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Landeshauptstadt: Bürger zahlen für gescheiterte Privatisierung

167 Millionen Mark erhielt die Stadt für ihren Wasserbetrieb: Gebühren sollen Kredit tilgen

Duschen für die Bank – mit jedem Tropfen Leitungswasser zahlen die Potsdamer auch einen alten Millionenkredit des Wasserbetriebs ab: Neun Jahre ist es her. Doch wegen der gescheiterten Privatisierung des Wasserbetriebs entstehen ihnen jedes Jahr Extrakosten: 167 Millionen Euro hat die Stadt damals für ihren Betrieb erhalten. Aber nicht der ehemalige Privatbetreiber „Eurawasser“ zahlt, sondern der Bürger: Derzeit rund 1,66 Euro pro Kubikmeter Leitungswasser. Nach PNN-Informationen schlägt der kommunale Versorger EWP die damals entstandenen Kosten auf den Wasserpreis auf. Rund ein Drittel der Gebühr mache dieser Posten aus, heißt es aus EWP-Kreisen.

1997 hatten die Stadtverordneten nach einer Ausschreibung entschieden, dass der städtische Wasserbetrieb von dem französischen Unternehmen Eurawasser übernommen werden soll. Sie gaben ihm gegenüber den Stadtwerken, die sich auch darum beworben hatten, den Vorzug. Allerdings kaufte die Eurawasser nicht direkt von der Stadt, sondern über eine extra gegründete Akquisitionsgesellschaft – ein Konstrukt, das den Wasserbetrieb noch heute belastet.

Die sogenannten Wasserbetrieb Potsdam-Akquisitionsgesellschaft gehörte zu 51 Prozent der Stadt und zu 49 Prozent der Eurawasser. Diese nahm für den Kauf auch den Kredit bei der Commerzbank auf. Danach fusionierte sie mit dem eigentlichen Wasserbetrieb. Der Kredit steckt seitdem im Potsdamer Wasserbetrieb. Als ihn die Stadtwerke 2002 zu 100 Prozent übernahmen, übernahmen sie auch die Schulden. Laut Stadtwerkechef Paffhausen sei erst 2017 der größte Teil des Kredits getilgt. So lange müssen die Potsdamer noch dafür zahlen.

Offiziell äußert sich die EWP, die Energie und Wasser Potsdam-GmbH, nicht. Ihre Wassergebühren-Kalkulation hält sie weiterhin geheim. Mit dem ehemaligen Privatbetreiber des Wasserbetriebs „Eurawasser“ sei Stillschweigen vereinbart worden, erklärte EWP- und Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen gegenüber den PNN. Aber auch der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen macht die gescheiterte Privatisierung für die hohen Preise verantwortlich.

Und wofür hat die Stadt die 167 Millionen Mark ausgegeben, die dank der Privatisierung in ihre Kasse geflossen sind? Darauf konnte die Stadtverwaltung innerhalb von zwei Wochen keine Antwort geben. Auch die Verwaltungssprecher verweisen auf das Stillschweige-Abkommen zwischen Stadtwerken, Stadt und Eurawasser. Offenbar aus gutem Grund: Eurawasser war nicht nur in die Kritik geraten, weil das Unternehmen entgegen früherer Ankündigungen die Wasserpreise erhöhen wollte. Einiges an der gesamten Privatisierung unter Oberbürgermeister Horst Gramlich (SPD) scheint faul gewesen zu sein. So hatte ein Berater der Stadt Potsdam gleichzeitig einen Beratungsvertrag mit der Eurawasser, die PNN berichteten damals darüber. Und vielen Stadtverordneten reichte die Zeit nicht, die Angebote ordentlich zu prüfen. Die CDU- und Teile der SPD-Fraktion hatten damals für eine Vertagung der Vergabe-Entscheidung plädiert – vergebens.

Das Ergebnis ist bekannt. Leitungswasser ist in keiner anderen deutschen Großstadt teurer als in Potsdam. Das fand zumindest das Institut der deutschen Wirtschaft 2008 in einer Studie heraus. Seitdem hat die EWP den Preis aber schon wieder erhöht: Mindestens 5,52 Euro kostet der Kubikmeter Trink- und Abwasser. Und bis 2012 soll der Preis weiter steigen – auf 7,17 Euro pro Kubikmeter. Hinzu kommt eine jährliche Grundgebühr ab 90 Euro.

Juliane Wedemeyer

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