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Bewährungsurteil für 21-Jährigen: Letzte Chance für einen obdachlosen Potsdamer

Die Ausgangslage ist klar: Sollte ein junger Potsdamer in den nächsten Monaten etwas anstellen, dann muss er ins Gefängnis. Er hat zu viel auf dem Kerbholz - aber eine letzte Chance erhalten.

Potsdam - Diebstähle und Körperverletzungen: Der 21 Jahre alte Potsdamer Andy F. (*Name geändert) ist am Amtsgericht kein Unbekannter. Am Mittwochmorgen hatte der junge Mann seinen nächsten Termin im Justizzentrum in der Hegelallee, musste sich dort unter anderem wegen eines vor zwei Jahren verübten Tankstellenüberfalls verantworten.

Dabei kam F. gerade noch einmal um eine zweijährige Haftstrafe in der eigens für junge Erwachsene konzipierten Justizvollzugsanstalt Wriezen (Märkisch-Oderland) herum – aber nur, wenn er sich im kommenden halben Jahr nichts mehr zu schulden kommen lässt, er 200 Sozialstunden absolviert und er erkennbar nach einem Job oder einer Ausbildung sucht, wie Richterin Christine Rühl bei ihrer Urteilsbegründung deutlich machte.

Im kommenden Juni wird sie dann entschieden, ob F. in das Jugendgefängnis muss oder zu Bewährung noch auf freiem Fuß bleibt. Diese sogenannte Vorbewährung ist nur im Jugendstrafrecht möglich, dass bekanntlich den Erziehungsgedanken in den Mittelpunkt der Überlegungen stellt. Insofern betonte Rühl gleich mehrfach: „Sie müssen die Kurve kriegen.“ Die gewährte Bewährung sei die „letzte Chance“ für ihn.

Entschuldigung beim Opfer

Angeklagt war F. wegen mehrerer Delikte – so hatte er im November vor einem Jahr mit einem Kumpel in Teltow ein Frisörgeschäft aufgebrochen und dort 30 Euro Bargeld erbeutet, aber auch einen Gesamtschaden von 5000 Euro verursacht. Ebenso musste er sich wegen eines Faustschlags in das Gesicht eines Nebenbuhlers verantworten. Und im November 2016 hatte F. mit einem bereits verurteilten Haupttäter die Jet-Tankstelle an der Nedlitzer Straße überfallen, wo sein Komplize die Kassiererin mit einer Softair-Pistole bedrohte und sie 470 Euro erbeuten konnten. Bei der Frau entschuldigte sich F. in der Verhandlung ausdrücklich – und versuchte auch sonst einen guten Eindruck zu machen. Gleichwohl habe er immer noch ein Alkohol- und Drogenproblem und könne auch viele Termine nicht einhalten, „weil ich zu faul bin“. Ausbildungen als Schreiner und als Maler hatte F., der einen Hauptschulabschluss besitzt, schon abgebrochen. Derzeit lebt er im Potsdamer Obdachlosenheim der Arbeiterwohlfahrt, wo das Wohnprojekt „Junge Wilde“ gerade jungen Erwachsenen mit erheblichen Schwierigkeiten helfen soll. Das hofft auch seine Bewährungshelferin. „Er könnte eigentlich viel aus sich machen“, sagte sie im Gericht. Diese Hoffnung hat auch Richterin Rühl – die ohnehin sagte: „Mir tut es um jeden leid, der in den Knast gehen muss.“

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