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Wertvolle 50-Meter-Bahnen. Die Schwimmhalle am Brauhausberg zu sanieren und ein kleines Kiezbad im Norden zu bauen, könnte am Ende billiger sein, als nur ein Sportbad an der Biosphäre zu errichten. Die Angebote dafür liegen bei knapp 30 Millionen Euro.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Bürgervotum zum Bad: Kommunalrechtler uneins

Viel Zustimmung aus der Stadtpolitik. Kleine Fraktionen warnen vor Kostenexplosion. Potsdamer ab 16 Jahren dürfen teilnehmen

Von Peer Straube

Innenstadt / Bornstedter Feld - Der Vorschlag von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), die Potsdamer über den Standort für ein neues Schwimmbad abstimmen zu lassen, stößt bei Kommunalrechtsexperten auf ein geteiltes Echo. Die Entscheidung über ein Bad sei eine „völlig normale Aufgabe für die Stadtverordneten“, sagte Thomas Edeling, Vorstand des Kommunalwissenschaftlichen Instituts und Inhaber des Lehrstuhls für Organisations- und Verwaltungssoziologie der Universität Potsdam, den PNN. Eine Bürgerbefragung für ein „Volksbad“ sei „schlicht zu teuer“, so Edeling. Nach PNN-Informationen soll das Verfahren etwa 200 000 Euro kosten.

Für eine „Superidee“ hält dagegen Heinz Kleger, Professor für Politische Theorie an der Uni, Jakobs’ Vorstoß. „Seit Jahren reden wir über Bürgerbeteiligung – das ist ein Anfang und der ist unbedingt nötig.“ Kleger, der bereits das neue Potsdamer Toleranzedikt erarbeitet hat, erklärte, der neue Schwimmbadstandort sei eine Frage, die „gesamtstädtisch“ entschieden werden müsse. Für die vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahren der direkten Demokratie, etwa einen Bürgerentscheid, seien die Hürden sehr hoch. Eine Bürgerbefragung sei zwar rechtlich nicht bindend, doch wenn sich der Oberbürgermeister nach dem Mehrheitswillen richte, setze er damit ein Zeichen, lobte Kleger. Er empfahl der Stadtpolitik, es Jakobs gleichzutun und das Bürgervotum nicht unter den Vorbehalt der Zustimmung durch die Stadtverordnetenversammlung zu stellen.

Dies ist aber bislang geplant. Wie berichtet soll am 13. und 14. Januar ein öffentlicher Workshop, an dem auch Bau- und Finanzexperten teilnehmen, über mögliche Standortvarianten beraten. Derzeit gibt es drei: der bereits beschlossene Neubau eines Sport- und Freizeitbades neben der Biosphäre, die Sanierung der Bauhausberg-Schwimmhalle oder, als Kompromiss, eine einfache Schwimmhallensanierung und der Bau eines Kiezbades im Bornstedter Feld. Es können aber auch andere Vorschläge diskutiert werden. In drei Arbeitsrunden sollen die Ergebnisse in konkrete Fragen gegossen werden, über die die Potsdamer dann im März abstimmen können – wahrscheinlich per Brief mit frankiertem Rückumschlag. Befragt werden sollen alle Einwohner der Stadt ab 16 Jahren, erklärte Jakobs gestern. SPD-Fraktionschef Mike Schubert regte an, mit dem Stadtjugendring nach Möglichkeiten zu suchen, wie die 16- bis 18-Jährigen über die Befragung informiert werden können.

Die laufende Ausschreibung ist laut Stadtsprecher Schulz kein Hindernis für die Befragung. Jeder Bieter habe von Anfang an gewusst, dass die Stadtverordneten den Zuschlag erteilen müssen. Die Ausschreibung solle indes offengehalten werden, bis das Bürgervotum feststeht – für den Fall, dass die Mehrheit einen Badneubau am Bornstedter Feld wünscht.

Von der Politik gab es gestern überwiegend Lob für Jakobs’ Entscheidung zur Bürgerbefragung. Christine Anlauff, Chefin der sonst sehr rathauskritischen Fraktion Die Andere, zeigte sich „stark beeindruckt“. Wenn das Verfahren transparent sei und die Kosten für alle Varianten auf dem Tisch lägen, „ist das eine schöne Sache“. CDU-Kreischefin Katherina Reiche sagte, eine Befragung der Potsdamer zum Badneubau sei der „richtige Weg zu einer breiten Akzeptanz der Entscheidung“. Saskia Hüneke, Fraktionschefin der Bündnisgrünen, hält neben einer Befragung aller Potsdamer auch eine repräsentative Umfrage für möglich. Wichtig sei, dass bei Sanierung oder Neubau eine Lebenszyklusbetrachtung erstellt werde. Das Schwimmbad müsse in jedem Fall ökologisch sein, forderte Hüneke.

Bürgerbündnis, FDP und Potsdamer Demokraten drängen darauf, die Kosten im Blick zu behalten. Nötig sei eine „vernünftige Wirtschaftlichkeitsberechnung“, verlangte Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis. Er sei zwar nicht davon überzeugt, dass „150 000 Menschen, die vom Geschäft relativ wenig Ahnung haben“, eine ökonomisch sinnvolle Entscheidung treffen könnten. Andererseits gebe es auch keine Alternative, wenn man mehr Bürgerbeteiligung wolle. FDP-Fraktionschef Johannes Baron von der Osten-Sacken forderte eine finanziell fachkundige Begleitung des Verfahrens. „Das Bad muss wirtschaftlich betrieben werden können.“ Auf diesem Punkt beharrt auch Peter Schultheiß, Fraktionschef der Potsdamer Demokraten. Die Bürger müssten auch über die Betriebskosten aller Varianten informiert werden, damit sie eine „sachgerechte Entscheidung“ treffen könnten, sagte Schultheiß.

Nach Ansicht von Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg spricht „sehr viel dafür“, dass die Brauhausberg-Halle für zehn Millionen Euro saniert werden kann und sich die Stadtwerke auch noch ein Kiezbad an der Biosphäre für weitere zehn Millionen Euro leisten können. Damit bliebe man immer noch fünf bis zehn Millionen Euro unter den Angeboten für ein Sport- und Freizeitbad im Bornstedter Feld. Scharfenberg forderte erneut, die Ausschreibung zu stoppen.

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