zum Hauptinhalt

Christian Müller in Potsdam verurteilt: Muss der Pogida-Chef zurück in den Bau?

Der Pogida-Anmelder Christian Müller ist am Freitag vor dem Amtsgericht Potsdam zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Welche Folgen könnte das für Pogida haben?

Für den Anmelder der fremdenfeindlichen Pogida-Aufmärsche in Potsdam hat es ganz persönliche Konsequenzen, für den von ihm initiierten Pegida-Ableger könnte es das Aus bedeuten: Christian Müller ist am Freitag vom Amtsgericht Potsdam zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt worden – wegen Körperverletzung, Bedrohung und Fahren ohne Führerschein. Das bestätigte ein Sprecher des Amtsgerichts Potsdam den PNN. Grund für die Verurteilung war ein Vorfall bei einer Silvesterparty. Als es schon Neujahr war, soll sich Müllers Kampfhund mit einem anderen Hund eine wilde Beißerei geliefert haben. Als der 32-Jährige die Tiere auseinanderbringen wollte, soll er gebissen worden sein. Der Potsdamer soll derart in Rage geraten sein, dass er in seiner Wut zwei andere Partygäste verprügelt haben soll, darunter einen 16-Jährigen. Beide Opfer wurden dabei erheblich verletzt. Relevant für das Hafturteil war vor allem Müllers dickes Vorstrafenregister, darunter mehrere Urteile aus den vergangenen Jahren wegen Körperverletzung. Zudem wurde ihm nun eine narzistische Persönlichkeitsstörung attestiert. 

Staatsanwaltschaft prüft Verstoß gegen Bewährungsauflagen

Noch ist das Urteil des Amtsgerichts vom Freitag nicht rechtskräftig. Allerdings läuft noch seine Bewährungszeit, zudem steht Müller unter Führungsaufsicht. Eine Straftat während der Bewährungszeit und dann eine Verurteilung dürften für ihn harte Konsequenzen haben: Dass er möglicherweise wieder ins Gefängnis muss. Zuletzt kam Müller – wie er gegenüber der „Bild“-Zeitung gesagt hatte – im Jahr 2013 frei, allerdings vorzeitig. Die dreijährige Haft musste er nicht komplett absitzen. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müsste er die damals erlassene Haft nachholen. Nach PNN-Informationen prüft die Staatsanwaltschaft Potsdam bereits einen Verstoß gegen die Bewährungsauflagen. Erwogen wird in der Justiz sogar, Müller auch bereits wieder ins Gefängnis zu schicken, bevor die jüngste Verurteilung rechtskräftig ist. Der Grund: Müller könnte als besonders gefährlich eingestuft werden. 

Die kriminelle Karriere von Christian Müller - lesen Sie hier

Wie berichtet hat der gebürtige Potsdamer eine Karriere als Intensivstraftäter hinter sich. Er ist fünf Mal verurteilt worden und war zwei Mal im Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter. Zudem räumte er ein, ein Problem mit seiner Aggression zu haben – und mit Alkohol. Insgesamt fünf Jahre war er nach eigenen Angaben schon im Gefängnis. Bis 2013 saß er wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung ein. Laut „Bild“ hatte er einen Mann über Stunden gefoltert.

Wird eine andere Person Müllers Rolle bei Pogida einnehmen?

Fraglich ist noch, wie Müller nach den PNN-Berichten über seine Vita und dem öffentlichen Druck weitermachen kann. Sollte er wieder ins Gefängnis, bleibt abzuwarten, ob jemand anderes seine Rolle bei Pogida einnimmt. Nachdem mehr als tausend Menschen am Mittwochabend mit einer Blockade den Pogida-Aufmarsch durch Babelsberg verhindert haben, hatte Müller wütend reagiert. Nach den nächsten, bei der Polizei bereits angemeldeten Demos in Bornstedt und am Bassinplatz will er – so seine Ankündigung am vergangenen Mittwoch – in der Woche darauf jeden Tag durch Babelsberg ziehen. Und das angeblich mit Unterstützung von 5000 Pegida-Anhängern aus Dresden und Leipzig. Angemeldet hat er das bei der Polizei noch nicht. Und ganz ernst wird die Drohung in den Sicherheitsbehörden nicht genommen. Dort bezweifeln die Fachleute, dass sich Pegida-Anhänger aus Sachsen mit dem kleinen Ableger in Potsdam, der Stadt mit den breiten Protesten der Bürgerschaft, abgeben wollen. Zumal auch klar ist, dass die Polizei mehr Einsatzkräfte aufbringen müsste, um das Versammlungsrecht in Babelsberg durchzusetzen. Schon am Mittwoch waren statt der nötigen elf Hundertschaften nur acht im Einsatz.

Bei der Polizei mit 170 Strafverfahren registriert

Wie berichtet ist Müller bei der Polizei seit Jahren einschlägig bekannt – und mit einer ganzen Reihe von Delikten registriert. Im internen Computer-Fahndungssystem der Polizei wird er als Straftäter der allgemeinen Kriminalität geführt. Insgesamt 170 Strafverfahren sind in dem System für die Jahre 2002 bis 2015 bei Müller verzeichnet, außerdem ist sein Eintrag dort mit den Vermerken Drogenkriminalität, „bewaffnet“ und „gewalttätig“ versehen. Bei den meisten Fällen handelte es sich um Rohheitsdelikte wie Nötigung, Bedrohung und Körperverletzung. Daneben fiel Müller mehrfach mit politisch motivierter Kriminalität auf, es ging um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung: Müller war einst in Potsdam bei der JN aktiv, der Nachwuchsorganisation der rechtsextremistischen NPD.

Schlösserstiftung willl gerichtlich gegen Müller vorgehen

Indes kündigte die Schlösserstiftung an, gerichtlich gegen Pogida vorzugehen , weil auf deren Facebookseite das Schloss Sanssouci gezeigt wurde. „Damit wurden Motive unserer Liegenschaften unerlaubt für politische Werbung genutzt“, sagte Stiftungssprecher Frank Kallensee. Doch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung will Pogida-Anmelder Christian Müller nicht unterzeichnen, wie er zuletzt erklärte. „Wir sind auf eine juristische Auseinandersetzung vorbereitet“, so Kallensee. (mit Henri Kramer)

Zur Startseite