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Seit mehr als 20 Jahren – hier das Jubiläum 2018 – können Kinder und Jugendliche im Zirkus Montelino Akrobatik und Clownerie üben.

© Andreas Klaer

Bornstedter Feld: Neuer Standort für Mitmachzirkus Montelino

Weil der Volkspark verkleinert wird, muss der Mitmachzirkus Montelino umziehen. Am neuen Standort ist täglich ein offenes Angebot für Kinder und Jugendliche geplant, was es bislang noch nicht gibt.

Potsdam - Jonglieren, Kostüme nähen oder einfach chillen: Dafür soll der Zirkus Montelino künftig täglich Raum bieten – offen und frei zugänglich. Ab Oktober sollen das Zelt des beliebten Mitmachzirkus und dessen Wagen am neuen Standort stehen. Vom jetzigen Platz im Volkspark neben dem großen Parkplatz an der Georg-Herrmann-Allee zieht der Zirkus wenige hundert Meter weiter neben den Kletterfelsen an der Hermann-Kasack-Straße.

Grund für den Umzug ist die geplante Verkleinerung des Volksparks, am jetzigen Zirkusstandort sollen Wohnungen entstehen, unter anderem für Studenten. Am neuen Standort wird der Zirkus neben regelmäßigen Kursen und Workshops auch ein offenes, ständiges Angebot schaffen. Das Konzept dafür präsentierte Geschäftsführerin Ute Warbein am Donnerstagabend im Jugendhilfeausschuss.

Kinder und Jugendliche können einfach vorbei kommen

Geöffnet sein soll dann montags bis freitags fünf Stunden am Nachmittag, am Wochenende sechs Stunden. „Bei diesem offenen Angebot können die Kinder und Jugendlichen einfach vorbei kommen, Spiele spielen, chillen, auch Zirkus machen und Requisiten bauen“, erklärte Warbein auf Anfrage. Es soll sich täglich an bis zu 40 Teilnehmer ab acht Jahren richten. Ein solches Jugendklub-Angebot gibt es bisher im Zirkus nicht. Derzeit werden wöchentlich stattfindende Kurse angeboten, etwa in Diabolo, Akrobatik oder Einradfahren. Zudem gibt es Arbeitsgemeinschaften in fünf Grundschulen. In den Ferien werden Workshops angeboten. 300 Mitglieder hat der Verein, dazu kommen 200 weitere Teilnehmer. Die neue Treffpunktarbeit, so Warbein, soll „ein Türöffner für unsere Angebote sein“. Erleichtert werde das durch den direkten Zugang von der Straße – dann fällt auch der bisher nötige Eintritt in den Volkspark weg.

Montelino finanziert sich bisher aus Projektmitteln

Die Ursprünge von Montelino gehen auf eine Arbeitsgemeinschaft im Hort der Montessori-Oberschule zurück, die 1998 ins Leben gerufen wurde. Einige Jahre später wurde daraus ein Verein. 2010 wurde zudem eine gemeinnützige Firma gegründet. Montelino finanziert sich, so erläutert Warbein, bisher aus Projektmitteln. Es ist eine Mischfinanzierung, unter anderem mit Mitteln vom Bündnis für Bildung, den Einnahmen aus dem Café und Mitgliedsbeiträgen für den Verein.

Zudem sammelt Montelino Spenden – derzeit etwa auf der Plattform Betterplace für ein neues Zirkuszelt. Mehr als 10 000 Euro sind schon zusammengekommen, etwa 80 Prozent des Zelts damit finanziert. Warbein ist optimistisch, dass der Rest bis zum Umzug – nach Veranstaltungen im August will sie mit dem Team anfangen, zusammenzupacken – zusammenkommt.

