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Landeshauptstadt: Bombennacht: Gedenken und Fragen

Oberbürgermeister Jann Jakobs zum 14. April 1945: „Garnisonkirche als Ort der Versöhnung aufbauen“

Innenstadt – Den Wiederaufbau der Garnisonkirche als Ort der Versöhnung hat Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs anlässlich des 63. Jahrestages der Bombardierung Potsdams bekräftigt. Vor dem Gedenkkonzert gestern Abend in der Nikolaikirche sagte er: „Ich stehe dafür, dass dieser Aufbau mit dem erklärten Ziel erfolgen muss, einen Ort der Versöhnung zu schaffen.“ Jakobs sprach sich unmissverständlich dafür aus, dass das Nagelkreuz von Coventry „den ihm gebührenden Platz in dieser Kirche einnimmt“. Und: „Auch die Wiedererrichtung einer Synagoge in Potsdam zählt für mich zu den unabweisbaren Lehren der damaligen Ereignisse.“

Zum Gedenken an das Bombardement auf Potsdam am Abend des 14. April hatten sich gestern über zweihundert Menschen in der Nikolaikirche zu einem Gedenkkonzert eingefunden. Unter Leitung von Björn O. Wiede führten der Nikolaichor und Solisten die „Kleine Messe“ von Gioacchino Rossini (1792-1868) auf.

Im Vorfeld des Gedenkkonzertes hatte ein „Arbeitskreis Antifaschismus Potsdam“ per Pressemitteilung heftige Kritik an der „Potsdamer Trauergemeinschaft“ geübt. Hinter den Spenden für den Wiederaufbau der Garnisonkirche verbergen sich „Menschen wie Jörg Schönbohm und hohe Militärs, die das alte Preußen und dessen hochgepriesene Tugenden wieder aufbauen lassen wollen.“ Die Autoren schreiben, der britische Bombenangriff war „wie alle anderen Schläge gegen die deutsche Wehrmacht ein Glücksmoment für all diejenigen, die nicht in das Weltbild der deutschen Barbarei passten.“ Gedenkfeiern verfolgten das Ziel, die Deutschen in die Reihen der Opfer einzugliedern. „Denn wo nur noch Opfer sind, verschwinden die Täter.“

Durch die Recherchen des Potsdamer Autors Hans-Werner Mihan in seinem Buch „Die Nacht von Potsdam“, sind die Ereignisse am 14. April 1945 weitgehend dokumentiert: Gegen 18 Uhr starteten nördlich von London 724 Bomber der Royal Air Force. Um 22.15 Uhr gab es Luftalarm in Potsdam. Die Bomberformation der Briten war mehr als fünfzig Kilometer lang. Um 22.39 Uhr gab der australische Oberstleutnant Hugh Le Good im „Master Bomber“ den Befehl zum Angriff. 836 Beleuchtungsbomben ließen die Residenzstadt taghell werden. Anschließend fielen in nur 30 Minuten 1752 Tonnen Bomben. Die meisten trafen den Bahnhof, die Gleisanlagen, die Freundschaftsinsel, das Stadtschloss und die angrenzenden Wohnhäuser des Zentrums. Im Bahnhof detonierte ein Munitionszug. Ein leer abgestellter Lazarettzug wurde getroffen. Viele Menschen erstickten in den Kellern. 28 polnische und französische Zwangsarbeiter kamen in den Arado-Flugzeugwerken in Babelsberg um. Insgesamt starben in dieser Nacht 1593 Menschen in Potsdam. Unter den hunderten zerstörten Gebäuden waren das Stadtschloss und die Garnisonkirche.

Wie Oberbürgermeister Jakobs in seiner Gedenkrede sagte, habe die Suche nach der Wahrheit über das Bombardement nicht aufgehört. „Was trieb die englische Generalität dazu, einen so massiven Bombenangriff auf ein militärisch vergleichsweise bedeutungsloses Ziel fliegen zu lassen?“ – fragt er. Hingegen weist Mihan nach, dass die britischen Bomber den Verkehrsknotenpunkt Potsdam treffen sollten, denn vom Hauptbahnhof aus erfolgte der Nachschub an Soldaten für die Oderfront. Anhand von Dokumenten hat Mihan belegt, dass das Britische Bomberkommando am 12. April 1945 die Entscheidung traf, Potsdam zu bombardieren. Der Angriffsbefehl lautete: „Schienenanlagen sowie Militär- und Nazikasernen zerstören.“ Zentrum des Angriffs war der Hauptbahnhof. Das in Flugblättern der Briten als Ziel genannte Hauptquartier der deutschen Luftwaffe in Geltow, heute Sitz des Einsatzkommandos der Bundeswehr, wurde nicht bombardiert. Die Zerstörung des Stadtschlosses und die Treffer auf die Garnisonkirche waren wohl eher ein „militärischer Kollateralschaden“.

Günter Schenke

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