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Emil Sello war in eine große Verwandtschaft von Hofgärtnern hineingeboren worden. 

© Pückler-Gesellschaft Berlin

Buch über Emil Sello: Gärtnergeselle auf Bildungsreise

Clemens Alexander Wimmer hat das Grand-Tour-Tagebuch des Hofgärtners Emil Sello herausgegeben: Darin enthalten sind neben Zeichnungen auch Liebesgedichte.

Potsdam - Als 22-Jähriger begab sich Emil Sello, der Sohn des Sanssouci-Hofgärtners Louis Sello, auf eine Bildungsreise, die ihn von 1838 bis Ende 1840 durch mehrere Länder Europas führte. Die Grand Tour gehörte damals zu den wichtigen Erfahrungsschätzen vor allem junger Männer von Stand, von Künstlern, Handwerksgesellen und Gärtnern. Auch Emil Sello machte sich auf den Weg, finanziell ausgestattet von der Familie und einem königlichen Stipendium. Seine Erlebnisse und Erfahrungen schrieb er in ein Tagebuch. Ein umfangreiches Konvolut ist daraus geworden, das sich heute im Besitz der Familie Sello befindet.

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Zahlreiche Zeichnungen im Buch enthalten

Nun konnte nach Jahren der Überzeugungsarbeit innerhalb der Familie Sello der renommierte Potsdamer Gartenhistoriker Clemens Alexander Wimmer die Veröffentlichung des Tagebuchs in Gang setzen – und im Auftrag der Pückler-Gesellschaft Berlin als Band 33 der Vereins-Mitteilungen herausgeben. Kenntnisreich führt er in das Tagebuch ein, man erhält einen informativ-faszinierenden Einblick in die europäische Gartenkunstgeschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Tagebuch schrieb Sello natürlich nicht für die Öffentlichkeit. Daher hat Wimmer es in Sachen Lesbarkeit dem heutigen Publikum etwas leichter gemacht, ohne dass der individuelle Stil Sellos und der Zeitgeist verloren gingen. 

Die von Emil Sello zahlreich gezeichneten und gemalten Pläne von Gärten und anderer ihm wichtigen Sehenswürdigkeiten der Reise sind im Buch enthalten, ein Gewinn an visueller Farbe.

Clemens Alexander Wimmer ist neben planerischen Arbeiten von Parkanlagen und Gärten besonders auch mit Publikationen unter anderem über den Lustgarten in Potsdam, über Peter Joseph Lenné und bei der Mitarbeit der Potsdamer Pomologischen Geschichten des Vacat Verlages einem interessierten Leserkreis bekannt geworden. Nun also der Blick auf Emil Sello. Auch er gehörte zu den „Hofgärtnern in Bataillonen“, wie Theodor Fontane die große Sello-Familie bezeichnete. Als junger Mann wurde er von seinem Chef, dem General-Gartendirektor der königlich-preußischen Gärten, Peter Joseph Lenné, gefördert. Obwohl die Ausbildung zum Gärtner in der Regel drei Jahre dauerte, konnte Sello die Lehre bei seinem Vater, der das Terrassenrevier Sanssouci gärtnerisch leitete, nach gut zwei Jahren sowie seine Gasthörer-Zeit an der Königlichen Gärtnerlehranstalt beenden. „Sein bisher gezeigter Eifer und die besondere Liebe zu allen Theilen seiner Kunst erwerben ihm die vollkommene Zufriedenheit und Achtung seiner Vorgesetzten“, heißt es in der Beurteilung Lennés. Er darf sich nun „Kunstgärtner“ nennen. Die Frage, ob dabei die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Lenné und den Sellos eine Rolle spielten, drängt sich auf.

Liebesgedichte an Gärtnertöchter

Für die Bildungsreise waren Empfehlungsschreiben immer von Vorteil. Auch für Emil Sello. Von Lenné erhielt er einen Brief. Er lobte ihn als seinen „ausgezeichneten Schüler“. Auch mit einer Empfehlung Alexander von Humboldts konnte er sich auf die Reise begeben, die er schließlich mit der Kutsche, dem Schiff und als Wanderer bestritt. Zunächst ging es nach Wien, dann nach München. Dann gab es in Italien, Belgien, Frankreich sowie in Großbritannien längere oder kürzere Stationen. Er besuchte Parkanlagen, hielt sich in Gärtnereien auf, tauschte sich mit Gärtnern aus, war wohl auch hin und wieder in Betrieben tätig, fand Anschluss in Gärtnerfamilien, bändelte mit den Töchtern an und schrieb ihnen Liebesgedichte. Museumsbesuche gehörten ebenfalls dazu. Die Abende verbrachte Sello oftmals im Theater oder im Konzertsaal, war den Geselligkeiten nicht abgeneigt. Er fand Lobenswertes, aber auch Kritisches. In Geldangelegenheiten muss Sello sehr akribisch gewesen sein, denn die zahlreichen Ausgaben für den Kauf von Textilien, für Zahnärzte oder für die Opernbesuche teilte er seinem Tagebuch mit.

Freundschaftliche Beziehungen zum Kaiser

Nach dem Wiedereintreffen in Potsdam wurde Emil Sello Oberhilfs-Gärtner in Sanssouci und ab 1854 Hofgärtner. Für die Reviere am Neuen Palais am Schloss Charlottenhof trug er Verantwortung. Er gestaltete den Park der Villa Liegnitz und strukturierte den Wildpark neu. Mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, dem späteren Kaiser Friedrich III., und seiner Frau Victoria verbanden ihn freundschaftliche Beziehungen. Das Paar beauftragte ihn, den Garten des Kronguts, in dem es wohnte, umzugestalten, ebenso den gegenüberliegenden Friedhof. Der Kronprinz war Patron der Bornstedter Kirche.

Emil Sello fand nach seinem Tod am 11. Juni 1893 seine letzte Ruhestätte in der Sello-Grablege in Bornstedt. Sein Bruder Hermann beschloss als Familienoberhaupt, dass die Angehörigen der Familie in einem eigens für sie abgeschlossenen Areal innerhalb des Friedhofs bestattet werden sollten. So war auch für Emil Sello und seiner Frau Johanna auf der „Rückseite von Sanssouci“, wie Lenné das Dorf Bornstedt bezeichnete, ein Ruheplatz vorgesehen.

Clemens Alexander Wimmer (Hrsg.), Ein Gärtner auf Grand Tour - Emil Sellos Tagebuch seiner Europareise 1838-1840, Pückler-Gesellschaft Berlin, 26 Euro.

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