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Steigt der Inzidenzwert über 50, drohen in Potsdam weitere Einschränkungen.

© Ottmar Winter

Update

Coronakrise: Das passiert, wenn Potsdam Risikogebiet wird

Die Inzidenz in der Stadt wird bald über 50 liegen, sagt Dezernentin Brigitte Meier (SPD). Welche Regeln dann gelten, wie die Krankenhäuser gerüstet sind und was gegen die steigende Zahl der Infektionen getan wird. Ein Überblick. 

Potsdam - Noch gilt Potsdam nicht als Corona-Risikogebiet. Doch angesichts stetig steigender Infektsionszahlen dürfte es bis dahin nicht mehr lange dauern. Am Montagmorgen meldete das Rathaus zehn neue Corona-Infektionen für die vorangegangenen 24 Stunden. Damit war ein Sieben-Tage-Inzidenzwert von 47,7 erreicht. Bei 15 neuen Fällen hätte die Landeshauptstadt die 50er-Marke bereits am Montag gerissen. Am Dienstag stieg der Wert auf 49,9.

Am Montagnachmittag sagte Gesundheitsdezernentin Brigitte Meier (SPD) vor Journalisten, sie gehe angesichts der bundesweiten Entwicklung davon aus, dass der Inzidenzwert in Potsdam über 50 und wahrscheinlich auch über 100 steigen werde. Sie hoffe, dass bis dahin möglichst viel Zeit bleibe, um alle Behörden und die Krankenhäuser noch besser vorbereiten zu können. Die PNN geben einen Überblick zur aktuellen Lage.

Gesundheits- und Ordnungsdezernentin Brigitte Meier (SPD).
Gesundheits- und Ordnungsdezernentin Brigitte Meier (SPD).

© Ottmar Winter

Was würde eine Einstufung als Risikogebiet bedeuten?

Ab dem Tag der Bekanntgabe werden für die Dauer von mindestens zehn Tagen verschärfte Kontaktbeschränkungen gelten: Dann ist der gemeinsame Aufenthalt im öffentlichen Raum nur noch mit bis zu zehn Personen erlaubt. Ist das Infektionsgeschehen lokal deutlich begrenzt, können Kommunen diese Beschränkung eingrenzen. Außerdem gibt es neue Obergrenzen für Veranstaltungen: Unter freiem Himmel sind dann statt 250 nur noch 150 Menschen bei Veranstaltungen erlaubt, in Innenräumen statt 150 nur noch 100. Bekommt die Stadt den Inzidenzwert über zehn Tage nicht gesenkt, müssen laut Landesgesetz weitere Kontaktbeschränkungen greifen – dann wären im öffentlichen Raum nur noch fünf Personen als Gruppe zulässig.

Können die Infektionsketten noch nachverfolgt werden?

Ja. Die Gesundheitsbeigeordnete Meier sagte, bei der Kontaktverfolgung von Infizierten komme das Gesundheitsamt gerade noch hinterher: „Noch geht es.“ Allerdings komme es vereinzelt schon vor, dass es bei der Verfolgung von Kontakten zu tageweisen Verspätungen komme. Derzeit würden 30 Bundeswehrsoldaten für ihren Einsatz in dem Amt qualifiziert und es werde an der Optimierung von Prozessen in der Behörde gearbeitet. Von einer Überforderung der Mitarbeiter, wie bereits in anderen Kommunen vorhanden, wollte Meier noch nicht sprechen.

Mitarbeiter des Ordnungsamts bei Kontrollen in der Brandenburger Straße
Mitarbeiter des Ordnungsamts bei Kontrollen in der Brandenburger Straße

© Ottmar Winter

Kommt das Ordnungsamt mit den Kontrollen noch hinterher?

