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Stilechte Zwanziger. Dreh im Foyer der Uni am Griebnitzsee.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Chicago am Griebnitzsee

Babelsberger Filmemacher drehten am Sonntag im Uni-Hauptgebäude

„Ruhe bitte – Kamera läuft!“ Für Sebastian Stielke wurde der gestrige Sonntag zu einem ganz harten Drehtag: Eben stand er noch für einen Nachtdreh für die Agentenserie „Berlin Station“ – eine Koproduktion von Paramount und Studio Babelsberg mit Richard Armitage in der Hauptrolle – vor der Kamera, 19 Uhr bis 7 Uhr früh, und nach dieser schlaflosen Nacht ging es gleich weiter. Das marmorne Foyer des Hauptgebäudes des Uni-Campus Griebnitzsee verwandelte sich in das Chicago der 1920er-Jahre. Ein Ort mit Filmgeschichte ist der Drehort: Tom Cruise hatte das Gebäude für seinen Film „Operation Walküre“ besichtigt, István Szabó drehte bereits 1981 „Mephisto“ mit Klaus Maria Brandauer in dem Haus, das im Dritten Reich Präsidialgebäude des Roten Kreuzes war. Dieses Mal wird das Bauwerk zu einer Anwaltskanzlei: Nadelstreifen und Intrigen in den Zeiten der Prohibition zeigt der Film, die passenden Kostüme lieferte der Kostümfundus Babelsberg.

„Geplante Obsoleszenz“, sagt Sebastian Stielke zur Handlung des Kurzfilms und grinst verschwörerisch. Darunter verstehe man die absichtliche Verringerung der Lebensdauer von Produkten, um sie besser verkaufen zu können – wem nutzt schon eine Glühbirne, die ewig hält? Diese geheimen Absprachen werden für den Film in der Kanzlei „Preston&Mills“ getroffen; neben Stielke spielen Mike Davies und Ferenc Graefe Advokaten im feinen Zwirn. Graefe war jüngst als Ausstatter bei „Alone in Berlin“ dabei, der Hans-Fallada-Verfilmung von „Jeder stirbt für sich allein“, die mit Daniel Brühl, Emma Watson und Brendan Gleeson auf der diesjährigen Berlinale Premiere feierte.

Der Babelsberger Kurzfilm wird auf Englisch gedreht: „Das soll ein Showreel werden, wie man jetzt sagt“, so Stielke. Mit diesen kurzen Demofilmen können sich Schauspieler präsentieren. Bevor die Kamera läuft, gibt es noch Stell- und Beleuchtungsproben, dem Zufall kann nichts überlassen werden. Insgesamt 30 Personen sind am Dreh beteiligt, vom Oberbeleuchteter bis zum Tonassistenten. Und viele kleine Details sind in den Kurzfilm eingebaut: An der Wand hängt eine Tafel mit den Anwälten der Kanzlei, die Namen sind die der am Dreh Beteiligten – kunstvoll „amerikanisiert“. Sogar die Notausgänge sind nicht mehr grün, sondern grau – „Exit“ steht darauf. Zum Drehteam gehören zahlreiche Absolventen der Talentschmiede Filmuniversität Babelsberg. Neben Stielke, der vielen aus der fiktiven Uschi-Obermaier-Biografie „Das wilde Leben“ bekannt sein dürfte, ist etwa Dennis Todorovic als Regisseur an Bord, dessen Film „Schwester Weiß“ über Trauer, Glauben und Vergebung demnächst in den Kinos anläuft. Als Kameramann arbeitet Sven Jakob-Engelmann, Schnittmeister ist Tobias Steidle – allesamt Absolventen der Filmuniversität.

Als Verantwortlichen für den Ton haben die Macher des Chicago-Kurzfilms sogar eine Koryphäe gewinnen können: den Potsdamer Tonmeister Roland Winke („Cloud Atlas“), der 2007 den Deutschen Filmpreis „Lola“ für seine Leistungen in „Das Parfüm“ gewann und erst am Freitag seinen letzten Drehtag beim Remake „Vier gegen die Bank“ des deutschen Hollywood-Regisseurs Wolfgang Petersen hatte. Die Verbindung zu Winke kam über Ferenc Graefe, mit dem Winke „Alone in Berlin“ gedreht hatte, zustande. Als Graefe ihn fragte, ob er nicht Lust auf das Projekt habe, sagte Winke gleich zu.

Das ist eben auch Babelsberg: Zusammenhalt wird groß geschrieben – und nicht von der Größe des Projekts abhängig gemacht. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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