Die Stadt Potsdam finanziert die Miete für neuen Standort

Auch die Finanzierung wird sich mit dem Umzug und dem Zusatzangebot grundlegend ändern: Dann trägt die Stadt den Löwenanteil der Kosten, finanziert die Miete für den Standort, 90 Prozent der Betriebskosten und zwei Vollzeitstellen. Eine Zeit lang stand der Zirkus auf der Kippe, im vergangenen Sommer dann beschlossen die Stadtverordneten die dauerhafte Verlegung an den neuen Standort. Ziel sei es demnach, diesen „baulich so zu qualifizieren, dass ein ganzjähriges pädagogisches Angebot gewährleistet und damit 40 Plätze für die Jugendbetreuung zur Verfügung gestellt werden können“.

Auch ein Neubau soll entstehen

Neben Zelt und Wägen soll auf dem Gelände deshalb ein Neubau errichtet werden. In dem Haus soll unter anderem ein großer Übungsraum entstehen, eine Küche, in dem die Kinder selbst kochen können, sowie Sanitär- und Umkleideräume. Errichtet wird das Gebäude vom Entwicklungsträger Bornstedter Feld, der zur kommunalen Bauholding Pro Potsdam gehört. Im Herbst 2020 soll das Haus inklusive Außenanlagen fertig sein. Laut Pro Potsdam-Sprecher Sebastian Brandner liegen die Kosten bei einer Million Euro.

Bei der Planung wurden auch Teilnehmer aus der Zirkusarbeit mit einbezogen. Sie brachten ihre Wünsche bei einem Workshop ein – laut Warbein können die meisten auch umgesetzt werden. „Die Kinder möchten gerne eine Kuschelecke und eine Sprossenwand im neuen Haus. Das ist kein Problem, auch die Wände können sie selbst gestalten.“ Weiterer Vorschlag der Teilnehmer: ein Barfußpfad auf dem Außengelände. „Das ist ein wunderschönes Projekt, das wir sehr gerne gemeinsam mit den Kindern umsetzen würden“, sagt die 65-Jährige.

Auch aus Werder oder Berlin kommen Kinder

Im Jugendhilfeausschuss erntete Warbein ausschließlich lobende Worte. Frank Otto (Grüne) nannte es „ein besonderes Angebot für ganz Potsdam“. Warbein bestätigt, dass die rund 500 Kinder und Jugendlichen, die an den Angeboten teilnehmen, aus dem gesamten Stadtgebiet und auch aus Werder (Havel) oder Berlin kommen. David Kolesnyk (SPD) hob die Bedeutung dieser überregionalen Arbeit hervor. „Sie begreifen sich nicht nur als Jugendclub im Bornstedter Feld“, so Kolesnyk. Ein solcher soll wie berichtet innerhalb des entstehenden Wohngebiets als Ergänzung noch gebaut werden.

+++ Hintergrund: Jugendklubs und ihre Zielgruppe

Mehrere Mitglieder des Jugendhilfeausschusses haben die 18 Potsdamer Jugendklubs und ihre Arbeit am Donnerstagabend explizit in Schutz genommen: Die Quantität sage nichts über die Qualität aus, sagte etwa Trägervertreter Thomas Liebe. Damit bezog er sich auf eine repräsentative Umfrage unter Potsdamer Jugendlichen, die ergab, dass nur 13 Prozent von ihnen die Klubs besuchen.

Das sei, so Frank Otto (Grüne), im Bundesvergleich kein schlechter Schnitt. Trotzdem müsse man die Klubs ermutigen, ihr Programm so auszurichten, dass sie noch mehr Jugendliche ansprechen. Man habe lange für die Förderung gekämpft, die Stadt müsse diese beibehalten, sagte Liebe. Es sei nicht zwingend das Ziel, alle anzuziehen, sondern auch spezifische Angebote zu schaffen. Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos) pflichtete dem bei. „Trotzdem sollten die Ergebnisse ein Anlass sein, uns kritisch zu hinterfragen und die Ziele und die Zielgruppe der Jugendklubs zu überdenken.“

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