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Blinder Fleck: Potsdams Tourismus-Statistik hat ein Manko

Wieder ein neuer Tourismus-Rekord in Potsdam. Die Statistik der Stadt hat allerdings ein gewichtiges Manko. Eine Lösung könnte die Auswertung sensibler Daten sein.

Potsdam - Die Landeshauptstadt will mehr über ihre ausländischen Gäste wissen – um so gezielter um sie werben zu können. Dafür habe man gemeinsam mit der Universität Potsdam eine Umfrage erarbeitet, erklärten Stadtmarketingchefin Sigrid Sommer und Raimund Jennert, der Geschäftsführer der mit dem städtischen Tourismusmarketing beauftragten Potsdam Marketing und Service GmbH, am Donnerstag vor Journalisten. 

Bereits zu den Osterfeiertagen habe man rund 150 Touristen befragt, weitere Termine sind an diesem Wochenende zur Schlössernacht sowie im Spätherbst geplant. In dem sechsseitigen Fragebogen werden die Touristen unter anderem nach der Planung und Organisation ihrer Reise, nach besuchten Sehenswürdigkeiten und einer Bewertung befragt. Die Ergebnisse sollen im Winter vorliegen. 

Zu wenig Wissen über die Zielgruppe

Die Steigerung der Besuchs- und Übernachtungszahlen ausländischer Gäste sei ein Schlüsselprojekt der 2017 beschlossenen Tourismuskonzeption der Stadt. „Aber wir wissen noch zu wenig über diese Zielgruppe“, sagt Sigrid Sommer.

Statistisch gesehen ist die Zahl der ausländischen Gäste unter den Touristen in Potsdam nach wie vor überschaubar: Im vergangenen Jahr lag der Anteil bei zehn Prozent, wie Heike Gumz, die im Rathaus den Bereich Statistik leitet, sagte. Wie berichtet hatte Potsdam die Tourismuszahlen für 2018 erneut steigern können: Auf 550.173 Gäste und 1,278 Millionen Übernachtungen kommen die Statistiker. Das sind 8,2 Prozent beziehungsweise 9,1 Prozent mehr als im Jahr davor. Besonders groß war die Zunahme in den Monaten Mai und Juni sowie von Oktober bis Dezember.

Auch Spanier und Schweizer mögen Potsdam

Unter den ausländischen Gästen lagen erstmals die Polen auf Platz zwei: 12.850 Übernachtungen wurden 2018 von Polen gebucht, das sind 83,7 Prozent mehr als im Jahr davor. Das östliche Nachbarland konnte damit Spanien, die Schweiz, Dänemark und Großbritannien überholen und liegt nun kurz hinter Spitzenreiter Niederlande (13.412 Übernachtungen). Man dürfe die Zahlen angesichts des geringen Anteils der ausländischen Gäste aber nicht überbewerten, sagte Jennert. 

Der positive Trend im Potsdamer Tourismus setzt sich indes für dieses Jahr fort: Von Januar bis Mai wurden 214.752 Gäste und 489.950 Übernachtungen gezählt. Das ist ein Plus von 6,7 Prozent bei den Gästen und 9 Prozent bei den Übernachtungen. Die durchschnittliche Bettenauslastung lag bei 51,9 Prozent. Die vergleichsweise niedrige Zahl erkläre sich durch das Kongressgeschäft, bei dem Doppelzimmer für Einzelpersonen gebucht werden, erklärte Sigrid Sommer. Vergleichbare Zahlen für die Auslastung der Zimmer lägen nicht vor. 

Gruppen müssen zwei Jahre im Voraus buchen

Klar ist aber: Gerade in der Hochsaison oder an Wochenenden mit Großveranstaltungen in der Region kann es für Gäste schwer werden, kurzfristig noch ein Zimmer zu erhalten. Größere Gruppen müssten ihren Potsdam-Aufenthalt sogar zwei Jahre im Voraus buchen, sagte Raimund Jennert.

Die städtische Tourismus-Statistik hat allerdings einen gewaltigen blinden Fleck: Denn erfasst werden lediglich die Gäste, die in Potsdam übernachten. Zu den zahlreichen Tagesgästen gibt es nach wie vor keinerlei Datengrundlage, sagte Raimund Jennert. Aufschluss erhofft man sich nun nicht nur durch die eingangs erwähnte Umfrage. Man sei auch mit dem Berliner Tourismusmarketing Visit Berlin im Gespräch: Die Bundeshauptstadt will Mobilfunkdaten auswerten, um Erkenntnisse über Touristenströme zu erhalten. Ein solches Verfahren sei für Potsdam zu teuer, möglicherweise ergäben sich aber andere Ansatzpunkte, sagte Jennert: „Wir brauchen ein Zahlengerüst, damit Steuerung möglich wird.“ 

Es drohe kein Übertourismus

Dabei gehe es auch um die Akzeptanz von Tourismus in Potsdam, machten Sommer und Jennert klar. Noch sehen beide zwar keine Gefahr, dass Tourismus von den Einwohnern abgelehnt werde oder gar ein „Übertourismus“ drohe, wie es Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) geäußert hatte (PNN berichteten). Man müsse die Entwicklung aber im Blick behalten, sagte Jennert und verwies auf das Beispiel Amsterdam, wo das Tourismusmarketing mittlerweile alle Werbemaßnahmen eingestellt habe und nur noch mit Steuerung beschäftigt sei: „Wir müssen sehen, dass wir die Antworten parat haben, bevor sich die Fragen stellen.“

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