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Bürgerversammlung Am Stern: Vorbehalte gegen Flüchtlingswohnungen

Ein Pro-Potsdam-Projekt für Flüchtlinge in der Grotrianstraße stieß bei einer Bürgerversammlung auf geteiltes Echo. Die Politiker warnten davor, sich von Klischees und Vorurteilen leiten zu lassen.

Potsdam - Der städtische Plan für den Neubau von Flüchtlingswohnungen in der Grotrianstraße bewegt die Nachbarschaft im Wohngebiet Am Stern. Von deutlicher Ablehnung bis zu Zustimmung zu dem Projekt reichte das Spektrum der Wortmeldungen am Dienstagabend auf der von der Stadt einberufenen Bürgerversammlung, zu der schätzungsweise 250 Menschen in die Sporthalle der Pappelhain-Grundschule gekommen waren. In der emotional geführten Debatte verteidigte Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) das Vorhaben, in einem Haus, das die städtische Pro Potsdam derzeit in der Grotrianstraße errichten lässt, Wohnungen für Flüchtlinge einzurichten.

Zwischen 120 und 130 Flüchtlingswohnungen fehlten momentan in der Landeshauptstadt, so die Dezernentin. Potsdam müsse in diesem Jahr 279 Menschen aufnehmen – eine Zahl, die sich laut Müller-Preinesberger noch ändern könne. Für das kommende Jahr rechne sie mit mindestens ebenso vielen Flüchtlingen.

Mehrere Anwohner kritisierten die Informationspolitik der Stadt. „Wir werden immer vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagte eine Frau und wurde dafür mit deutlichem Applaus bedacht. Sie forderte eine Bürgerabstimmung über die Flüchtlingswohnungen in der Grotrianstraße. Die Beigeordnete wies den Vorwurf der zögerlichen Information zurück. Die Pro Potsdam als Bauherrin habe der Stadtverwaltung den Neubau erst für Flüchtlingswohnungen angeboten, als die Bauarbeiten bereits begonnen hatten. Es sei nicht möglich gewesen, die Bürgerversammlung zu einem früheren Zeitpunkt zu organisieren.

Seine Sorge vor rechtsradikalen Umtrieben im Umfeld brachte ein anderer Anwohner zum Ausdruck. „Die Ängste will ich gerne ernst nehmen“, antwortete ihm Müller-Preinesberger. Dem Vorschlag des Mannes, die Flüchtlinge über die gesamte Stadt verteilt in einzelnen Wohnungen unterzubringen, erteilte sie eine Absage. Die Betreuung der Flüchtlinge durch Sozialträger sei so nicht vernünftig umsetzbar. Mit der Unterbringung in einem sogenannten Wohnungsverbund hat die Stadt bereits in Potsdam-West Erfahrungen gemacht, geplant ist das Modell auch im Staudenhof in der Innenstadt.

Warum man nicht im Nobelviertel am Heiligen See derartige Wohnungen einrichte, wollte ein anderer Teilnehmer wissen. Sie kenne dort schlicht keinen Eigentümer, der Gebäude dafür zur Verfügung stellen möchte, sagte Müller-Preinesberger. Aber kein Stadtteil werde bei der Suche nach Standorten ausgenommen.

Auch Sozialneid wurde bei der Veranstaltung laut: Einige Teilnehmer meinten, Flüchtlingen werde eine zu üppige materielle Unterstützung gewährt – gleichlautende Flugzettel kursierten bereits vor Tagen im Viertel. Besonders störten sich die Anwohner daran, dass die Flüchtlinge in einem Neubau leben sollen. „Viele von uns können sich das nicht leisten“, sagte ein Mann. Hans-Jürgen Scharfenberg, Linke-Fraktionschef im Stadtparlament und Einwohner des Stadtteils Am Stern, warb indes für das Projekt: „Lassen wir uns nicht von Klischees und Vorurteilen leiten“, sagte er.

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