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Stau am Golfplatz. Die vielen Autofahrer, die die Straße im Norden der Stadt als Schleichweg nutzen, belasten die Anwohner in Nedlitz seit Wochen.

© Sebastian Gabsch

Bornstedter Feld: Rush Hour im Wohngebiet

Im Norden leiden Anwohner unter Schleichweg-Verkehr. Doch eine kurzfristige Lösung ist nicht in Sicht.

Potsdam - Es gibt keine Ruhe. Ein Auto nach dem anderen rollt durch die schmale Straße Am Golfplatz. Am Freitagnachmittag herrscht in dem kleinen Wohnviertel am nördlichen Ende des Volksparks Hochbetrieb. Es ist Rush Hour – und das, obwohl dank der Schulferien eigentlich bis zu 20 Prozent weniger Autos auf Potsdams Straßen unterwegs sein sollten.

Gegen 15 Uhr biegen 14 Autos innerhalb einer Minute von der Viereckremise in die Straße Am Golfplatz ein. Für eine Autobahn wäre das nicht viel. Für die Anwohner in den engen Wohngebietsstraßen ist es hingegen eine echte Belastung. Der Unmut wächst. „Seit einigen Wochen rollt ein ununterbrochener Strom an Autos durch unser Wohngebiet“, sagt Anwohnerin Pia Schmidt. „Und das oftmals mit atemberaubender Geschwindigkeit – obwohl dies eine 30er Zone ist.“

Nedlitzer Straße voll gesperrt: Die Autofahrer weichen aus

Der plötzliche Verkehrsstrom hat einen Grund: Seit dem 24. Juli ist die Nedlitzer Straße – Teil der Bundesstraße 2 – zwischen Georg-Hermann-Allee und der Straße Zum Exerzierhaus in beiden Richtungen voll gesperrt. In dem Abschnitt wird die Trasse für die neue Straßenbahn zum Campus Jungfernsee gebaut. In den Monaten zuvor war die Nedlitzer Straße stadtauswärts noch befahrbar. Das ist nun erstmal vorbei.

Im Normalfall sind an Wochentagen auf der Bundesstraße täglich rund 19 000 Autos unterwegs – in beiden Richtungen. Allerdings stammt die Zahl auch aus einer Verkehrszählung der Stadtverwaltung, die schon ein paar Jahre her ist. Seitdem wurden beispielsweise in Fahrland zahlreiche neue Wohnungen gebaut. Die Anbindung an die Potsdamer Innenstadt verläuft über die Nedlitzer Straße.

Umleitung über die Potsdamer Straße stark belastet

Während der Bauzeit hat die Stadtverwaltung eine Umleitungsstrecke ausgewiesen. Sie verläuft über die Pappelallee, die Potsdamer Straße und die Amundsenstraße. Im Berufsverkehr ist die Umleitungsstrecke stark belastet. Auch am Freitagnachmittag gab es dort stadtauswärts stop and go. Dem wollen sich offenbar zahlreiche Autofahrer nicht aussetzen. Sie suchen sich ihren eigenen Weg durch das Wohngebiet: Von der Georg-Hermann-Allee nehmen viele die Route durch die Viereckremise und die Straße Am Golfplatz. Selbst über den Parkplatz des Aldi wird abgekürzt.

Für Anwohner ist der rege Autoverkehr vor ihren Fenstern nicht nur eine ungewohnte Belästigung. Sie sorgen sich auch um die Sicherheit. „Derzeit beobachten wir täglich, wie Autos in großer Anzahl und mit überhöhter Geschwindigkeit über die Straßen brettern“, so Schmidt. Auf einem selbst gemalten Schild an der Straße Am Golfplatz steht es weiß auf schwarz: „Achtung Kinder!“

Viele Autofahrer irgnorieren die Tempo-30-Zone

Das Problem hat mittlerweile auch die Stadtpolitik erreicht. In einer Kleinen Anfrage an die Stadtverwaltung fragt der SPD-Stadtverordnete Uwe Adler nach Schutzmaßnahmen entlang der Umleitungen: Er will wissen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die von den Schleichwegen betroffenen Anwohner in der Zeit der Vollsperrung konsequenter zu schützen.

Die Stadtverwaltung verweist in ihrer Antwort darauf, dass die Straße Am Golfplatz bereits als Einbahnstraße in stadtauswärtiger Richtung ausgewiesen worden sei. Dadurch gebe es im Wohngebiet Viereckremise nur Verkehr in eine Richtung. „In der Straße Viereckremise werden zusätzlich bauliche Hindernisse (Schwellen) aufgebracht, um die Geschwindigkeit zu verringern.“

Ohnehin ist das gesamte Viertel eine Tempo-30-Zone. Viele Autofahrer scheinen das aber augenscheinlich zu vergessen. Adler fragt auch, ob zusätzliche Tempo-30-Schilder aufgestellt werden können. Dem erteilt die Stadtverwaltung jedoch eine Absage: „Zusätzliche Schilder sind nicht zulässig.“ Auch entsprechende Piktogramme auf der Fahrbahn sollen nicht aufgebracht werden. Besonders beobachtet müssen sich die abkürzenden Autofahrer wohl auch in Zukunft nicht fühlen: Ein spezielles Verkehrsüberwachungskonzept für die Auswirkungen der Sperrungen existiere nicht, teilte die Stadtverwaltung Adler mit. „Die Kontrollen finden im üblichen, angemessenen Rahmen statt.“

Immer wieder Schleichwege im Potsdamer Norden

Neu ist der Schleichverkehr im Potsdamer Norden nicht. Schon vor der Vollsperrung suchten sich die Autofahrer stadteinwärts ihren Weg durch die Wohngebiete. In Stoßzeiten komme es Am Golfplatz, in der Viereckremise und der Graf-von-Schwerin-Straße sogar zu Rückstaus, hieß es von Anwohnern gegenüber den PNN. Die Stadtverwaltung zeigte sich seinerzeit fatalistisch: Der zusätzliche Verkehr werde leider nicht zu verhindern sein, hieß es. Denn jegliche Sperrung für Durchgangsverkehr – etwa in der Graf-von-Schwerin-Straße – würde auch Einschränkungen für die Anwohner bedeuten.

Nach dem Ende der Sommerferien ist die Vollsperrung zwar vorbei. Das Problem wird sich jedoch wohl noch nicht erledigen. Ab Anfang September wird bis voraussichtlich Ende Oktober wieder eine halbseitige Sperrung eingerichtet, heißt es auf dem Verkehrsportal der Stadt im Internet unter www.mobil-potsdam.de. Die Verkehrsregelung erfolge wie in der Bauphase ab Mai.

Kommentar: Der Ärger im Potsdamer Norden ist ein Resultat versäumter Möglichkeiten, meint PNN-Autor Enrico Bellin in seinem Kommentar

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