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Der Kläger schrammte knapp an einer Gefängnisstrafe vorbei.

© Manfred Thomas

Bewährungsstrafen für Vater und Sohn: Familie rächte Trennung von Tochter

Weil Fatih Y. sich von seiner Freundin trennte, wurde er zusammengeschlagen. Außerdem sollte er ein Schmerzensgeld zahlen. Dienstag standen die Täter vor Gericht.

Potsdam - Es ist Mitternacht in einem Hausflur im Potsdamer Zentrum. Ein türkisches Elternpaar und sein Sohn lauern einem ebenfalls türkischen Mann auf, sie sind eigens aus dem westfälischen Bielefeld angereist. Der Mann war vier Monate mit ihrer Tochter zusammen und hat sie kurz zuvor verlassen. Die Tochter wohnt in dem Haus, sie hat ihren Ex-Freund dorthin gelockt. Der Sohn schlägt dem Mann so hart ins Gesicht, dass der mit einem Nasenbeinbruch blutüberströmt zusammensinkt und operiert werden muss. Er droht ihm mit dem Tod, falls sein Opfer nicht binnen vier Wochen 20.000 Euro zahle – als Schmerzensgeld sozusagen.

Die Bluttat vom 7. Oktober 2018 und der Erpressungsversuch wurden am Dienstag vor dem Potsdamer Amtsgericht im Wesentlichen zweifelsfrei aufgeklärt. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Doris Grützmann verurteilte den 27 Jahre alten Bielefelder Ahmed M. wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. 

Ahmed M. gestand die Tat

Zudem muss M., der von Hartz IV lebt, seinem Opfer, dem 34 Jahre alten Fatih Y., 1000 Euro Schmerzensgeld in monatlichen Raten von 100 Euro zahlen. Das Gericht verurteilte seinen 48 Jahre alten, ebenfalls in Bielefeld lebenden Vater Demir M. zudem zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, sie wurde auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Er kam vergleichsweise glimpflich davon, weil er keine Vorstrafen hat und ankündigte, seinem Sohn bei der Begleichung der Schmerzensgeldraten behilflich zu sein. Seine von ihm geschiedene Frau, die das Tatgeschehen im Flur beobachtete, blieb straffrei. Das Strafverfahren gegen seine in Potsdam ansässige Tochter Merve war zuvor abgetrennt worden. 

Ahmed M. hatte sich während einer Sitzungspause nach einem längeren Gespräch mit seinem Verteidiger Bülent Sahin offenbar dazu durchgerungen, die Tat zu gestehen. Er gab zu, Fatih Y. geschlagen zu haben. Wer sich weitere Tritte und Schläge zu Schulden kommen ließ, von denen Y. berichtete, blieb ungeklärt. 

Ahmed M. mit langer Vorstrafenliste

Nur um ein Haar kam Ahmed M. um eine Gefängnisstrafe herum. Denn die Liste seiner Vorstrafen, unter anderem mehreren Verurteilungen wegen Betäubungsmitteldelikten, aber auch wegen Einbruchdiebstahl, unerlaubtem Waffenbesitz, Sachbeschädigung und Körperverletzung, war so umfangreich, dass Richterin Grützmann nur „unter erheblichen Bauchschmerzen“ eine Bewährungsstrafe verhängte. 

Viel sprach dennoch für ihn: Ahmed M. habe gestanden, habe sich bei dem Opfer glaubwürdig entschuldigt, kümmere sich um seine junge Tochter und wolle eine Ausbildung bei der Feuerwehr beginnen. Er habe, so Grützmann, „eine positive Legalprognose“. Ahmed M. bestritt nicht, die Zahlung von 20.000 Euro gefordert zu haben, er habe dies aber nicht ernstgemeint. Richterin Grützmann glaubte ihm nicht: „Das Opfer hat das ernstgenommen.“

Carsten Holm

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