zum Hauptinhalt
Update

Bürgerumfrage für Potsdam: Potsdamer sind weniger zufrieden

Die fünfte Bürgerumfrage der Potsdamer Stadtverwaltung zeigt wachsende Probleme bei Kinderbetreuung und Wohnen - und eine Spaltung der Stadt, wie eine PNN-Grafik verdeutlicht.

Von

Potsdam - Die Potsdamer schätzen die Lebensqualität in der Landeshauptstadt erstmals seit fünf Jahren schlechter ein. Das geht aus der aktuellen Bürgerumfrage im Auftrag der Stadtverwaltung hervor, deren Ergebnisse die Stadt am Freitag im Rathaus vorgestellt hat. Demnach ging der Anteil der Befragten, die die Lebensqualität in der Stadt als sehr gut oder gut bewerte, im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2017 um 3,4 Prozent zurück. In den Jahren zuvor war die Lebensqualität kontinuierlich immer besser bewertet worden. Allerdings sind die Potsdamer trotzdem ziemlich glücklich mit ihrer Stadt: 82,7 Prozent der Teilnehmer finden die Lebensqualität in der Landeshauptstadt gut oder sogar sehr gut.

Drei Themen für Potsdamer besonders problematisch

Die Ergebnisse der Umfrage geben auch Hinweise darauf, warum die Potsdamer nicht mehr ganz so zufrieden sind wie zuletzt. Die Befragten konnten angeben, welche Probleme sie in der Stadt für die drängendsten halten. Dabei wurden die Themen Wohnen sowie Kinderbetreuung und Schule deutlich häufiger genannt als zuletzt. Beide landen in der Problem-Hitliste auf Platz zwei und drei. Unangefochten an der Spitze bleibt der Verkehr, der von 37 Prozent der Teilnehmer als wichtigstes Problem genannt wurde. Allerdings sinkt dieser Wert von Umfrage zu Umfrage.

5500 zufällig ausgewählte Potsdamer wurden angeschrieben

Die Stadtverwaltung hat die sogenannte „Mehrthemenumfrage“ zum „Leben in Potsdam“ zum fünften Mal durchgeführt. Sie hatte im Jahr 2013 ihre Premiere und wurde zuletzt im Herbst 2018 durchgeführt. Rund 5500 zufällig ausgewählte Potsdamer hatten die Möglichkeit, sich mit der Beantwortung von insgesamt 48 Fragen zu den Themen Leben in Potsdam, Wohnen, Wirtschaft und Arbeit, Verkehr und Mobilität sowie zur Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen sowohl in der Gesamtstadt als auch in ihrem Stadtteil zu äußern. 2200 der Angeschriebenen haben den Fragebogen ausgefüllt. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ.

Man wolle das hohe Niveau halten, heißt es aus dem Rathaus

Im Rathaus ist man mit den Ergebnissen im Großen und Ganzen zufrieden. „Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich auf, dass die Einwohnerinnen und Einwohner um die hervorragende Lebensqualität Potsdams wissen“, sagte Dieter Jetschmanegg, Dezernent für die Zentrale Verwaltung. Allerdings wiesen sie auch darauf hin, „dass wir uns Herausforderungen stellen müssen, um dieses hohe Niveau zu halten“. Einerseits sei die Stadt durch die hohe Lebensqualität attraktiv für viele Menschen, die auch deswegen nach Potsdam ziehen. Andererseits habe das Wachstum der Stadt Auswirkungen insbesondere auf Verkehr, Wohnen und soziale Infrastruktur.
Bei den Ergebnissen zeigen sich auch zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den Stadtteilen. Am besten wird die Lebensqualität in der Berliner Vorstadt wahrgenommen. Es folgen Babelsberg Nord, Klein Glienicke sowie die Nauener Vorstadt und Jägervorstadt, die auch wie in den Vorjahren zu den Stadtteilen mit den besten Bewertungen gehörten. In neun der ausgewiesenen neunzehn Stadtteile wurde gegenüber 2015 eine gestiegene Lebensqualität wahrgenommen. Im Schlaatz wurde die Lebensqualität am negativsten beurteilt. Ebenfalls unter dem Durchschnitt schnitten Drewitz, Zentrum Ost, das Kirchsteigfeld, Waldstadt, Stern sowie die Nördlichen Ortsteile und Sacrow ab.

Grafiken verdeutlichen die Ergebnisse der Bürgerumfrage.
Grafiken verdeutlichen die Ergebnisse der Bürgerumfrage.

© Rita Böttcher/PNN

Hier die wichtigsten Themenbereiche der Umfrage und die Ergebnisse im Detail:

Als Meckerhauptstadt Ostdeutschlands hatte sich Potsdam vor mehr als 20 Jahren dank einer „Spiegel“-Schlagzeile überregional einen Ruf gemacht. Seither sind die Potsdamer aber immer zufriedener geworden – wie sich in den vergangenen Jahren an den Ergebnissen der Bürgerumfragen im Auftrag des Rathauses ablesen ließ. Im Herbst 2018 wurden wieder 5500 zufällig ausgewählte Haushalte angeschrieben, 2200 haben die insgesamt 48 Fragen beantwortet. Erstmals ging es laut der jüngsten Umfrage wieder abwärts mit der Beurteilung der Lebensqualität. Über dieses und weitere Ergebnisse geben die PNN einen Überblick.

