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Bei „Chez Martin“ werden Käse und andere Feinkostprodukte, überwiegend aus Frankreich, sowie Wein verkauft.

© Andreas Klaer

"Chez Martin" in Potsdam: Käseschönheit aus Babelsberg

Bei „Chez Martin“ in Babelsberg werden nicht nur Käse und Wein aus Frankreich verkauft, sondern auch Grundwissen und Leidenschaft vermittelt.

Potsdam - Etwa 100 Sorten liegen in der Vitrine, Käse aus Frankreich, Norddeutschland, Italien. Alle Größen, Farben, Konsistenzen. „Und dann kommen Kunden rein und fragen ausgerechnet nach Gouda.“ Martin Hoste klingt ein wenig verzweifelt, obwohl solche Vorfällt schon länger her sind. Der Käseladen in Babelsberg öffnete im März vergangenen Jahres und längst haben sich die Kunden an die große Vielfalt herangetastet. Weg von dem, was sie aus dem Supermarkt kennen. „Die meisten kennen Gouda und Brie. Jetzt trauen sie sich schon an neue Sorten. Sogar an die stinkigen wie Rotschmierekäse, Epoise zum Beispiel“, sagt Hoste. Er ist Franzose und sein Akzent verleiht selbst Worten wie „stinkig“ und „Rotschmiere“ eine edle Note.

Martin Hoste und der Deutsche Martin Noll sind das Team Käse von „Chez Martin“. Zwei, die sich gefunden haben: Der Franzose mit praktisch angeborener Affinität und Praxiserfahrung und der Deutsche mit seinem Wissen über hiesige Sorten und seiner Leidenschaft für dieses uralte Lebensmittel, das ihn fasziniert. „Käse gab es schon in der Jungsteinzeit.“ Ladeninhaber ist Sylvain Durand, der in Babelsberg einen Bioladen betreibt. Da kommt viel Sinnlichkeit und Expertise zusammen. Bei „Chez Martin“, zu deutsch „Bei Martin“, wird deshalb auch nicht nur zackzack verkauft. Es ist immer Zeit für Beratung und zum Kosten. Auf Wunsch auch mit einem Schluck Rotwein. Käse braucht seine Zeit. Beim Reifen und beim Kaufen.

Martin Hoste ist einer der zwei Martins bei „Chez Martin“.
Martin Hoste ist einer der zwei Martins bei „Chez Martin“.

© Andreas Klaer

Käse kann auch schön sein

Zum Verhältnis der Deutschen zum Käse befragt, zitiert Martin Noll seinen Kollegen. „Sein Eindruck war, die Deutschen haben Angst vor dem Käse“. Ist es so? „Da ist was dran“, sagt Noll, „aber die Kunden sind neugierig und bei uns dürfen sie alles probieren. Wir haben hier ein wunderbares Publikum.“

Keine Angst vor Käse hat auf jeden Fall das kleine Mädchen, das am späten Nachmittag mit der Mutter einkauft. Sie kann direkt in die Theke reinschauen und ist sehr neugierig. „Was ist der runde Kleine? Und das Grüne, ist das Schimmel?“ Kein Schimmel, sagt Hoste, sondern Ziegenkäse in Asche und besonders sahnig. Auch den orangen Mimolette findet sie schön. Der Ziegenkäse wird gekauft. Das Mädchen kontrolliert das Päckchen und sagt dann: „Das kommt in meine eigene Tasche.“

In dem kleinen Laden in der Garnstraße kann man auch Käsepartys feiern. 
In dem kleinen Laden in der Garnstraße kann man auch Käsepartys feiern. 

© Andreas Klaer

Vom Maler zum Käse-Kenner

Martin Hoste erklärt gerne, wie die Sorten hergestellt werden, woher sie kommen, wie sie schmecken und zu welchem Anlass sie passen. Um das zu wissen, musste er keine Ausbildung absolvieren, keinen Beruf lernen. „Ich bin Franzose, und ich liebe Käse, ganz einfach“, sagt er. Sein Onkel war Käse-Affineur, das heißt er kaufte das frische Rohprodukt und hat es dann zu seinen eigenen Sorten veredelt, mit seinen Methoden reifen lassen. Da hat er mitgearbeitet und hat auch bei anderen Feinkostprojekten, wie er es nennt, Erfahrungen gesammelt. Seit einigen Jahren lebt er wegen seiner Familie in Potsdam. Martin Noll war früher bildender Künstler, studierter Maler. Von der Malerei hat er sich verabschiedet. Für den Kunstmarkt zu arbeiten war nicht seine Sache. Jetzt ist er glücklich. „Ich verstehe auch Käse als ein Kulturprodukt“, sagt er.

Das wichtigste Kriterium für die Auswahl im Laden lautet: „Was uns schmeckt“, sagt Martin Hoste. Die meisten Sorten kommen aus Frankreich, vor allem von kleinen Produzenten. Entweder direkt von den Höfen, wo die Milch der eigenen Tiere verarbeitet wird oder von Meiereien, die die Milch aufkaufen. Manches ist auch Bioqualität. Aber viele Hersteller nutzen kein Siegel. Sie achten dennoch auf eine gesunde Tierhaltung, sagt Hoste. Einige Sorten beziehen sie aus Italien, und ins Sortiment gehört unbedingt ein guter griechischer Feta. Die Käse aus Deutschland stammen aus Holstein. Hier ist Noll der Einkäufer. „Wieder im Angebot: der beliebte Deichgraf“, steht auf einer Tafel. Der Deichgraf schmeckt würzig und beim Kauen, so fühlt es sich an, zerplatzen winzige Salzkristalle im Mund. „Die Kühe stehen wenige Meter über dem Meeresspiegel und halten den Nordwind aus“, sagt Noll.

Produkte kommen auch aus Norddeutschland 

Ähnlich, aber doch wieder anders schmeckt der Bergkäse, Comté und Beaufort. Dort stehen die Kühe auf Alpenwiesen und futtern Blümchen und Wildkräuter. Von der Nordseeküste stammt Quark. Die frische Milch zum Abfüllen in eigene Flaschen ist das einzige Produkt aus Brandenburg. Außerdem gibt es Weine, Pasta, Feinkostkonserven und Sardinisches Meersalz, die Kilotüte für einen Euro. Es muss nicht immer teuer sein.

Der Käse allerdings hat seinen - fairen - Preis. „Alle Beteiligten der Wertschöpfungskette sollen ihren Anteil bekommen“, sagt Noll. Immerhin gibt es auch Sorten ab zwei Euro pro 100 Gramm. Und wer kostet, der lässt sich meistens überzeugen. Gerne stellen sie auf Wunsch Platten zusammen. Auch private Verkostungen oder kleine Partys sind im Laden möglich. Dann gibt es drei Käsegänge mit Sekt, Weißwein und Rotwein. „Man kann Käse auch einfach essen, weil es Spaß macht“, sagt Hoste.

Chez Martin, Garnstraße 22

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