Anlass für die Erklärung der auch für das Thema Sicherheit zuständigen Beigeordneten Meier am Montag vor der Presse war ein Vor-Ort-Termin in der Brandenburger Straße – dort lief sie mit Mitarbeitern des Ordnungsamts mit, um die Einhaltung der seit Samstag in der Einkaufsmeile geltenden Maskenpflicht zu kontrollieren. Das Amt sei nun zu 100 Prozent mit dem Thema Corona befasst, sagte sie. So müsse auch die Maskenpflicht auf den Wochenmärkten und im Umfeld des Hauptbahnhofs kontrolliert werden, was bisher ausgezeichnet geklappt habe, wie die Dezernentin sagte. Nur in der Brandenburger Straße müsse man noch „nacharbeiten“. In einem Fall sei dort bereits ein Bußgeld verhängt worden, so ein Sprecher. Ansonsten belasse man es derzeit vor allem bei Appellen. Auf Nachfrage sagte Meier, auch gegen Falschparker würde man noch vorgehen – wenn man im Rahmen von Einsätze falsch abgestellte Autos sehe. Zur Durchsetzung der Coronaregeln seien auch gemeinsame Einsätze mit der Polizei geplant, so Meier. Bisher noch keine weiteren Verschärfungen sind im öffentlichen Nahverkehr geplant, wie es vom Verkehrsbetrieb auf Nachfrage hieß. Dort gilt bereits länger eine Maskenpflicht, allerdings ist die Um- und Durchsetzung wie berichtet nicht immer einfach. 

Wie reagiert die Stadtverwaltung intern?

Das Rathaus kehrt zurück in den Krisenmodus. So soll der Corona-Stab, der bereits während der ersten Pandemie-Welle ab März eingerichtet wurde, wieder öfter tagen - ab dieser Woche jeden Montag, Mittwoch und Freitag. Das sagte ein Stadtsprecher auf Nachfrage.

Was gilt für private Feiern, wenn Potsdam Risikogebiet wird?

Wird Potsdam zum Risikogebiet, werden die Möglichkeiten für private Feiern erheblich eingeschränkt. Jetzt dürfen sich noch 15 Menschen für eine Feier treffen - dann wären für die Dauer von mindestens zehn Tagen bei privaten Feiern maximal zehn zeitgleich Anwesende aus höchstens zwei Haushalten im privaten Wohnraum und Garten erlaubt, wie das Gesundheitsministerium am Montag klar stellte. Damit könnte zum Beispiel ein Ehepaar nicht mehr zwei getrennt voneinander lebende Großeltern auf einmal einladen, sagte ein Sprecher. Ferner müssten die Feiern weiter dem lokalen Gesundheitsamt angezeigt werden - sie sind aber nicht genehmigungspflichtig. Es habe schon fast 170 solche Meldungen im Rathaus gegeben, sagte Beigeordnete Meier. Die strikten Regelungen würden auch für Kindergeburtstage gelten, hieß es vom Ministerium weiter. In geschlossenen Räumen gelte zudem eine Lüftungsverpflichtung: "Die Raumluft muss regelmäßig durch Frischluft ausgetauscht werden." Bei Zuwiderhandlungen sind laut der Landesverordnung Bußgelder von bis zu 25.000 Euro möglich, in der Praxis dürfte es um deutlich geringere Beträge gehen. Dezernentin Meier sagte, bisher seien nur in überschaubarem Maß Verstöße gemeldet worden. Das sei auch eine zweischneidige Angelegenheit – sie wolle keine „Denunziantengesellschaft“. Aber „krasse Fälle“ sollten die Bürger melden, jedoch die Verhältnismäßigkeit wahren. Ein Online-Portal zur Meldung von Verstößen wie in der Stadt Essen lehnte Meier ab.

Wie ist die Lage in den Krankenhäusern?

Dort steigt die Zahl der schweren Fälle. Im kommunalen Klinikum „Ernst von Bergmann“ werden aktuell 15 Corona-Patienten auf der Normalstation behandelt, drei weitere Infizierte müssen auf der Intensivstation behandelt werden, davon wird einer beatmet. Dazu kommt eine Corona-Patientin im St. Josefs Krankenhaus. Diese war laut einem Sprecher eigentlich aus einem anderen Grund eingeliefert und die Infektion erst vor Ort festgestellt worden. Sie soll nun ins Klinikum verlegt werden. Zum Vergleich: Am Montag vor einer Woche waren noch zehn Corona-Patienten im Klinikum in Behandlung. Das Haus hat in der Region mit seinen bis zu 128 Covid-Betten wie berichtet die Federführung im Kampf gegen die Erkrankung inne.

