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Botanik in Potsdam: Heiliges Pflänzchen in Pflege

Gärtner im Botanischen Garten kümmern sich um einen heiligen Baum. Mitglieder der sri-lankischen Botschaft brachten die kranke Pappelfeige nach Potsdam.

Von Birte Förster

Potsdam - Inmitten von ausladenden und verschlungenen Pflanzen in tropischer Atmosphäre steht in einem Raum des Gewächshauses im Botanischen Garten an der Maulbeerallee ein kleiner Baum. Das zarte Gewächs, eine noch junge Pappelfeige, wirkt unscheinbar. Aber die Bedeutung des sogenannten „Ficus religiosa“ ist beachtlich: Der Baum ist heilig und hat eine direkte Verbindung zur Entstehung des Buddhismus. Im Gewächshaus soll die kranke Pappelfeige gesund gepflegt werden. Der Baum hat eine lange Geschichte.

Unter den Ästen eines Feigenbaums, am Ufer des Neranjara-Flusses im nordindischen Bodhgaya, meditierte Siddhartha Gautama der Überlieferung nach vor 2500 Jahren und fand schließlich die Erleuchtung. Er wurde zu Buddha, dem Erwachten. Es war die Geburtsstunde einer Weltreligion – dem Buddhismus. Die Pappelfeige, unter der Siddharta saß, ist heute in vielen buddhistischen Ländern heilig und wird als Bodhi-Baum, übersetzt „Baum der Weisheit“, bezeichnet.

Die Pflanze ist ein Ableger eines der ältesten Bäume der Welt

Es ist ein Nachkomme dieses Baumes, der sich nun im Gewächshaus des Botanischen Gartens befindet. Bereits vor mehr als 2000 Jahren wurde ein Ableger des Baumes in Sri Lanka eingepflanzt. Die heilige Pappelfeige, dort als Sri Maha Bodhi bezeichnet, steht noch heute und gilt als einer der ältesten Bäume der Welt. Eine Delegation unter Führung buddhistischer Mönche brachte einen Ableger dieses Baumes Ende September von Sri Lanka nach Berlin.

Laut Informationen der sri-lankischen Botschaft in Berlin handelt es sich bei dem Ableger um ein Geschenk der sri-lankischen Regierung. Anlass sei der 65. Geburtstag der diplomatischen Beziehungen zwischen Sri Lanka und Deutschland. Da sich das Geschenk an die Buddhisten in Deutschland richte, wurde die Pflanze im buddhistischen Tempel in Berlin-Frohnau eingepflanzt. Kurz darauf habe sich aber der schlechte Zustand des kleinen Baumes bemerkbar gemacht.

Das noch zarte Pflänzchen habe die lange Flugreise nicht unbeschadet überstanden, erzählt Ingo Kallmeyer, Gärtnermeister für die Gewächshäuser im Botanischen Garten und mit der Pflege der Pflanze betraut. In Potsdam soll der kleine Baum nun wieder aufgepäppelt werden. „Er sah bedenklich aus“, beschreibt der Gärtner das Bild, als der Baum Ende September in das Gewächshaus gebracht wurde. Die klimatische Umstellung habe der junge Baum nicht gut vertragen, vermutet Kallmeyer. In einer großen goldenen Schale hätte eine Delegation der sri-lankischen Botschaft in Berlin den Ficus nach Potsdam gebracht.

Langsam erholt sich die Pappelfeige wieder

Die Blätter des etwa 40 Zentimeter hohen Baumes hätten heruntergehangen, ihre Farbe sei verblasst gewesen, erinnert er sich. Mittlerweile hat sich die Pappelfeige wieder erholt. „Sie baut sich langsam auf und treibt ganz langsam wieder aus“, sagt Kallmeyer. Tatsächlich erstrahlt der kleine Baum inzwischen wieder in sattem Grün, die Blätter haben ihre gewohnte Kraft. Dennoch genießt der Feigenbaum weiterhin eine intensive Pflege. Derzeit sei es wichtig, ihn nicht mit zu viel Wasser zu überfordern, sondern „vorsichtig einwurzeln zu lassen“, beschreibt der Gärtnermeister. Ohnehin sei der Baum tropisches Klima und Trockenheit gewohnt. Außerdem bekommt er zusätzliches Licht, insgesamt zwölf Stunden am Tag. Kallmeyer hofft, dass sich die Pflanze über die Wintermonate gut erhole. Man merkt ihm an, dass er vor der großen Verantwortung durch die heilige Bedeutung des Baumes ein wenig Respekt hat.

Auch, wenn der kränkelnde Ficus religiosa derzeit einen anderen Eindruck erweckt, gelte die Pflanzenart als robust, betont Kallmeyer, dem die Pappelfeige bereits vertraut ist. In einem anderen Raum des Gewächshauses, das für die Öffentlichkeit zugänglich ist, zeigt Kallmeyer ein weiteres Exemplar – nicht heilig, aber bereits etwa drei Meter groß. Zwischen 20 und 30 Meter können Pappelfeigen laut Kallmeyer werden.

Im Frühjahr können Buddhisten den "Baum der Weisheit" wieder anbeten

In Indien und Sri Lanka sei der Baum sehr verbreitet, hierzulande könne er aufgrund der klimatischen Bedingungen nur als Zimmerpflanze gehalten werden, müsse aber regelmäßig gestutzt werden. Eine Besonderheit der Pappelfeige sei außerdem die Form der Blätter: Über die extreme Spitze des Blattes, eine sogenannte „Träufelspitze“, könne Wasser sehr schnell abfließen, sodass sich keine Pilze oder Algen ansammeln, erklärt der Experte.

Während die deutlich größere Pappelfeige im Botanischen Garten bleibt, werde der heilige Baum im Frühjahr abgeholt und in den buddhistischen Tempel nach Berlin zurückgebracht, heißt es seitens der sri-lankischen Botschaft. Dann könnten alle Buddhisten ihn auch wieder anbeten, den „Baum der Weisheit“ – aufgepäppelt von Experten des Botanischen Gartens.

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