zum Hauptinhalt
Brandenburgs Ex-Gesundheitsministerin Anita Tack.

© Sabine Schicketanz

Corona-Ausbruch im Bergmann-Klinikum: Ex-Ministerin Tack sichtet Kandidaten für Untersuchungskommission

Neben Brandenburgs Ex-Gesundheitsministerin Anita Tack soll ein Mediziner das Gremium leiten. Zwei weitere Menschen sind in Potsdam gestorben. Die Lage am Freitag in Potsdam.

Von Peer Straube

Potsdam - Nach der Beurlaubung der Geschäftsführung des Bergmann-Klinikums beginnt die Aufarbeitung des für viele Patienten tödlichen Corona-Ausbruchs in Potsdams kommunalem Krankenhaus. Die von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) mit der Bildung einer Untersuchungskommission beauftragte frühere Landesgesundheitsministerin Anita Tack (Linke) hat am Freitag mit der Zusammenstellung des Gremiums begonnen. 

Man sei dabei, mögliche Kandidaten für die Kommission zu sichten, sagte Tack den PNN. Sie sei sicher, dass bis nächste Woche geeignete Experten feststünden. Mögliche Namen nannte sie auch auf Nachfrage nicht. Neben Tack soll ein Mediziner das Gremium leiten, auch über dessen Personalie ist bislang nichts bekannt. 

Die Vorfälle im Bergmann-Klinikum werden nun aufgearbeitet.
Die Vorfälle im Bergmann-Klinikum werden nun aufgearbeitet.

© Andreas Klaer

Zwischenbericht lag am Nachmittag nicht vor

Die unabhängige und ehrenamtliche Kommission soll wie berichtet die Umstände des Corona-Ausbruchs im Bergmann-Klinikum aufklären und dessen Ursachen erforschen. Ein Ergebnis soll spätestens in sechs Monaten vorliegen. Aufschlüsse über den Hergang erhofft sich die Kommission nicht zuletzt von dem Zwischenbericht über das Infektionsgeschehen im Klinikum, den die ab dem heutigen Samstag beurlaubte Geschäftsführung, bestehend aus Steffen Grebner und Dorothea Fischer, am Freitag vorgelegt werden sollte. Laut den gesetzlichen Vorschriften hätte dieser Bericht bereits vor drei Wochen vorliegen müssen, weil er unter anderem eine sogenannte Linelist mit der Chronologie des Ausbruchsgeschehens enthalten soll. Bis zum Nachmittag war das Papier noch nicht im Rathaus eingegangen, wie eine Stadtsprecherin den PNN sagte. 

Sie gehe aber davon aus, dass der Bericht am Freitag eintreffen werde. Er werde dann vom Gesundheitsamt geprüft und, „wenn er einen gewissen Grad an Aussagekraft hat“, an das Land weitergeleitet. Auch dort erwarte man, dass der Bericht eine „erste Analyse des Ausbruchsgeschehens liefert“, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf Anfrage. Ziel müsse es sein, dass im Bergmann-Klinikum „schnellstmöglich“ Covid-19-freie Bereiche geschaffen werden, damit das Krankenhaus wieder seinen regulären Betrieb aufnehmen könne. Das könnte aber rund ein halbes Jahr dauern. Bekanntlich soll die Einrichtung in dreigeteilt werden – in einen coronafreien, weißen Bereich, einen grauen für Verdachtsfälle und einen schwarzen für an Covid-19 Erkrankte.

Interimsgeschäftsführung mit Stallgeruch

Mit dieser Aufgabe betraut ist nach der Beurlaubung von Grebner und Fischer eine zweiköpfige Interimsgeschäftsführung, bestehend aus Hans-Ulrich Schmidt und Tim Steckel. Der 53-jährige Schmidt ist seit 2016 Geschäftsführer der Lausitz Klinik Forst, von 2014 bis 2019 außerdem unter anderem kaufmännischer Direktor des Klinikums Westbrandenburg, beides Bergmann-Häuser. Er verfügt nach eigenen Angaben über 20 Jahre Erfahrung im Management und hat bereits Krankenhäuser mit 1000 Betten – wie das Bergmann-Klinikum – geleitet. 

Tim Steckel ist seit Januar 2017 kaufmännischer Direktor des Bergmann-Klinikums. Der 37-Jährige ist seit Januar auch Geschäftsführer des Klinikums Westbrandenburg. Zuständig ist er seit 2014 zudem für den Bereich Finanzen, Controlling und strategische EDV des Klinikums. Bei ihrer Vorstellung am Donnerstag kündigten beide an, die Vorgänge umfassend aufarbeiten zu wollen, auch, um verloren gegangenes Vertrauen in das Klinikum wiederherzustellen.

Tim Steckel und Hans-Ulrich Schmidt (v.l.) sind die  kommissarischen Leiter des Klinikums.
Tim Steckel und Hans-Ulrich Schmidt (v.l.) sind die  kommissarischen Leiter des Klinikums.

© Andreas Klaer

Zwei weitere Todesfälle in Potsdam

Im Haus selbst kämpft man weiterhin mit den schweren Folgen des Corona-Ausbruchs. Am Donnerstagnachmittag sei eine 84-jährige Frau aus Potsdam, die mit dem Virus infiziert war, an den Folgen ihrer Erkrankung gestorben. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit dem Virus im Klinikum verstorben sind, stieg damit auf 40. 31 Patienten werden dort auf der Covid-Normalstation versorgt, zehn auf der Intensivstation. Neun davon müssen beatmet werden.  

Zudem starb eine weitere Person, welchen Geschlechts, welcher Herkunft und in welcher Einrichtung, war nach Angaben der Stadt bis zum Abend unklar. Sie sei aber nicht in einem der Potsdamer Krankenhäuser gestorben, hieß es. Die Zahl der seit Februar mit dem Coronavirus infizierten Potsdamer stieg bis Freitag, 16 Uhr, auf 569. Insgesamt 606 Menschen befinden sich als Kontaktpersonen ersten Grades in häuslicher Quarantäne. 165 Menschen gelten als genesen.

Fast 60 zusätzliche Pfleger im St. Josefs

Entspannt hat sich die Lage unterdessen im St. Josefs-Krankenhaus, das seit dem Aufnahmestopp im Bergmann in Potsdam die Hauptlast der Patientenversorgung schultern muss. Dort werden aktuell 30 Corona-Patienten behandelt, die vier vorhandenen Intensiv- und Beatmungsplätze seien derzeit unbelegt, sagte ein Sprecher den PNN. Die zuletzt wie berichtet personell angespannte Lage habe sich normalisiert – auch, weil fast 60 Pflegekräfte aus dem Bergmann-Klinikum, von der Oberlinklinik sowie aus Häusern des Trägers Alexianer dort aushülfen, so der Sprecher. Am Dienstag und Mittwoch nächster Woche sollen alle 550 Mitarbeiter auf das Virus hin getestet werden. Die Ergebnisse werden 48 Stunden später erwartet. 

Zur Startseite