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Bewerbung um SPD-Doppelspitze: Klara Geywitz hat das Potsdamer Polit-Gen

Klara Geywitz (SPD) ist nicht die erste Politikerin aus der Landeshauptstadt, die es nach Berlin zieht. Die Potsdamerin punktet mit klaren Worten. 

Potsdam - Von Potsdam in die große Politik: Nach der Grünen-Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock und FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg schickt sich nun eine weitere Potsdamerin an, in der Bundespolitik mitzumischen. Die Landtagsabgeordnete Klara Geywitz bewirbt sich gemeinsam mit dem Neu-Potsdamer Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz für den Bundesvorsitz der SPD.
Der frühere Erste Bürgermeister von Hamburg wohnt gemeinsam mit seiner Frau, Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), in der Berliner Vorstadt. Dass Scholz, der seine Kandidatur vergangene Woche öffentlich machte, und Geywitz gemeinsam in die Bütt steigen wollen, ließ sich schon vor ein paar Tagen erahnen: Am Montag verschickte Geywitz eine Einladung für eine gemeinsame Diskussionsveranstaltung mit Scholz am heutigen Mittwochabend in der Villa Bergmann. Es soll darum gehen, welche Weichen mit dem neuen Bundeshaushalt gestellt werden müssen und können. Der frühere Brandenburger SPD-Wirtschaftsminister Albrecht Gerber moderiert. 

Geywitz ist gerade und klar heraus

Ihr politisches Handwerk hat die frühere Stadtverordnete Geywitz in ihrer Geburtsstadt Potsdam gelernt. Etwas spröde, unnahbar – so wirkt sie auf manche, die sie nicht näher kennen. Doch der Eindruck täuscht. Die 43-jährige Potsdamer Landtagsabgeordnete ist nur eine, die sich nicht anbiedert. Sie ist gerade heraus, klar, besitzt einen feinen, manchmal schwarzen Humor. Sie gibt gerne ironische Antworten wie diese: „Es dürfte in Brandenburg ungefähr so viele Burka-Trägerinnen geben wie illegal eingewanderte Elche aus Polen“, sagte sie 2016 in einer Debatte über ein Burka-Verbot. Aber Geywitz, bereits Beisitzerin in der Bundes-SPD, bringt weitere Eigenschaften mit, die vielen in ihrer Partei abhanden gekommen zu sein scheinen. Sie denkt strategisch, paart einen scharfen Verstand mit Gespür für die Menschen, gerade im Osten. Und das, obwohl sie wie viele Politiker ihrer Generation quasi direkt vom Politikstudium an der Uni Potsdam in die Parteiarbeit gegangen ist, keinen „anständigen Beruf“ gelernt hat, wie es mancher Märker von Politikern verlangt. 

Es hat auch mal gekracht

1994, ein Jahr vor ihrem Abitur, tritt sie in die SPD ein, schafft es in der von männlichen Machtklüngeln dominierten Brandenburger SPD nach vorne. Von 2013 bis 2017 ist sie Generalsekretärin der märkischen SPD – die erste Frau in diesem Amt. Dann tritt sie in der Auseinandersetzung mit Ministerpräsident Dietmar Woidke um die von ihm kurzfristig abgesagte Kreisgebietsreform zurück. 

Bei ihrer Verabschiedung beim Parteitag im November 2017 – mit tosendem Applaus – gibt es eine Szene, die rückblickend als Vorbote für die jetzige Kandidatur gelesen werden kann. Geywitz macht in ihrer Rede klar, dass man mit ihr weiter rechnen kann, rechnen muss. Sie weist darauf hin, wo die SPD neue Antworten suchen muss. „Das eine ist die Art und Weise, wie wir Energie produzieren. Das andere ist die Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren“, sagt sie. In den ländlichen Regionen habe man da ein realistisches Bild, in bevölkerungsstarken Raum um Berlin gebe es viele kritische Verbraucher, die auch Wähler seien. Den Ausgleich zu schaffen, werde eine „große Herausforderung für die SPD“, mahnt Geywitz damals.

Souveräne Führung des Innenausschusses

Politisch groß geworden ist die gebürtige Potsdamerin noch unter Matthias Platzeck. Von 2008 bis 2013 war sie seine Stellvertreterin in der Brandenburger SPD. Bereits seit 2004 sitzt die Mutter dreier Kinder – Zwillingsjungs und eine Tochter – im Landtag. Zunächst war Bildungspolitik ihr Gebiet, in der vergangenen Legislatur war sie Vorsitzende des wichtigen Innenausschusses. Sie führte diesen – wie Abgeordnete anderer Parteien und Experten etwa aus der Polizei sagen – souverän. Gemeinsam mit den Grünen setzte sie im Januar das Paritégesetz durch, das gleich viele Frauen und Männer ins Parlament bringen soll. Dreimal hintereinander wurde sie direkt in den Landtag gewählt. Am 1. September muss sie nun erstmals bangen, das Direktmandat in einem bisher roten Wahlkreis 21 in der Innenstadt an die Grünen zu verlieren. 

Manchmal sind die Dinge auch schlicht "schnurz"

Vielleicht setzt sie auch deshalb auf Öko-Wahlkampf, verteilt statt Luftballons Windmühlen aus Papier. Auch Gummibärchen in kleinen Plastiktütchen gibt es bei ihr nicht mehr, sie reicht die Süßigkeiten mit einer Zange aus dem Glas. Auch wenn so keine SPD-Werbung mehr draufpasst? Die Geywitz-typische, trockene Antwort: „Das ist den Kindern – glaube ich – schnurz!“
Ihr Abitur machte Geywitz an der Potsdamer Sportschule, lernte dort, sich selbst zu motivieren. „Wenn es mir heute manchmal etwas zu viel wird, denke ich oft an meine damaligen Mitschüler, die morgens, mittags und abends ihre Bahnen zogen mit der vagen Aussicht auf olympische Weihen“, schreibt sie auf ihrer Homepage. Ihre eigenen Aussichten sind gar nicht schlecht.

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