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Ausgestanden? Das Land Brandenburg hält Klipps Hausbau für korrekt.

© Andreas Klaer

Brandenburgs Bauaufsicht prüft Klipps Hausbau: Freispruch ohne Beifall

Die Oberste Landesbaubehörde in Brandenburg befindet: Beim umstrittenen Hausbau von Potsdams Baudezernent Klipp lief alles korrekt. Doch ganz ausgestanden scheint die Affäre noch nicht.

Potsdam - Nun ist es amtlich: Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) hat sein Haus neun Quadratmeter größer gebaut als im Bebauungsplan vorgesehen. Das hat jetzt die Obere Bauaufsicht des Landes Brandenburg festgestellt. Die Stadt Potsdam hatte die Behörde um Prüfung des Vorgangs gebeten – weil die Klipp unterstehende Bauaufsicht ihrem Chef den Hausbau genehmigte.

Umstrittener Hausbau: Klipp hat mit Zahlen operiert, die nicht zutreffen

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ließ sich am Donnerstag in einer Presseerklärung mit den Worten zitieren, er freue sich, dass die Landesbehörde gegen die Baugenehmigung für Klipp nichts einzuwenden hat. Damit sei klar, dass sich Klipp und die Bauaufsicht bei der Erteilung der Baugenehmigung korrekt verhalten haben. Ansonsten hielt sich die Stadtpolitik am Donnerstag auffällig zurück.

Vor dem Hintergrund des bisherigen Vorgangs macht der den PNN vorliegende Bescheid der Landesbaubehörde, wonach bei dem Hausbau alles korrekt verlief, aber auch deutlich: Alle Versuche Klipps, seinen Hausbau zu erklären und jeden Verdacht zu zerstreuen, haben dennoch nichts gebracht. Auch deshalb, weil Klipp dabei mit Zahlen operiert hat, die eben nicht zutreffen.

Neun Quadratmeter zu groß

In einer eidesstaatlichen Versicherung vom 23. Juni behauptete Klipp, dass sein Haus nur „fünf Quadratmeter über den textlichen Festsetzungen des B-Planes lag“. Tatsächlich sind es – wie nun amtlich von der Obersten Landesbauaufsicht bestätigt und wie auch schon zuvor von den PNN berichtet – neun Quadratmeter. Zudem hatte Klipp auf Anfragen erklärt: Er hätte das Haus sogar noch größer bauen dürfen, denn „relevant für das Bauantragsverfahren“ sei „nämlich der amtliche Lageplan und nicht die Grundbuchauszüge“. Genau das Gegenteil ist der Fall: Die oberste Landesbehörde beruft sich genau darauf – auf das Grundbuch.

Zum Hintergrund: Klipp hatte beim Kauf des Baugrundstücks Ende 2013 auch 37 Quadratmeter öffentlicher Straße erworben. Diese Fläche bezog er bei den Planungen für seinen Hausbau ein – was rechtlich nicht zulässig und laut Klipp ein Irrtum war. Fraglich ist, wie dieser Irrtum möglich war, wenn doch Grundbuchdaten für ein Grundstück vorlagen, das Klipp wenige Monate vor Baustart erst gekauft hatte. Durch diesen Irrtum wurde die Grundfläche für das Haus zu groß berechnet. Grundlage dafür ist die Grundflächenzahl (GRZ). Demnach dürfen 15 Prozent des Grundstücks bebaut werden. Bei Klipps Bau beläuft sich die GRZ – das bestätigte jetzt auch die Landesbehörde – auf 15,9 Prozent.

"Baurechtlich nicht zu beanstanden"

Klipp dagegen hatte erklärt, dass er von sich aus von Beginn an mit 15,4 Prozent hätte rechnen dürfen, so sei es seinem Architekten aus der Verwaltung signalisiert worden. Und: Sein Haus hätte 165 Quadratmeter groß sein dürfen – das wäre mit einer Grundflächenzahl von wiederum 15,3 Prozent eine übliche Abweichung und per Abrundung im normalen Genehmigungsverfahren ohne Befreiung erlaubt worden.

