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Bombenentschärfung am Hauptbahnhof: Potsdam wird lahmgelegt

Mittwoch 8 Uhr wird um den Fundort der Bombe am Hauptbahnhof ein weiträumiger Sperrkreis evakuiert - rund 10 000 Potsdamer sind davon betroffen. Massive Einschränkungen gibt es im Nahverkehr.

Potsdam - Potsdams Innenstadt wird am Mittwoch lahmgelegt. Grund ist die Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Die 250-Kilogramm-Bombe US-amerikanischer Herkunft war am Montag bei der systematischen Munitionssuche auf einem städtischen Grundstück im Nuthepark gefunden worden. Weil er nicht bewegt wurde, kann der Sprengkörper vor Ort vom Kampfmittelbeseitigungsdienst entschärft werden.

Mehr als 9700 Menschen werden deshalb gebeten, ihre Wohnungen am Mittwoch bis 8 Uhr selbstständig zu verlassen. Im Radius des Sperrkreises von 800 Metern um den Fundort an der Babelsberger Straße liegen nicht nur der Hauptbahnhof, drei Pflegeheime, drei Schulen und sechs Kitas, sondern auch die brandenburgische Staatskanzlei und der Landtag. Auch das Hotel Mercure wird evakuiert werden, ebenso ein Teil der Wohngebäude am Humboldtring. Für Irritation hatte am Montag die sofortige Evakuierung der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) gesorgt. Dabei soll es sich um eine Vorsichtsmaßnahme gehandelt haben. Das Gebäude liegt dem Fundort am nächsten.

Auswirkungen auf den Straßenverkehr erwartet: Autofahrer sollen den Sperrkreis weiträumig umfahren

Das gesperrte Gebiet liegt zwischen Am Kanal, Humboldtbrücke, Humboldtring, Lotte-Pulewka-Straße, Friedrich-Engels-Straße, Friedhofsgasse, Heinrich-Mann-Allee, Am Brauhausberg, Finkenweg, Leipziger Straße, quer über die Havel bis zum Lustgarten, Schloßstraße und über die Friedrich-Ebert-Straße wieder zur Straße Am Kanal. Im Sperrgebiet befinden sich die Grundschulen „Rosa Luxemburg“ in der Burgstraße und „Am Humboldtring“ sowie die Lenné-Gesamtschule, das Bildungsforum, das Schwimmbad blu und der Landtag.

Große Auswirkungen dürfte der Bombenfund auch auf den Straßenverkehr haben: Denn im Sperrkreis liegt auch die Lange Brücke. Autofahrer werden gebeten, das Gebiet weiträumig zu umfahren. Die Nuthestraße und Humboldtbrücke sind befahrbar. Die Heinrich-Mann-Allee ist ab Am Brauhausberg gesperrt, das Abbiegen in die Straße Am Brauhausberg ist möglich. Die Leipziger Straße ist ab Höhe Wasserwerk gesperrt. In der Innenstadt sind die Breite Straße sowie die Friedrich-Ebert-Straße ab Yorckstraße bis zum Sperrkreis nur für Anlieger befahrbar.

Öffentlicher Nahverkehr in Potsdam massiv betroffen

Der öffentliche Nahverkehr ist massiv betroffen. Der Straßenbahn- sowie der Busverkehr werden zwischen den Haltestellen Friedhöfe und Platz der Einheit unterbrochen. Der Bahnverkehr wird während der Entschärfung zwischen S-Bahnhof Babelsberg und Bahnhof Charlottenhof unterbrochen.

Als Aufenthaltsorte während der Evakuierung und Entschärfung stehen nach Angaben der Stadtverwaltung das Freiland Potsdam in der Friedrich-Engels-Straße 22, der Treffpunkt Freizeit in der Straße Am Neuen Garten 64 und das Bürgerhaus am Schlaatz, Schilfhof 28, zur Verfügung. Die Stadtverwaltung setzt Busse aus dem Evakuierungsgebiet ein, die zu den jeweiligen Aufenthaltsorten pendeln. Vom Parkplatz ab Am Kanal/Ecke Burgstraße fährt der Bus zum Treffpunkt Freizeit, ab Haltestelle Humboldtring fährt der Shuttlebus zum Bürgerhaus am Schlaatz und ab Friedrich-Engels-Straße Höhe Pflegequartier fährt der Bus zum Freiland.

Mehr als 600 Helferinnen und Helfer, unter anderem von der Stadtverwaltung, der Berufsfeuerwehr, freiwilligen Feuerwehren, der Bundespolizei und der Polizei sind im Einsatz, um den Sperrkreis zu räumen und abzusichern. Informationen rund um die Entschärfung erteilt das Rathaus unter Tel.: (0331) 289 16 77. Nicht gehfähige Personen und Personen, die nicht selbstständig den Sperrkreis verlassen können, melden sich bitte am heutigen Dienstag ab 8 Uhr bei der Feuerwehr unter Tel.: (0331) 370 1216, um einen Transport für Mittwoch zu bestellen.

Einschlägig bekanntes Areal

Bombenfunde, Entschärfungen, Sperrungen und Evakuierungen – Potsdam hat schon eine Menge Routine im Umgang mit den Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg. Die am Montag entdeckte Fliegerbombe ist bereits der 187. Sprengkörper, der seit 1990 im Stadtgebiet unschädlich gemacht werden muss. Nicht immer sind es große Fliegerbomben wie die am Montag gefundene 250 Kilogramm schwere Bombe US-amerikanischer Herkunft, die vor Ort entschärft werden müssen. Wird transportfähige Munition entdeckt, läuft es ohne Störungen für die Öffentlichkeit ab.

Am Mittwoch ist das nicht möglich. Wegen des Fundorts in der Innenstadt sorgt der erneute Bombenfund am Hauptbahnhof für erhebliche Verkehrsprobleme und eine Evakuierung mit Tausenden Betroffenen. Das Areal ist einschlägig bekannt. Nicht umsonst lässt es die Stadt systematisch absuchen. Der erste Abschnitt auf etwa 1,1 Hektar soll im Frühjahr 2018 abgeschlossen werden. Die gesamte Grünfläche soll erst ab Frühjahr 2019 wieder frei zugänglich sein. Bereits während des Baus der Investitionsbank des Landes Brandenburg gleich nebenan waren insgesamt drei große Fliegerbomben gefunden worden. Dabei war das Grundstück vorher sondiert worden. Doch unter der Oberfläche befindet sich eine rund vier Meter dicke Schuttschicht, die die Suche erschwert.

Auf der heutigen Brache zwischen Hauptbahnhof und Neuer Fahrt befand sich einst ein Güterbahnhof. Er war Ziel beim Bombenangriff am 14. April 1945 – der Nacht, in der große Teile der Potsdamer Innenstadt zerstört wurden. Innerhalb von 30 Minuten gingen damals 1750 Tonnen Bomben auf die Stadt nieder. Auf den Luftaufnahmen, die die Alliierten seinerzeit vor und nach der Bombennacht vom Stadtgebiet machten, ist das Ausmaß der Zerstörung gut erkennbar. Die Schwarz-Weiß-Fotos sind auch die Grundlage für die Arbeit der Bombenexperten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes bei der Suche nach möglichen weiteren Blindgängern.

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