „Etwa 60 Prozent der Menschen kontaktieren uns aus diesem Grund“, sagt Leiterin Beate Müller. 

Vor allem Personen, die bereits vor der Viruskrise in einem psychisch weniger stabilen Zustand waren, sowie ältere Menschen griffen derzeit zum Telefon. Konkrete Zahlen zu den Anrufen kann Müller nicht nennen, da es eine Warteschleife gebe und manche daher wieder auflegten.

„Die Telefonseelsorge versucht, die Menschen zu entlasten, sie zu beruhigen und mit ihnen zu sprechen, damit sie einen Kontakt haben“, sagt Müller. „Viele Anrufer sind verunsichert. Wir versuchen deshalb zu informieren und mit Falschmeldungen aufzuräumen.“ Auch gehe es darum, dass Menschen einen Anlaufpunkt haben, um mit anderen Personen in Kontakt zu treten. Insgesamt gibt es in Potsdam zwei Telefonleitungen. Eine davon ist rund um die Uhr mit einem ehrenamtlichen Mitarbeiter besetzt.

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