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Turbulent: Befürworter und Gegner des Garnisonkirchen-Aufbaus trafen beim Bürgerdialog aufeinander.

© A. Klaer

Bürgerdialog zur Garnisonkirche in Potsdam gestartet: Ein hartes Stück Arbeit

Turbulent ging es beim Bürgerdialog zur Garnisonkirche zu. Dabei wollten Gegner und Befürworter eigentlich nur über den Ablauf sprechen.

Potsdam - Plötzlich und unvermittelt brachen die Gräben wieder auf. „Das ist „Terrorismus!“ rief einer der Befürworter des Wiederaufbaus der Garnisonkirche erregt. „Da wird gemeutert hier, und sie lassen sich das aus der Hand nehmen“, kritisierte ein Mitglied des Vereins Mitteschön das Moderatoren-Team um Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Was war passiert? Zum Auftakt des sogenannten Bürgerdialogs zur Garnisonkirche sowie des Rechenzentrums und der Plantage prallten am Mittwoch am Dienstsitz der städtischen Bauholding Pro Potsdam in der Pappelallee kurz aber heftig die gegensätzlichen Positionen aufeinander.

Auslöser für die Turbulenzen war Simon Wohlfahrt von der Bürgerinitiative Potsdam ohne Garnisonkirche, der zuvor Vorschläge zum weiteren Ablauf des Dialogs gemacht und versucht hatte, seine Sicht der Dinge darzulegen. Schließlich brach er frustriert sein Statement ab und schmiss seine Unterlagen durch den Sitzungsraum. Nur mit Mühe gelang es Jakobs, wieder für Ruhe zu sorgen und ein Scheitern des Dialogs schon am ersten Tag zu verhindern.

Nicht sofort zu einem Abschluss

Jakobs hatte zuvor noch in einer kurzen Ansprache an die Vertreter der Initiativen, der Stiftung und anderen Gruppen appelliert, gesprächsbereit zu sein. Es gehe darum, die Akteure zusammenzubringen, sagte er. Auch könne es der Stadt nicht gleichgültig sein, dass 14 000 Potsdamer im vergangenen Jahr gegen den Wiederaufbau der Kirche unterschrieben hätten. Zugleich betonte er, dass es im Dialog auch um die Plantage und etwa die Zukunft des Rechenzentrums gehe, das teils auf dem Grundstück der Kirche steht. Auch über die Wiederherstellung des Kanals müsse geredet werden, sagte er. „Ich will ihnen eins nehmen: dass wir schon heute zu einem abschließenden Ergebnis kommen werden“, fügte er hinzu.

Beauftragt mit der Moderation des Dialogs ist das Berliner Planungsunternehmen Complan. Deren Geschäftsführer Hathumar Drost mühte sich, Ruhe in die aufgeregte Debatte zu bringen. Demnach sollte es zunächst darum gehen, sich auf die weiteren Arbeitsschritte und Regeln zu verständigen. Keine Zwischenrufe, maximal fünf Minuten Redezeit.

Nun folgen Einzelgespräche

Während Gegner eines Wiederaufbaus vor allem einen ergebnisoffenen Dialog einforderten und auch den baurechtlich schon genehmigten Kirchturm infrage stellten, pochten die Befürworter vor allem auf die Eigentumsrechte. Das Grundstück, auf dem die Garnisonkirche einmal stand und wiederentstehen soll, gehört derzeit der evangelischen Kirche.

Im zweiten Schritt sind nun Einzelgespräche mit allen Beteiligten vorgesehen, in denen das Moderatoren-Team herausfinden will, warum welche Gruppe gegen oder für den Wiederaufbau ist und auf welchen Feldern möglicherweise ein Ausgleich stattfinden kann.

Jakobs musste mehrmals eingreifen

Ein hartes Stück Arbeit, vor allem in Bezug auf die Kirche. Weniger im Schwarz-Weiß-Denken gefangen schienen die Teilnehmer bei den anderen Themen. So forderten Vertreter der Studierendenschaft, dass die Zukunft des nahen Studentenwohnheimes mit in den Dialog einbezogen wird. Auch die Planungen für die Alte Feuerwache müssten diskutiert werden, hieß es. Jakobs, der mehrfach direkt eingreifen musste, um die Emotionen zu zügeln, versprach, dass beide Punkte berücksichtigt würden. Am 20. Mai soll dann erstmals auch inhaltlich in großer Runde diskutiert werden. Spätestens dann wird wohl schnell klar, ob eine Einigung für oder gegen die Garnisonkirche überhaupt möglich ist.

Die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Kirche wurde 1968 abgerissen. Seit der Wende engagiert sich unter anderem die evangelische Kirche für den Wiederaufbau, die 2008 gegründete kirchliche Garnisonkirchenstiftung plant dort ein Versöhnungszentrum. Die Gegner lehnen das Projekt unter anderem wegen der Geschichte der Kirche, die 1933 Schauplatz des inszenierten Schulterschlusses zwischen Hitler und der preußischen Elite wurde, ab.

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Stefan Engelbrecht

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