zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Bloß nicht wie in Dresden

Die Entwürfe für die Potsdamer Mitte lösen bei manchen Besuchern auch Befürchtungen aus. Heute sind sie letztmals zu sehen

Innenstadt - Ein roter Kasten steht mitten auf dem Alten Markt in Potsdam. Durch die große Fensterfront auf der einen Seite dringt Licht hinaus in das triste Novembergrau. Die Tür klemmt mächtig, aber wer das Kräftemessen mit ihr gewonnen hat und nun das Innere des kleinen quaderförmigen Gebäudes betritt, der sieht Potsdams Zukunft.

Denn hier, in der roten Infobox des Sanierungsträgers Potsdam, werden die Entwürfe für die weitere Neugestaltung der Potsdamer Mitte ausgestellt. Es geht um das künftige Aussehen des sogenannten Blocks III, einem Areal, das sich künftig westlich der Nikolaikirche und südlich der dann verlängerten Schwertfegerstraße erstrecken soll. Noch steht dort das ehemalige Gebäude der Fachhochschule (FH), dessen Abriss bereits begonnen hat.

An diesem Freitagnachmittag herrscht reger Betrieb in der Infobox, deren Ausstellungsfläche im Prinzip wie ein geräumiges Zimmer wirkt. Weder ist es hier überfüllt, noch herrscht gähnende Leere. Die Besucher kommen und gehen, stellen den Mitarbeitern des Sanierungsträgers ihre Fragen. Man kommt ins Gespräch. An mehreren Wänden sind Visualisierungen von Entwürfen zu sehen, in der Mitte steht ein Holzmodell vom gesamten Bereich der südlichen Innenstadt rings um den Alten Markt herum. Allein in den ersten vier Tagen der Infobox seien über 600 Besucher gezählt worden, sagt Anna Winkler, Sprecherin des Sanierungsträgers. Neuere Besucherzahlen habe man noch nicht. Seit dem 15. November steht der rote Kasten auf dem Alten Markt, um die Öffentlichkeit über die Entwürfe zu informieren. Am heutigen Samstag gibt es von 11 bis 17 Uhr letztmalig die Gelegenheit, die Infobox zu besuchen.

Was auffällt an den eingereichten Entwürfen für die Neubebauung, ist die Mischung aus modernen und historisch anmutenden Fassaden. „Ich mag ja gern die Spannung zwischen alt und neu“, sagt Besucherin Irmgard Obermayr, die gemeinsam mit ihrem Mann hierhergekommen ist, um die ausgestellten Entwürfe in Augenschein zu nehmen. Und genau diesen für sie interessanten Mix aus moderner Architektur und historischer Anmutung sehe sie hier in den Entwürfen verwirklicht, meint Obermayr, die in Potsdam auch als Vorsitzende des Vereins Berliner Vorstadt bekannt ist. Ihr Mann Horst Obermayr kommt indes auf ein Stichwort zu sprechen, und da heißt: Dresden. Die dortige, an historische Gebäude anknüpfende Neubebauung um die Frauenkirche herum am Neumarkt habe etwas Puppenstubenhaftes. Die Qualität der präsentierten Entwürfe für die Potsdamer Fassaden, die teilweise ebenfalls mehr oder weniger stark Anleihen an der Vorkriegsbebauung nehmen, schätze er indes als höherwertig ein, sagt Obermayr. Daher sehe er hier nicht die Gefahr, dass sich im Potsdamer Zentrum zweifelhafte Puppenstubenarchitektur etablieren könnte.

Doch etwas anderes treibt Obermayr um. Der Potsdamer zeigt in der Infobox auf eine Planzeichnung, die an der Wand neben der klemmenden Eingangstür hängt. Darauf sind unter anderem schraffierte Flächen zu sehen. Es sind Areale „für mögliche Hinterhofbebauung“, wie in der Legende zum Plan erläutert wird. „Da stellen sich bei mir die Ohren ganz spitz“, sagt Obermayr. Er befürchte, dass die Innenhofflächen in dem neuen Stadtareal übermäßig zugebaut werden könnten. „Allein schon die kleinen Klötzchen, die zeigen ja, dass man da was vorhat“, gibt er mit Blick auf das Holzmodell in der Mitte der Infobox zu bedenken.

Andere Besucher wiederum kritisieren an diesem Freitagnachmittag vermeintliche Kaufhausarchitektur, die sie glauben entdeckt zu haben. Einigen ist manches zu modern. Überwiegend sind die Meinungen der Besucher zu den in der Box ausgestellten Entwürfen jedoch positiv. Das sagt auch Sprecherin Anna Winkler. Dabei bezieht sie sich auf die Zettel, die in der Infobox ausliegen und auf die man eigene Anmerkungen schreiben kann. Besucher können die ausgefüllten Blättchen in einen eigens angebrachten Briefkasten einwerfen. Einen Teil dieser Zettel habe man bereits ausgewertet.

Doch die Meinungen über die geplante Bebauung auf dem einstigen Gelände der FH sind freilich vielfältig. Und wer sich mit dem Abriss des FH-Gebäudes gar nicht anfreunden kann, der wird vielleicht auch eher einen großen Bogen um die Infobox machen. Anderen wiederum geht der Rückgriff auf das Historische nicht weit genug. Besucher Joachim Wiegmann etwa, der extra aus Berlin zum Alten Markt gekommen ist, hält den eingeschlagenen Weg für „eine vertane Chance“. Sein Wunsch: „So weit wie möglich zurück zum Vorkriegszustand.“ Und das sei ja nun einmal mit der modernen Architektur, die es in den Bereichen zwischen den historisch anmutenden Fassaden künftig geben solle, gerade nicht machbar.

Unter die Besucher an diesem Freitagnachmittag mischt sich auch der SPD-Mann Harald Geywitz. „Muss doch mal gucken, was in der Nachbarschaft gebaut wird“, sagt der Potsdamer, der sich in der nur einen Steinwurf entfernten Nikolaikirche ehrenamtlich engagiert. Und auch er bringt – wie schon ein paar Minuten zuvor Horst Obermayr – die sächsische Landeshauptstadt ins Spiel, ohne dass man ihn konkret nach diesem Beispiel fragt. Er hoffe, es werde nicht wie in Dresden, sagt Geywitz und fügt mit Blick auf die Potsdamer Entwürfe hinzu: „Es sieht auf Anhieb vielfältiger aus.“

Wie es nun weitergeht? Am 5. und 7. Dezember tagt die Auswahlkommission. Danach sollen für jedes der neun Baulose höchstens noch drei Entwürfe übrig bleiben. Das Ergebnis will man der Öffentlichkeit am 8. Dezember vorstellen. Wer wo und wie tatsächlich baut, wird voraussichtlich erst endgültig vor der Sommerpause 2018 feststehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false