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Landeshauptstadt: Bundestagsbewerber in linksextremer Organisation

Linke-Kandidat Norbert Müller gehört der Roten Hilfe an, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird

Der designierte Bundestagsdirektkandidat der Linken für den Potsdamer Wahlkreis 61, Norbert Müller, ist Mitglied in einer linksextremen Organisation, die bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Er gehört zur Roten Hilfe, die laut der Sicherheitsbehörde von „Linksextremisten unterschiedlicher ideologisch-politischer Ausrichtung“ getragen wird. Um Müllers Kandidatur bahnt sich nun eine heftige politische Kontroverse an.

Müller bestätigte den PNN seine Mitgliedschaft bei dem Verein, die er auch auf seiner eigenen Internetseite ausweist. Im brandenburgischen Verfassungsschutzbericht heißt es, die Rote Hilfe erfülle eine Klammerfunktion für den deutschen Linksextremismus und habe rund 170 Mitglieder in der Mark sowie unter anderem eine Ortsgruppe in Potsdam. Die Mitglieder kämen überwiegend aus der autonomen Szene. Wie andere extremistische Gruppierungen versuche die Rote Hilfe, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu delegitimieren. So müsse nach Lesart des Vereins „der vermeintlich legitime revolutionäre Widerstand linksextremistischer Gruppen gegen das verhasste System entkriminalisiert werden“ – selbst Mitglieder der Rote Armee Fraktion (RAF) würden als „politische Gefangene“ betrachtet, so die Sicherheitsbehörde.

Müller dagegen verteidigt die Rote Hilfe. Sie sei ein Verein, der Linken bei rechtlichen Auseinandersetzungen helfe – etwa wenn junge Antifaschisten nach einer Blockade eines Naziaufmarsches strafrechtlich verfolgt würden, so der 26-Jährige. „Ich habe das noch nie in Anspruch nehmen müssen, bin aber gerne solidarisch und deswegen seit Jahren, wenn auch nur als Beitragszahler, Mitglied der Roten Hilfe.“ Müller kritisierte indes den Verfassungsschutz: In manchen Bundesländern stehe selbst die Linke unter Beobachtung dieser Behörde. „Das sagt nichts über die Beobachteten aus, sondern vielmehr über die Beobachter.“ Der Verfassungsschutz betreibe gezielt Politik gegen linke, demokratische Kräfte. Doch die gleiche Behörde unternehme nichts gegen Naziterroristen, die mordend durchs Land ziehen, so Müller in Anspielung auf Verfehlungen der Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU).

Beim für den brandenburgischen Verfassungsschutz zuständigen Innenministerium wollte Sprecher Geert Piorkowski die Mitgliedschaft eines Bundestagskandidaten bei der Roten Hilfe nicht weiter kommentieren. Dies müssten die Wähler bewerten, so der Sprecher. Allerdings sei nicht jedes Mitglied in der Roten Hilfe gleich als Linksextremist einzuschätzen. Viele Mitglieder glauben tatsächlich, dass es sich bei dem Verein um eine reine Hilfsorganisation handele, so Piorkowski.

Dagegen sagte die Bundestagskandidatin der SPD in Potsdam, Andrea Wicklein, dass sie von Bewerbern für den Bundestag erwarte, dass sie sich Angriffen auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung entgegenstellen. „Wenn es zutreffen sollte, dass Herr Müller bei der Roten Hilfe ist, dann hätte er sich meiner Meinung nach als Kandidat für den Bundestag delegitimiert“, sagte die Bundestagsabgeordnete auf PNN-Anfrage. Müller soll am 15. Dezember bei einer Mitgliederversammlung seiner Partei offiziell zum Direktkandidaten für den Bundestag gekürt werden, einen Gegenkandidaten gibt es bisher nicht. Auf Müller, der auch stellvertretender Landesvorsitzender der Linken ist, hatten sich die Kreisvorstände der Linken in Potsdam, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming verständigt.

Potsdams Kreischef Sascha Krämer verteidigte Müller und warf Wicklein Wahlkampfpolemik vor. Sie solle sich daran erinnern, „dass die alte SPD früher auch so etwas wie eine Rote Hilfe der Arbeiterbewegung war“. Davon könne heute keine Rede mehr sein – vielmehr habe SPD-Politik die Gegensätze zwischen Arm und Reich in Deutschland vertieft, so Krämer.

Auf Bundesebene gab es schon mehrfach Debatten über das Engagement von linken Politikern in der Roten Hilfe. So war 2007 die Ex-Bundesvorsitzende der SPD-Jugendorganisation Jusos aus der Roten Hilfe ausgetreten, nachdem ihre Mitgliedschaft bekannt geworden war und dies zu einer Kontroverse geführt hatte.

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