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Bürgerbegehren hat Erfolg: Garnisonkirche entzweit Potsdam

Das Bürgerbegehren der Wiederaufbau-Gegner ist rechtlich zulässig. Das Stadtparlament bestimmt nun am 30. Juli, ob ein Bürgerentscheid folgt. Indes unternimmt die Garnisonkirchen-Stiftung eine Kehrtwende.

Potsdam - Erfolg für die Gegner des Wiederaufbaus der Potsdamer Garnisonkirche: Das städtische Rechtsamt hält die Fragestellung des jetzt beendeten Bürgerbegehrens für grundsätzlich rechtlich zulässig. Das sagte Potsdams Chefjuristin Karin Krusemark am gestrigen Montag. Damit könnte es bald einen Bürgerentscheid über den Aufbau der Kirche geben. Die für das vorgeschaltete Bürgerbegehren erforderliche Mindestanzahl an Unterschriften ist um knapp 1000 übertroffen worden. Insgesamt 14 285 Potsdamer – das entspricht 10,7 Prozent aller Stimmberechtigten – haben das Bürgerbegehren der Initiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ unterschrieben, wie Potsdams Wahlleiter Matthias Förster am Montag verkündete.

Ob nun womöglich am Tag der brandenburgischen Landtagswahl am 14. September Potsdam auch über die Garnisonkirche abstimmt, entscheidet sich am kommenden Mittwoch. Dann wird sich die Stadtverordnetenversammlung mit dem erfolgreichen Bürgerbegehren befassen. Eine entsprechende Einladung sei durch die Präsidentin der Stadtparlaments, Birgit Müller (Linke), verschickt worden, sagte Potsdams Stadtsprecher Stefan Schulz. Sollte eine Mehrheit der Stadtverordneten das Bürgerbegehren ablehnen, müsste es innerhalb von zwei Monaten zum Bürgerentscheid kommen – denkbar ist also auch die von den Gegnern angestrebte Abstimmung am 14. September. Sollte aber eine Mehrheit der Stadtverordneten dem Begehren zustimmen, wäre es der Auftrag an die Stadtspitze, mit allen rechtlichen Mitteln auf die Auflösung der Garnisonkirchenstiftung hinzuwirken. Diesen Passus will das Rechtsamt noch einmal zusätzlich überprüfen.

Die Garnisonkirchen-Gegner zeigten sich zufrieden. Der Erfolg der Unterschriftensammlung gegen den Wiederaufbau sei ein Zeichen dafür, „dass es einen großen Widerstand gegen das Projekt gibt“, sagte der Sprecher der Initiative, Simon Wohlfahrt. Sie sei an der größtmöglichen Beteiligung der Bevölkerung interessiert und hoffe daher auf den Bürgerentscheid zur Landtagswahl. Aber auch wenn das Stadtparlament dem Bürgerbegehren zustimmen sollte, sei das ein klares Zeichen an mögliche Spender, dass nicht nur die gut 14 000 Unterzeichner, sondern auch eine parlamentarische Mehrheit gegen den geplanten Wiederaufbau der Garnisonkirche sei.

Die Garnisonkirchen-Stiftung vollzieht unterdessen einen deutlichen Kurswechsel – gegen den Willen der parallel agierenden Fördergesellschaft. Brandenburgs Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), der im Kuratorium der Stiftung sitzt, rückte im PNN-Interview erstmals vom Ziel eines originalgetreuen Wiederaufbaus der Kirche ab. Es gehe zunächst um den Wiederaufbau des Turms, dessen Sprengung zu DDR-Zeit ein Rechtsbruch gewesen sei, sagte Stolpe. Sein Wiederaufbau sei Wiedergutmachung für damaliges Unrecht. Die Kirche dagegen müsse nicht originalgetreu wiederaufgebaut werden. Stolpe regte zudem einen Namenswechsel zu Heiligkreuzkirche an. Diesen Namen trug die Garnisonkirchengemeinde auf eigenen Beschluss nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 bis zum Abriss 1968.

Kritik an einem originalgetreuen Wiederaufbaus der Garnisonkirche gab es aus dem englischen Coventry, dem Zentrum der Nagelkreuzbewegung, die sich der weltweiten Versöhnungsarbeit verschrieben hat. Nagelkreuz-Aktivist Paul Oestreicher sprach sich gegen einen Wiederaufbau allein aus städtebaulichen Gründen aus. Entscheidend für das Projekt müsse die Versöhnungs- und Friedensarbeit sein: „Eine extragroße Kirche zum Beten braucht diese Stadt nicht.“

Die barocke Garnisonkirche wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1968 auf Befehl der DDR-Staatsführung gesprengt. Die Garnisonkirchenstiftung strebt den Wiederaufbau der Kirche als Versöhnungszentrum an und sammelt dafür Spenden. Die Finanzierung ist trotz einer Zwölf-Millionen-Euro-Zusage vom Bund bislang aber unsicher. Umstritten ist das Projekt unter anderem wegen der Rolle der Kirche am „Tag von Potsdam“ 1933.

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