LEBENSQUALITÄT

82,7 Prozent der Befragten bescheinigten der Stadt eine hohe Lebensqualität. Das sind 3,4 Prozent weniger als bei der letzten Befragung im Jahr 2015. Am zufriedensten sind die Bewohner der Vorstädte, von Babelsberg und der Innenstadt. Schlechter beurteilen Einwohner der Plattenbaugebiete und der Nördlichen Ortsteile die Lebensqualität. Mit Ausnahme von den Wohngebieten Am Stern und Drewitz hat sich die Einschätzung dort auch noch einmal verschlechtert. Dagegen fühlen sich Potsdamer dort, wo zuvor bereits gute Werte angegeben worden, nun noch wohler – mit Ausnahme allerdings von Potsdam-West und der Innenstadt. Auffällig ist, dass die Gebiete mit einer nach Ansicht der Befragten schlechteren Lebensqualität im Wesentlichen denen entsprechen, wo das Haushaltseinkommen am niedrigsten ist. Ähnlich sieht es beim Anteil armutsgefährdeter und wohlhabender Teilnehmer der Befragung aus: Erstere finden sich in den Stadtteilen mit niedrigerer Lebensqualität häufiger, Wohlhabende häufen sich in den zufriedeneren Stadtteilen.

VERKEHR

Der Dauerbrenner unter Potsdams Problemen bleibt der Verkehr. 37,3 Prozent der Befragten sind mit der Verkehrssituation generell unzufrieden. Allerdings wird das Thema von immer weniger Potsdamern als wichtigstes Problem genannt: In der ersten Umfrage 2013 waren es noch 44,1 Prozent. Am häufigsten wurden dabei Probleme mit mangelnden Parkplätzen, dem Angebot von Bussen und Trams sowie Baustellen genannt. Für alle untersuchten Wegezwecke wird der sogenannte Umweltverbund von Bussen, Tram, Fahrrad und zu Fuß von den Potsdamern am stärksten genutzt. Für Einkäufe und Erledigungen wird das Auto mit rund 35 Prozent und auf dem Weg zur Arbeit, Schule und Ausbildungsstätte zu knapp 33 Prozent genutzt. Potsdamer nördlich der Havel bleiben mit 39 Prozent eher in ihrem Gebiet, um zu arbeiten, zu studieren oder zur Schule zu gehen, als die südlich der Havel Wohnenden, die zu 27 Prozent in ihrem Gebiet verbleiben und zu 29 Prozent nach Berlin pendeln.

WOHNEN

Wie in den früheren Befragungen auch wird das Thema Wohnen als zweites großes Problem in Potsdam angesehen. Und es wird immer häufiger genannt – mittlerweile von 23,2 Prozent der Teilnehmer. Vor allem zu hohe Mietkosten und ein mangelndes Wohnungsangebot wurden von den Teilnehmern als problematisch benannt. Für die Kaltmiete werden nach Angaben der befragten Mieter im Durchschnitt monatlich 594 Euro gezahlt. 56 Prozent der teilnehmenden Mieter geben an, dass sich die Kaltmiete in ihrer Wohnung in den vergangenen vier Jahren erhöht hat. Durchschnittlich 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens wird von den Potsdamer Mietern für die Zahlung der Gesamtmiete aufgewendet. 75,1 Prozent der Potsdamer wohnt zur Miete, alle anderen sind Eigentümer. Mit 41,2 Prozent leben die meisten teilnehmenden Mieter in einer 60 bis 80 Quadratmeter großen Wohnung.

ARBEIT

Über ihren Arbeitsplatz machen sich die meisten Potsdamer keine Sorgen. 90 Prozent der Teilnehmer halten ihren Arbeitsplatz für sehr sicher oder zumindest eher sicher – sofern sie einen haben. Denn nur 63 Prozent geht einer Erwerbsarbeit nach. Etwas weniger als zwei Drittel der Erwerbstätigen arbeiten in Vollzeit, also 40 Stunden oder mehr pro Woche. Das mittlere Einkommen der Potsdamer Haushalte lag bei 3000 Euro. Das waren 300 Euro mehr als bei der vorangegangenen Befragung im Jahr 2017.

KINDERBETREUUNG

Neu in den Top 3 der größten Probleme ist der Themenbereich Kinderbetreuung und Schule und hat dabei das Thema fehlende Sauberkeit verdrängt. 8,6 Prozent der Teilnehmer nannte diesen Bereich – eine Verdopplung im Vergleich zu 2015. Am häufigsten wurde in diesem Problembereich ein Mangel an Plätzen in Kitas, zu wenige Schulen und die Kosten für Kindertagesbetreuung genannt.

GESUNDHEIT

Wie in den vergangenen Erhebungsjahren auch enthielt die diesjährige Umfrage einen variablen Teil mit aktuellen Fragestellungen. Diesmal ging es dabei um das Thema Gesundheit. Die Ergebnisse sollen vor allem für die städtische Gesundheits- und Sozialplanung genutzt werden. Insgesamt beurteilt eine Mehrheit der Teilnehmer den eigenen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut. Je niedriger das Haushaltseinkommen ist, desto schlechter wird der Gesundheitszustand jedoch bewertet. Nicht mal jeder vierte Teilnehmer kannte Beratungsangebote der Stadt. Die Mehrheit gab an, etwas für die eigenen Gesundheit zu tun. 54,5 Prozent treiben demnach mindestens einmal in der Woche Sport, 77,8 Prozent der Teilnehmer gaben an, nicht zu rauchen. Und 45,7 Prozent trinken nie oder weniger als einmal in der Woche Alkohol. Bemerkenswert erscheint, dass die seelische Gesundheit von Teilnehmern unter 25 Jahre im Vergleich der Altersgruppen am schlechtesten eingeschätzt wird.

Zur Startseite