Angesichts der Lage hat die Stadtverwaltung bereits am vergangenen Donnerstag in einem internen Lagebild für die Kommunalpolitik erklärt, es gebe „erste Probleme mit Personalknappheit“ in Potsdams Krankenhäusern. Das bestritt Klinikumchef Hans-Ulrich Schmidt am Montag auf Nachfrage: „Die Versorgung der Patienten ist gewährleistet.“ Bei Engpässen könne man zum Beispiel mit externen Leasingkräften nachsteuern, die vorher auf Corona getestet würden. Allerdings beanspruche die am vergangenen Donnerstag wiedereröffnete zweite Covid-Station auch die Personallage im Haus, machte er deutlich. So habe man im Krisenstab beschlossen, die OP-Kapazitäten für verschiebbare Eingriffe langsam zu senken. „Mehr Covid-Patienten bedeutet zwangsläufig: weniger ’normale’ Patienten“, erklärte Schmidt. Die Versorgung von Krebs- und Notfallpatienten sowie Leistungen, „die ausschließlich wir als Schwerpunktversorger in der Region vorhalten“, werde man aber auch zukünftig anbieten. Wegen der steigenden Zahlen sind die Besuchsregeln in den Häusern verschärft worden. Im Bergmann-Klinikum sind Besuche täglich von 14 bis 19 Uhr möglich, im St. Josefs noch eine Stunde weniger. Dort ist auch nur ein Besucher pro Patient und Tag möglich, alle Besuche müssen auch 24 Stunden vorher angemeldet werden; dies gilt im Bergmann-Klinikum so noch nicht. Eine Maskenpflicht für alle gilt in beiden Einrichtung. Das Klinikum hatte einen Appell zum Verzicht auf Besuche formuliert, wenn Angehörige nur für wenige Tage behandelt werden.

Wie werden Halloween und Weihnachten gefeiert werden können?

Bei Halloween lautet die Antwort: nicht wie sonst. Wegen der Corona-Pandemie appellierte Brandenburgs Gesundheitsministerium eindringlich, auf Halloween-Umzüge in diesem Jahr zu verzichten. "Mit diesem Brauch können Infektionen schnell weiterverbreitet werden", sagte Ursula Nonnemacher (Grüne) am Montag. Halloween wird traditionell am 31. Oktober gefeiert, also am Samstag. Bei Weihnachten ist die Lage noch unklar, ebenso bei Silvester. Ein Rathaussprecher sagte den PNN auf Nachfrage, bislang gelte die Corona-Umgangsverordnung des Landes bis Ende November: "In Abhängigkeit der Entwicklung der Infektionszahlen gelten dann die erlassenen, heute noch nicht bekannten Regelungen". Eine Planung oder Vorbereitung sei insofern sowohl für potenzielle Veranstalter als auch für das Rathaus aktuell schwer möglich.

Zwei Schulkinder am ersten Schultag nach den Herbstferien,  hier an der Rosa-Luxemburg-Schule.
Zwei Schulkinder am ersten Schultag nach den Herbstferien,  hier an der Rosa-Luxemburg-Schule.

© Ottmar Winter

Gibt es Extra-Regelungen an den Schulen in Risikogebieten?

An den Schulen in Brandenburg sind die Regeln gleich, egal ob sie im Risikogebiet liegen oder nicht. Das stellte Ministeriumssprecherin Ulrike Grönefeld klar. Es komme allein darauf an, ob ein konkreter Corona-Fall vorliege. Die Schulen seien mit Notfallplänen ausreichend gerüstet, falls nach Infektionen auf Homeschooling umgeschaltet werden müsse. Ziel sei es, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten. Jede Schule verfügt nach Angaben des Ministeriums über einen eigenen Hygieneplan und ein Konzept zum Umgang mit der Pandemie. Der Unterricht läuft in Klassen und Kursen, um enge Kontakte auf einen überschaubaren Personenkreis zu begrenzen. Unter Beachtung des Infektionsschutzes gibt es Musik- und Sportunterricht. Schüler müssen die Alltagsmaske in allen Bereichen wie Fluren und Essenräumen tragen, aber nicht im Unterricht und auf dem Pausenhof. Mehrmals täglich, mindestens nach jeder Unterrichtsstunde, ist eine Stoß- oder Querlüftung der Räume vorgesehen. (mit dpa)

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