Die Potsdamer Bauaufsicht jedenfalls legalisierte die Abweichung im Zuge der im Frühjahr 2014 erteilten Baugenehmigung per Befreiung. Ein übliches Prozedere, bei Klipp ist dies „bauplanungsrechtlich nicht zu beanstanden“, stellte die Landesbaubehörde jetzt fest.

Der Fall hinterlässt Spuren

Trotz dieser Feststellung lief nicht nur das Krisenmanagement, als die Vorwürfe hochkochten, sondern schon zuvor der Umgang mit seinem Hausbau alles andere als optimal. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte bereits erklärt, es wäre hilfreich gewesen, Klipp hätte sich und die Befreiung von den B-Plan-Vorgaben gegenüber den Stadtverordneten schon vor dem Hausbau erklärt. Und dann die Zahlenspiele gegenüber der Öffentlichkeit und das politische Poltern – typisch Klipp, sagen Stadtverordnete.

Selbst in seiner Verwaltung hat das Spuren hinterlassen. Etwa sein Brief an Jakobs und Finanzdezernent Burkhard Exner, der sich auch gegen die eigenen Mitarbeiter der Bauverwaltung richtete. In dem später zurückgezogenen Brief hatte Klipp über seinen Anwalt von der Rathausspitze Auskunft verlangt, wer genau aus der Verwaltung den PNN Informationen über seinen Hausbau erteilt hat. Es ging um einen Bericht dieser Zeitung, wonach die Bauverwaltung bestätigt hat, dass Klipps Haus neun Quadratmeter größer ist als nach den Vorgaben des Bebauungsplanes erlaubt – so wie es jetzt auch die Landesbehörde bestätigt hat. Zwar hat Klipp – nicht nur – unter den Mitarbeitern der Bauverwaltung ohnehin den Ruf als Axt im Walde – der Brief hat das aber weiter verstärkt.

Moralische Fragen bleiben

Bleibt die politische, andere nennen es moralische Frage: Darf der Chef der Baubehörde sich von dieser ein Haus genehmigen lassen, dessen Grundfläche größer ist als im B-Plan erlaubt? Durfte er die von der Bauaufsicht in der Regel tolerierte Abweichung bei der Hausgröße für sich von Beginn an in Anspruch nehmen? Oder hätte der Chef darauf bestehen müssen, dass bei der Grundflächenzahl von 15 Prozent nur eine Zahl hinter dem Komma steht – nämlich null? Letzteres sieht Klipp nicht so. Vielmehr fragt er sich, ob es überhaupt sinnvoll war, in der Schlangengrube Potsdam als Baudezernent privat zu bauen. Und er erklärte bereits: Er habe unabhängig von seinem Amt für sich das Recht in Anspruch genommen, das jedem anderen privaten Bauherrn in Potsdam zusteht. Auch Jakobs sagt, es dürfe Klipp, nur weil er Baudezernent ist, kein Nachteil aus seinem Job entstehen, wenn er als Privatmann ein Haus baut.

Ganz ausgestanden scheint die Affäre um den Hausbau noch nicht, für viele ist der Vorgang nur vorläufig abgeschlossen. Denn in dem vierseitigen Schreiben der Landesbehörde steht auch dieser Satz: „Weitere bauplanungsrechtliche Belange, die dem Vorhaben entgegengehalten werden könnten, sind den vorliegenden Antragsunterlagen nicht zu entnehmen.“ Die Oberste Baubehörde hat nämlich nur geprüft, ob Potsdams Bauaufsicht Klipp zurecht von den Bestimmungen des Bebauungsplans befreit hat und diese Prüfung, wie auch die Ermessungsentscheidung am Ende, rechtlich sauber waren. Andere Details aber, etwa Rechtsstreitigkeiten der Nachbarn mit der Stadt um die Klipp gehörende Zuwegung, die er für die Größe seines Hauses draufrechnen konnte, aber blieben ausgeblendet. In der Stadtpolitik ist es jedenfalls kein Geheimnis – die Frage gährt seit Wochen: Viele rechnen damit, dass da noch mehr auf das Rathaus und Klipp zukommen könnte. (mit Henri Kramer und Peer Straube)

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