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Chichi gehört zum Konzept: Weihnachtsrezept vom Kochzimmer: Ente mit Süßkartoffelschaum

Am Neuen Markt kocht man preußisch-modern. Historische Zutaten werden neu verarbeitet. Beim Weihnachtsmenü wird ein extra Funkeln draufgelegt. Hier der  FESTSCHMAUS aus dem Restaurant „Kochzimmer“.

Potsdam - Laktosefrei, glutenfrei, dafür mit Gold aus der Sprühdose: Die Küche von David Schubert vom Kochzimmer Am Neuen Markt ist speziell. „Ach was, alles ganz einfach“ verspricht der Küchenchef. Da hat er recht und auch wieder nicht. Denn nicht alles wird hier à la minute gekocht – montiert allerdings schon, und das mit Kreativität und Liebe zum Produkt. Und mit einer guten Vorbereitung kann das tatsächlich leicht von der Hand gehen. Inhaber Jörg Frankenhäuser relativiert die Aussage seines Kochs: „Wir wollen unseren Gästen etwas Besonderes bieten. Unsere Klientel ist oft auf der Suche nach einem neuen Essenskick. Das umzusetzen erfordert handwerkliches Know How und Erfahrung. Es ist ja ein Beruf.“

Vor einem Jahr sind Jörg Frankenhäuser und sein sternegekröntes Team aus Beelitz nach Potsdam gezogen. Der Stern vom Guide Michelin ruht wegen des Umzugs und soll Anfang des Jahres zurückgewonnen werden, sagt Schubert. Am Zuspruch des Potsdamer Publikums dürfte es nicht liegen. „Es läuft gut“, sagt Schubert. Auch am 25. und 26. Dezember ist geöffnet, dann wird ein Menü angeboten.

Einige Komponenten des Menüs finden sich in den Speisen wieder, die Schubert für die PNN zubereitet. Die Zutaten sind jahreszeitlich passend, Knollen und Wurzeln, Ente, Quitte, dazu Schärfe und Glitzer. So ein bisschen Chichi, sagt Frankenhäuser, gehört bei ihnen allerdings grundsätzlich zum Konzept. „Wir wollen preußische Einfachheit und höfischen Glanz und Opulenz miteinander verbinden.“

Und so liegt beim Dessert neben den mattgelben Quittenkügelchen, naturbelassen, ein kleiner Dom aus verflixt cremigem Schokofondant, der mit Lebensmittelgold aus der Sprühdose überzogen ist. Kombiniert mit – Topinambureis. Frankenhäuser hat diese urige Knolle liebgewonnen. Was er verwendet, stammt aus dem Garten seiner Mutter in Beelitz. „Die wächst aber auch in Potsdam hier und da am Wegrand“, sagt er. Und als wolle er den Gast nach der Portion Schokogold wieder erden, legt Schubert also ein Stück in Öl angeschmurgelte Knolle zu dem kunstvollen Arrangement von Tropfen aus Quittengelee, frittierter weißer Schokolade und anderen beeindruckenden Bausteinen. Das traut man sich kaum zu löffeln, aber Schubert macht Mut. „Mit dem richtigen Wein dazu wird es perfekt.“

Der erste Gang ist auch eine Knolle. Eine violette Kartoffel, die, auch wenn sie Blauer Schwede heißt, als Hommage an den Alten Fritz, dem man die Entdeckung der Kartoffel als Grundnahrungsmittel für Preußen zuschreibt, gedacht ist. In der Schale gekocht, dann zart angedrückt, so dass die Schale aufbricht. Serviert mit Pampelmusenchutney und karamellisierten Senfkörnern. Sieht aus wie Vogelfutter – und schmeckt überraschend gut, eine witzige Knabberei aus Schärfe und Süße.

Weihnachtsrezept vom Restaurant "Kochzimmer" in Potsdam
Weihnachtsrezept vom Restaurant "Kochzimmer" in Potsdam

© Andreas Klaer

Für den Hauptgang wird Oldenburger Ente verarbeitet.

Abgezupftes Fleisch, sozusagen Pulled Duck, wird in Soße geschwenkt und mit Süßkartoffelschaum angerichtet. Die Entenkeulen dafür wurden zuvor langsam gegart, 18 Stunden bei 80 Grad im Backofen. Das kann man sich wirklich trauen, sagt Schubert, und es funktioniert in jedem Herd. Mit Frischhaltefolie abdecken und dann kann der Koch ruhig schlafen gehen. Das Fleisch dann vom Knochen lösen, kalt stellen.

In der Soße wird das Fleisch später portionsweise aufgewärmt. Das ist immerhin sehr praktisch. Für den Süßkartoffelschaum wird zunächst Nussbutter, also braune Butter, hergestellt. Gekochte Süßkartoffel, Butter, Sahne, Entenfond und Gewürze werden dann verrührt und durch ein Sieb gestrichen. Denn die Luft für den Schaum entsteht, wenn man alles durch einen herkömmlichen Sahnesiphon jagt. Notfalls, sagt Schubert, die Masse von Hand kräftig aufschlagen. Damit man auch was zum Beißen hat, vielmehr zum Knuspern, wird das Häuflein mit frittierten Süßkartoffelchips bestreut, die aussehen wie orangene Kokosflocken. Ganz fantastisch passt dazu eine winzige Kleinigkeit: gesalzene Zitronenfilets. Die sind tatsächlich kinderleicht herzustellen und wecken den von Proteinen und Stärke eingelullten Gaumen auf.

Und so geht’s: Zitrone filetieren und diese mit Zitronensaft, Meersalz und Pfeffer für drei Tage im Kühlschrank ziehen lassen. Es ist also alles auch eine Frage des Timings.

Festliches Farbenspiel. Bei der Vorspeise trifft die zart-lila Kartoffel auf rosa Pampelmusenchutney. Das Tafelgeschirr stellt die Berliner Keramikerin Christiane Landbeck exklusiv für das Restaurant Kochzimmer her.
Festliches Farbenspiel. Bei der Vorspeise trifft die zart-lila Kartoffel auf rosa Pampelmusenchutney. Das Tafelgeschirr stellt die Berliner Keramikerin Christiane Landbeck exklusiv für das Restaurant Kochzimmer her.

© Andreas Klaer

Das Dessert kommt als Bunter Teller, der an Christbaumschmuck erinnert. Schubert öffnet geheime Schubladen und Eisfächer, in denen sich die Zutaten befinden und nur noch zitterfrei und ohne zu kleckern auf dem Teller platziert werden müssen. Es sieht nach einer komplizierten Angelegenheit aus. Allein die Herstellung des Fondants verlangt fundierte Kenntnisse und Fähigkeiten: Kuvertüre mit Butter, Kakao und Grand Marnier schmelzen, Eigelb und Zucker im Wasserbad aufschlagen und „zur Rose aufschlagen“. Das heißt, wenn man auf den Rücken des Kochlöffels bläst, bildet sich in der Masse das Muster einer Rosenblüte. Kuvertüre und geschlagene Sahne unterheben, alles in kleinen Förmchen anfrieren, stürzen und vergolden. Die Quittenkügelchen werden in einem Fond aus Karamell, Weißwein und Apfelsaft gegart. Das Topinambureis bleibt Schuberts Geheimnis. Die Knolle wird vorgekocht und dann kurz aufgebraten. Preußische Erdung mit Glanz und Gloria.

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