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Das Bergmann-Klinikum.

© Sebastian Gabsch

Bürgerbegehren Bergmann-Klinikum: Am 6. Januar werden die Unterschriften übergeben

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen am städtischen Bergmann-Klinikum haben mehr als 17.000 Unterschriften gesammelt. Wie geht es nun weiter?

Die Initiatoren des Doppel-Bürgerbegehrens für sofort verbesserte Lohn- und Arbeitsbedingungen am kommunalen Klinikum „Ernst von Bergmann“ haben mehr als 17.000 Unterschriften gesammelt. Das teilten Aktivisten via Facebook mit. Damit steht ihre vor vier Monaten gestartete Aktion vor dem Abschluss. Am 6. Januar sollen die Unterschriften im Rathaus übergeben werden. Die PNN geben einen Überblick, was das bedeutet. 

Wie viele Unterschriften mussten gesammelt werden?
Rund 14.000. Das leitet sich ab aus der Zahl wahlberechtigter Potsdamer – zur Landtagswahl im September waren das mehr als 137.000. Zehn Prozent dieser Personen mussten für die erste Stufe des Bürgerbegehrens unterschreiben, also mehr als 13.700. Allerdings ist es zum Beispiel wegen möglicher Doppelunterschriften oder anderen Fehler ratsam, mehr als die nötige Zahl zu sammeln – um einen Puffer zu besitzen. 

Wie geht es jetzt weiter?
Das ist ungewiss. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hat bereits angekündigt, die im neuerdings CDU-geführten Landesinnenministerium angesiedelte Kommunalaufsicht werde sich mit den Anliegen des Bürgerbegehrens und damit dessen Rechtmäßigkeit befassen müssen. Aus Schuberts Sicht würden die Forderungen das Klinikum in eine ernste finanzielle Schieflage bringen. Hintergrund sind auch die engen Grenzen dafür, was Bürgerbegehren im Land behandeln können und was nicht. Gleichwohl hatte der Kommunalrechtsexperte Thorsten Ingo Schmidt von der Universität Potsdam bereits im Sommer gegenüber den PNN deutlich gemacht, er halte das Begehren für zulässig. Darin werden für den Klinikkonzern die sofortige Rückkehr in den Tarif für den öffentlichen Dienst (TVöD) sowie eine spürbare Entlastung für die Mitarbeiter gefordert.

Müssen sich die Stadtverordneten mit dem Bürgerbegehren befassen?
Bestätigt die Kommunalaufsicht das Bürgerbegehren, muss sich die Stadtverordnetenversammlung mit den Forderungen beschäftigen. Lehnen die Stadtverordneten das Bürgerbegehren ab, kommt es zum Bürgerentscheid – dann würden die Potsdamer an den Wahlurnen befragt, wie sie zu den Forderungen stehen. Würde eine Mehrheit zustimmen, müssten die Forderungen sofort umgesetzt werden.

Sind die Forderungen umsetzbar?
Theoretisch ja. Allerdings dürfte das das Rathaus teuer zu stehen kommen. Einmal soll es in der kommunalen Klinikgruppe „Ernst von Bergmann“ einen Personalbesetzungs- und Entlastungsplan geben – mit Vorgaben zur Mindestpersonalbesetzung für die einzelnen Bereiche und Stationen. Damit soll sicherstellt werden, dass bei Unterschreitung der Personalgrenzen die Belegungs- und Fallzahlen reduziert werden – also Patienten sich im Zweifel an anderen Häuser wenden müssten. 
Ferner sollen alle Unternehmen der Klinikgruppe ab Juni direkt in die an den öffentlichen Dienst angelehnte TVöD-Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) wechseln – damit die Mitarbeiter ordentlich entlohnt werden. Aus Sicht der Initiatoren ist das auch mit Blick auf spätere Rentenansprüche nötig. Das würde rund 2700 Mitarbeiter betreffen, die Stadt geht von jährlichen Mehrkosten in Höhe von 13,7 Millionen Euro aus. Dies müsste laut den Aktivisten des Bürgerbegehrens notfalls eben aus dem Stadthaushalt getragen werden. 

Wie positioniert sich die Stadtspitze zu dem Bürgerbegehren?
Hier hatte zumindest Oberbürgermeister Schubert in Bezug auf die weitreichenden Tarifforderungen deutliche Skepsis durchblicken lassen. Denn angesichts mangelhafter Landesförderung sei das Haus schon jetzt kaum noch zu dringend nötigen Investitionen in der Lage. Im November hatten ferner Vertreter von Tochtergesellschaften des Klinikums, zum Beispiel in der strukturschwächeren Stadt Forst in der Lausitz, vor der Einführung des TvÖD an ihrem Standort gewarnt – das könne man finanziell nicht stemmen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Stadtverordneten die Forderungen aus dem Bürgerbegehren als zu weitreichend ablehnen. Dann aber müssten wie gesagt die Potsdamer über die Forderungen abstimmen. 

Was will das Rathaus für das Klinikum tun?
In den vergangenen Monaten hat auch Oberbürgermeister Schubert das Ziel ausgegeben, dass das Klinikum zur Tarifbindung soll – schon wegen des Konkurrenzkampfs mit anderen Häusern, die auch Mitarbeiter suchen. Allerdings hatte sich die Hoffnung von Schubert zerschlagen, dass die neue Kenia-Koalition im Land die für Investitionen nötigen Zuschüsse für das Klinikum spürbar erhöht. Diese will alle Krankenhaus-Standorte im Land behalten und hat dafür auch die Mittel erhöht. Davon erhält das Klinikum nur rund 600.000 Euro extra, obwohl 20 Millionen Euro jährlich benötigt würden. So sind die finanziellen Spielräume begrenzt.

Gleichwohl soll ab nächstem Jahr der TVöD für die Pflegekräfte am Potsdamer Hauptstandort eingeführt werden. Für die anderen Mitarbeiter ist ein fünfstufiges Modell auf dem Weg dorthin geplant – was aber eben fünf Jahre dauert. Und: Auch darüber müssen noch die Stadtverordneten entscheiden. Eine Stadtsprecherin sagte den PNN dazu auf Anfrage, die Pläne würden aktuell auf mögliche „wirtschaftlichen Auswirkungen“ auf den Stadthaushalt geprüft – auch hier muss im Zweifel die Kommunalaufsicht mitreden. Ist das alles geklärt, werde die Stadtverordnetenversammlung eine Entscheidung zum Thema treffen. Im Wahlkampf hatten sich gerade Vertreter der rot-grün-roten Rathauskooperation für eine TVöD-Bezahlung der Klinikmitarbeiter stark gemacht. 

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