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Veteran. Der Lindner-Triebwagen war einer der ersten in Potsdam.

© Andreas Klaer

Buch über Straßenbahn: Straßenbahn als Forschungshürde

Zum 111-Jährigen der Elektrischen gibt es ein neues Buch über Potsdams Tram.

Von Birte Förster

Vom Pferdewagen zur modernen Tram: Vor genau 111 Jahren fuhren in Potsdam erstmals elektrische Straßenbahnen. Anlässlich des Jubiläums hat Ivo Köhler ein neues Buch über die „Geschichte der Straßenbahn in Potsdam“ geschrieben, das im Verlag „terra press“ erschienen ist. Darin beschreibt er unter anderem die komplizierte Einführung des Verkehrsmittels in Potsdam sowie die Entwicklung zum Transportmittel für die Massen.

Bevor die elektrische Bahn durch Potsdams Straßen fuhr, diente seit 1880 zunächst die Pferdebahn als Transportmittel. „Da waren wir recht früh dabei“, erzählt der Autor. Durch die Bedeutung Potsdams als Residenzstadt, das zunehmende Wachstum der Stadt und das Aufkommen des Tourismus wurde ein öffentliches Transportmittel gebraucht. In anderen deutschen Städten sei die Pferdebahn Köhler zufolge erst später eingeführt worden.

Schwieriger gestaltete sich hingegen die Einführung der elektrischen Straßenbahn in Potsdam, die dort erst 20 Jahre später als in Berlin in Betrieb ging – im Jahr 1907 nach zehnjähriger Planung. Grund dafür waren Diskussionen über die Verlegung der elektrischen Leitungen. Da sich Widerstand dagegen regte, Fahrleitungen über die Lange Brücke und direkt vorm Stadtschloss zu verlegen, gab es Überlegungen, auf eine andere Brücke auszuweichen, erzählt Köhler, der sich seit vielen Jahren mit der Historie der Straßenbahnen beschäftigt und bereits mehrere Bücher zu dem Thema verfasst hat. Nach langen Diskussionen blieb es bei der geplanten Route.

Als problematisch sei außerdem betrachtet worden, dass eine Leitung nahe dem Telegrafenberg mit dem meteorologischen Institut verlegt werden sollte. Die dortigen Wissenschaftler fürchteten laut Köhler, dass ihre Messergebnisse durch die elektromagnetische Strahlung der Leitungen beeinflusst werden könnte.

Und eine weitere Hürde verzögerte die Einführung: „Es gab hier eine zusätzliche Genehmigungsbehörde“, erklärt der Potsdamer Autor. Neben mehreren Ämtern musste auch der kaiserliche Hof sein Einverständnis geben. Damals habe es die Absicht gegeben, die Strecke der Elektrischen bis zum früheren Bahnhof Wildpark zu führen. „Das hat der damalige Hof komplett abgelehnt.“ Die Straßenbahn direkt vor dem kaiserlichen Bahnhof hätte dieser nicht gewollt.

Auch die Nutzung des modernen Transportmittels beschreibt Köhler im Buch. Zu Beginn sei die Fahrt mit der Bahn „ziemlich exklusiv“ gewesen. Nicht jeder hätte sich damals eine Fahrkarte leisten können. Erst ab den 20er-Jahren sei die Straßenbahn zum Massenverkehrsmittel geworden. Während der Kriege wiederum sei es die einzige Möglichkeit gewesen, sich fortzubewegen. Bis in die 80er-Jahre hat sich die elektrische Straßenbahn fest bei den Potsdamern etabliert. Erst nach der Wende nutzten deutlich weniger Menschen das öffentliche Verkehrsmittel. Köhler weiß, warum: „Jeder konnte sich nun ein Auto kaufen.“

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Ivo Köhler: Geschichte der Straßenbahn in Potsdam. Terra Press GmbH Berlin/Potsdam, Edition Terra, 80 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und Karten, Preis: 20 Euro

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